14.12.2018 Politik
TSVG: Gesetzgeber konterkariert seine eigenen guten Ansätze

„In Politik und Medizin gilt gleichermaßen: Nur wenn die Diagnose stimmt, kann die Therapie anschlagen. Leider ist beim geplanten Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) schon die Grundannahme falsch, dass vermeintliche Versorgungsengpässe von unzureichenden Sprechstundenzeiten herrühren. Richtig ist: Ärztinnen und Ärzte arbeiten schon jetzt am Limit und oftmals auch darüber hinaus. Wer spürbare Verbesserungen für die Patienten will, muss genau hier ansetzen und für Entlastung sorgen.“ Das sagte Bundesärztekammer-Präsident Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery zur heutigen ersten Lesung des TSVG im Deutschen Bundestag. Notwendig seien mehr Medizinstudienplätze, attraktive Arbeitsbedingungen und nicht zuletzt wirksame Maßnahmen gegen Kommerzialisierung und Konzernbildung im deutschen Gesundheitswesen. Darauf sollte der Gesetzgeber abzielen, statt die Arbeit von Ärzten und Selbstverwaltung mit Reglementierung und Kontrollbürokratie weiter zu belasten.
Mit Blick auf die geplanten offenen Sprechstunden und die Ausweitung der Mindestsprechstundenzeiten warnte Montgomery: „Viele gute Ansätze in dem Gesetzentwurf werden teilweise durch massive Eingriffe in die Praxisabläufe und in die Arbeit der Selbstverwaltung konterkariert. Statt junge Ärztinnen und Ärzte mit starren staatlichen Vorgaben für ihre Berufsausübung zu vergraulen, brauchen wir flexible Lösungen, die sich sowohl an den Bedürfnissen der Patienten, als auch an denen der jungen Ärztegeneration orientieren.“ Solche praxisnahen Regelungen könnten nur von der Selbstverwaltung kommen. Dafür müsse ihr die Politik aber auch die notwendige Gestaltungsfreiheit geben.
Positiv hob Montgomery hervor, dass mit dem TSVG zusätzliche Leistungen auch zusätzlich vergütet werden sollen. „Damit nähern wir uns der Entbudgetierung zumindest etwas an.“ Richtig sei auch, dass der Gesetzgeber erste Weichenstellungen für ein sektorenübergreifendes Konzept der Notfall- und Akutversorgung vornimmt. Darauf könne und müsse man aufbauen.
Zumindest punktuell gehe die Koalition auch das Problem der zunehmenden Konzernbildung im Gesundheitswesen an. Hintergrund ist, dass Medizinische Versorgungszentren (MVZ) neben Pflegeeinrichtungen mehr und mehr zu beliebten Spekulationsobjekten für teilweise völlig fachfremde Finanzinvestoren werden. Die Bundesärztekammer unterstützt Forderungen der Bundesländer, die Vorgaben im TSVG zu verschärfen und hat dies in einem gemeinsamen Schreiben mit weiteren ärztlichen und zahnärztlichen Spitzenorganisationen an das Bundesgesundheitsministerium bekräftigt. Die Ärzteschaft spricht sich dafür aus, die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern für MVZ auf medizinisch-fachliche und räumliche Bezüge einzugrenzen. Es gehe darum, Monopole zu verhindern und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, sagte Montgomery.
Quelle: Bundesärztekammer, Arbeitsgemeinschaft der deutschen Ärztekammern, Herbert-Lewin-Platz 1, 10623 Berlin, http://www.bundesaerztekammer.de, 13.12.2018
Weitere aktuelle Artikel
01.08.2024 Aus- & Weiterbildung
Surgeon Talk Podcast zur chirurgischen Weiterbildung
Junge, warum hast du nichts gelernt? Die neue Krankenhausreform, das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) soll die Krankenhausversorgung in Deutschland verbessern. Ärztliche Weiterbildung jedoch, wird hierin noch klein – beziehungsweise selten – geschrieben. Doch worum geht es hier genau? Und welche Konsequenzen hat die Krankenhausreform für die ärztliche Weiterbildung?
01.08.2024 Aus- & Weiterbildung
Fachärztliche Weiterbildung Chirurgie unter den Vorzeichen der neuen Weiterbildungsrichtlinie und der Gesundheitsreformgesetzgebungen
Die neue Weiterbildung 2018, aktualisiert am 29.06.2023 [1], und die geplante Gesundheitsreform, vor allem der Referentenentwurf für das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG), der am 16.03.2024 zur Ressortabstimmung eingebracht wurde [2], werden zu erheblichen Veränderungen für die chirurgische fachärztliche Weiterbildung führen.
01.08.2024 BDC|News
Festrede vom Parlamentarischen Abend in Berlin
Zuerst einmal einen herzlichen Dank an den Hartmannbund und die weiteren Mitorganisationen, die uns zu diesem besonderen parlamentarischen Abend Jahr für Jahr einladen. Genauso schwierig wie eine Vorhersage des Wetters in diesem Sommer, also „rain or shine“, ist die Frage nach weiteren Gesetzesvorlagen im Gesundheitswesen durch den im Dezember 2021 noch als „Minister der Herzen“ bezeichneten Prof. Karl Lauterbach.
01.08.2024 Politik
Gesundheitsminister Lauterbach und die GOÄ-Novelle
Den neuesten Versuch, die Novelle der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) voranzubringen, startete am 128. Deutschen Ärztetag BÄK-Präsident Klaus Reinhardt. In seiner Eröffnungsrede im Mai in Mainz appellierte er erneut an Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach, die GOÄ endlich anzugehen: „Geben Sie heute, hier und jetzt, das Startsignal für die Novelle der GOÄ, dann sind wir an Ihrer Seite“, so Reinhardt.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.