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Warum das nervöse Marktumfeld im Juli und August 2014 Anleger zu falschen Schlüssen verleitet

Nur 6 % der Bundesbürger haben noch direkt am Aktienmarkt investiert. Der großen Mehrheit schienen also Turbulenzen im Sommer 2014 recht zu geben, als beispielsweise der deutsche Leitindex DAX innerhalb von wenigen Tagen um mehr als 10 % korrigierte. Viele Analysten wechselten dort sehr schnell den Blickwinkel und reduzierten ihre Kursziele für den größten deutschen Börsenindex von 11.000 oder 12.000 Punkten auf dann 8.500 bis hinab zu 7.000 Punkten. Dies bestätigte eine Entwicklung, die wir als unabhängiger Vermögensverwalter schon seit einiger Zeit wahrnehmen und in der nur noch Extrempositionen an den Kapitalmärkten Raum finden. Verfolgt man die mediale Berichterstattung – selbst in einigen Fachpublikationen – steht man entweder kurz vor einem Aktienboom oder einem Börsencrash.

Eine konstante Entwicklung, wie man sie über viele Jahrzehnte an den Kapitalmärkten erlebt hat, scheint es seit der Internetblase um die Jahrtausendwende nicht mehr zu geben. So ist beispielsweise der Vorstandsvorsitzende eines stark wachsenden US-Technologieunternehmens, das allerdings noch nie Gewinne gemacht hat, sicher, dass Wachstum vor Rentabilität gehen muss. Seine dahinter liegende Logik klingt einleuchtend, da mit einem dynamischen Wachstum auch die Verdrängung von Wettbewerbern einher geht. Dies mag in manchen Nischen aufgehen. Vielmehr ist es allerdings wichtig, zu zeigen, dass ein Geschäftsmodell funktioniert, wofür ein wesentlicher Indikator die Erzielung eines unternehmerischen Gewinns ist.

Tatsächlich hat allerdings die Börse in den letzten 20 Jahren sehr viel von ihrer klassischen Funktion verloren, indem sie zur Kapitalbeschaffung für Unternehmen nur noch eingeschränkt geeignet ist. Außer den großen Kapitalsammelgesellschaften, die aber auch im angelsächsischen Bereich zunehmend sprunghafter werden, gibt es weltweit kaum noch langfristig orientierte Anleger. Dies macht es selbst solchen Investmentlegenden wie Warren Buffett, der einen streng value-getriebenen Ansatz verfolgt, schwierig, nachhaltige Gewinne zu erzielen. Kursausschläge werden gerade auf Ebene von Einzelwerten immer stärker und selbst fundamental extrem gut aufgestellte Unternehmen werden häufig von kurzfristig orientierten Anlegern abgestraft. Über den Sommer 2014 war das bei vielen Werten zu erkennen.

Exemplarisch greifen wir hier den im deutschen MDAX notierten Stahlhandelskonzern Klöckner & Co hervor, der nicht nur seine Ziele für das Gesamtjahr 2014 bekräftigt hat, sondern auch durch ein Kostensenkungsprogramm auf mehrere Jahre wirkende Synergien erreichen konnte. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird das ohnehin schon stark kapitalisierte Unternehmen allein in diesem Jahr einen operativen Gewinn erzielen, der 20 % der Marktkapitalisierung entspricht. Mit diesem Kapitalbasis ist es zunehmend wahrscheinlich, dass das Unternehmen entweder zu einem Übernahmekandidaten wird, man ein Aktienrückkaufprogramm auflegt oder eine Sonderausschüttung an die Aktionäre vornimmt. Bei einem solchen Vorgehen kann man selbstverständlich kritisieren, dass das Unternehmen keine strategische Idee für die operative Gewinnverwendung hat. Wir halten dies aber für zu kurz gesprungen, weil Klöckner & Co nach Umsetzung der Sparmaßnahmen und Konzentration auf die Kernkompetenzen ein extrem gut aufgestellter Konzern ist, der eben nicht den Fehler anderer Unternehmen macht, ein – häufig kreditfinanziertes – Wachstum um jeden Preis in Geschäftsfeldern, in denen man sich nicht auskennt, anzustreben.

