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Am 25. Mai ist die neue Medizinprodukte-Verordnung der EU in Kraft getreten. In drei Jahren muss die sogenannte Medical Device Regulation (MDR) verpflichtend umgesetzt werden. Strengere Vorschriften sollen mehr Sicherheit für die Patienten bringen. Für die Hersteller von Medizinprodukten bringt die Verordnung zahlreiche Veränderungen mit sich. Die AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) e. V. ist an dem „Nationalen Arbeitskreis zur Implementierung“ (NAKI) beteiligt, den das Bundesgesundheitsministerium (BMG) ins Leben gerufen hat, um ein Konzept für die Übergangszeit und für die Umsetzung der Verordnung zu erarbeiten. Aktuelles Ziel von AWMF und BMG ist unter anderem die Festlegung von Bewertungskriterien auch für „alte Medizinprodukte“.

Rund 500 Seiten umfasst die neue EU-Verordnung für Medizinprodukte: Sie wird die aktuelle, bis Mai 2020 gültige Richtlinie ablösen. Die Verordnung bringt umfassende Veränderungen für die Hersteller von Medizinprodukten mit sich: Ein neues Klassifizierungssystem, höhere Anforderungen bei der Erstellung von klinischen Daten und verschärfte Anforderungen bei der Zertifizierung von Produkten sind nur einige der neuen Regelungen. „Die EU-Kommission verspricht sich davon mehr Sicherheit für die Patienten. Für die betroffenen Hersteller und die zuständigen Stellen ist die Umsetzung der neuen Verordnung eine große Herausforderung“, sagt Professor Dr. med. Ernst Klar, Direktor der Abteilung Allgemeine, Thorax-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, Universitätsmedizin Rostock. „Deshalb ist es wichtig, schon in der Übergangszeit Maßnahmen zu definieren, wie die neuen Regelungen umgesetzt werden können“, so Klar, Vorsitzender der AWMF-Sektion „Bewertung von Medizinprodukten“, die seit 2016 aktiv ist. Zusammen mit Vertretern der verschiedenen Fachgesellschaften erarbeitet sie Konzepte zur Umsetzung der neuen Verordnung.

Im Februar 2017 hat das BMG den „Nationalen Arbeitskreis zur Implementierung der MDR und IVDR1“ – kurz NAKI – gegründet. Die AWMF ist beim NAKI beteiligt, die Vertreter analysieren nun die Anforderungen der neuen Verordnung, klären die Übergangsregelungen und erarbeiten Lösungen zur Umsetzung.

Eine grundlegende Veränderung der EU-Verordnung ist das neue Konsultationsverfahren für Hochrisiko-Produkte wie Herzklappen, Hüftprothesen und Brustimplantate: Zukünftig soll ein Expertengremium bei der Zertifizierung dieser Produkte miteinbezogen werden und die Hersteller bei der Planungs- und Entwicklungsphase unterstützen. Zusätzlich werden diese Experten bei besonderer klinischer Prüfung neuer Medizinprodukte („Scrutiny Process“) von den benannten Stellen (TÜV, DEKRA etc.) hinzugezogen. Die Zusammensetzung der Gremien wird von der EU-Kommission bestimmt, das Ministerium hat auf die Wahl der Experten nur indirekten Einfluss. Deshalb schlägt das BMG zusätzlich ein Netzwerk nationaler Experten vor, die Behörden bei der Bewertung von Medizinprodukten beraten. Die Experten werden auch von der AWMF empfohlen und sind bereits an das BMG gemeldet.

Außerdem müssen Produkte, die bereits auf dem Markt sind, innerhalb der nächsten drei Jahre rezertifiziert werden. Derzeit ist die Infrastruktur bei den zuständigen Stellen unzureichend und die Datenlage für eine Rezertifizierung nicht eindeutig geklärt. Wichtig wäre in diesem Zusammenhang die Einführung von Registern. „Um die systematische Überprüfung von Implantaten zu ermöglichen, sind Implantatregister notwendig“, so Professor Dr. med. Rolf Kreienberg, Präsident der AWMF. „Die Beteiligung an diesen Registern müsste verpflichtend werden“, fordert er. Auch die Einrichtung unabhängiger sach- und fachkundiger Untersuchungsstellen für Implantate hält die AWMF-Sektion für wichtig.

Hierzu ist auch eine enge Vernetzung mit anderen Akteuren notwendig. Die AWMF schlägt eine Registerstelle für ein „Deutsches Implantatregister“ vor und fordert, Daten des Instituts für Qualität und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTIG) zu integrieren sowie Synergien mit dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu nutzen. Diese übergreifenden Register müssten dann mit spezifischen Registern der medizinischen Fachgesellschaften vernetzt werden. „Die Implementierung der neuen EU-Verordnung ist komplex – eine gemeinsame Datenbasis und ein stetiger Informationsfluss ist eine wichtige Voraussetzung für eine reibungslose Umsetzung“, bilanziert Klar.

EU-Verordnung

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V., Birkenstr. 67, 10559 Berlin, www.awmf.org, 20.12.2017

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