Ein anderes Beispiel für eine solche Entwicklung ist die Aktie der Deutschen Lufthansa, die als Paradebeispiel gelten kann, wie stark der Einfluss kurzfristiger Investoren auf einen für Deutschland bedeutenden Konzern ist. Aufgrund der zum Jahresanfang 2014 extrem positiven Stimmung zur wirtschaftlichen Entwicklung, die wir damals nur eingeschränkt teilten, wie unter anderem auch unser DVAM-Finanzmarktausblick 2014 zeigt, in dem beispielsweise die Schwankungsbreite des DAX zwischen 8.700 Punkten und 10.400 Punkten von uns prognostiziert wurde, stieg die Aktie deutlich. Zudem rechnete man mit einigen positiven Effekten aus buchhalterischen Maßnahmen, die wir schon aus Gesichtspunkten des Unternehmens als kritisch einstuften. In diesem sehr stark technisch getriebenen Umfeld, welches die Aktie nah an ihr fundamental gerechtfertigtes Niveau von 19 EUR heran führte, kam es zu einer Gewinnwarnung durch den neuen Vorstandsvorsitzenden, die als extrem unglücklich wahrgenommen wurde. Man hatte hier keine vier Wochen vorher noch die Bekräftigung der Ergebnisziele gehört, die dann – ohne wirkliche Änderung der Rahmenbedingungen – keine Gültigkeit mehr hatten. Auf dieser Basis wurde dann die Aktie der Deutsche Lufthansa sozusagen in einer ersten Welle abgestraft, die dann mit der Zuspitzung des Konflikts in und um die Ukraine noch weiter an Bedeutung gewann. Die beispielsweise beschlossene strategische Neuausrichtung, der sehr schnell wieder steigende Außenhandel und vor allen Dingen die Kostenvorteile durch einen niedrigeren Ölpreis und einen zum US-Dollar preiswerteren Euro fielen dort nicht ins Gewicht. Dabei ist die Gesamtsituation weiterhin als positiv einzustufen.

Viele Anleger, die aber in den Aktienmärkten investiert haben, nahmen den deutlichen Wertverlust von rund 25 % bei einem der größten deutschen Konzerne zum Anlass, sich in ihrer kritischen Haltung zu Aktienwerten bestätigt zu sehen. Nach wie vor sollten natürlich – gerade bei konservativen Anlegern – Zinspapiere die Grundlage einer Anlagestrategie sein. Dies sind aber gerade nicht Anlagen bei Kreditinstituten, da es dem Finanzsektor insbesondere Europa tatsächlich nicht nachhaltig besser geht. Man sollte hier vielmehr auf erstklassige Unternehmensanleihen setzen. Ein weiterer Bestandteil sind auch Aktien von erstklassigen Unternehmen, die sich allerdings in einem anderen Punkt wesentlich von den bei deutschen Anlegern sehr beliebten Immobilienanfragen unterscheiden. Während man bei Aktien einen sekündlichen Marktpreis feststellt, steht der ursprüngliche Kaufpreis sozusagen dauerhaft als Wert der Immobilie fest.

Wie falsch diese Einschätzung sein kann, zeigt sich dann häufig erst in der Verkaufssituation. So gibt es seriöse Studien, dass man in einem optimalen Verlauf bei klassischen Anlageimmobilien unter Berücksichtigung aller Kosten lediglich eine Rendite von 1,5 % p. a. erzielt. Im Vergleich zu Bundesanleihen, die in diesem Jahr bei zehnjähriger Laufzeit teilweise unter 1 % p. a. rentierten, erscheint eine solche Immobilienrendite verlockend. Man darf allerdings nicht vergessen, dass bei solchen Anlagen der Anlagehorizont nochmals wesentlich größer sein muss und der damit verbundene Aufwand höher ist. Als Anleger sollte man sich daher davor schützen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen sondern vielmehr tatsächlich die Anlageformen miteinander zu vergleichen. Fremdgenutzte Immobilien sind damit Anlagen, die der Aktienanlage wesentlich näher sind als Anleger dies häufig wahrnehmen, weil der Beobachtungsaufwand und die Risiken durchaus vergleichbar sind. Anders als bei Aktien, gibt es hier aber kaum externes professionelles Management, sofern man nicht sehr große Volumina in Immobilien investiert.

Fraglos ist die eigengenutzte Immobilie eine sinnvolle Beimischung in der Vermögensallokation. Ähnliches gilt auch für Immobilienanlagen, die aber das liquide und disponible Vermögen nicht überschreiten sollten, damit Anleger auf eventuelle Risiken in dieser Anlageform reagieren können. Ein wesentlicher Vorteil, den das aktuelle Marktumfeld bietet, ist das niedrige Finanzierungsniveau. Viele Kreditnehmer haben die Möglichkeit, hier durch fehlerhafte Widerrufsbelehrungen von Kreditinstituten ohne weitere Kosten aus teuren Finanzierungen „auszusteigen“ und sich so langfristig das niedrige Zinsniveau zu sichern. Hier sollte man als Kreditnehmer aber die Angebote der Banken und Sparkassen sehr sorgfältig prüfen, weil in den letzten Monaten ein deutlich verstärkter Trend festzustellen ist, auch bei erstklassigen Bonitäten die Marge auszuweiten. Damit profitieren Kreditnehmer weit weniger von dem extrem stark gesunkenen Zinsniveau, als dies möglich wäre. Auch hier steht die DVAM durch ihr unabhängiges Research, dass sie vor allem für Vermögensverwaltungsmandate nutzt, mit unterstützender Expertise zur Verfügung. Immer wieder werden solche Themen in dem wöchentlich erscheinenden DVAM-Finanzmarkt-Newsletter aufgegriffen, der kostenlos und unverbindlich unter der Mailadresse [email protected] bestellt werden kann.

Schön M. Turbulenzen an den Aktienmärkten – Klassische Sachwerte doch die bessere Alternative? Passion Chirurgie. 2014 Oktober; 4(10): Artikel 06_02.


 

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Markus Schön

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