14.04.2020 Politik
KBV: Scharfe Kritik an Zwangsverpflichtung von Vertragsärzten
Der Vorstand der KBV hat sich entschieden gegen eine Zwangsverpflichtung von Ärzten bei der Bekämpfung des Coronavirus ausgesprochen. Dies sei der völlig falsche Weg. Es gebe genügend Beispiele, wie auf Basis einer vertrauensvollen Zusammenarbeit aller Beteiligten gemeinsam an einem Strang gezogen und die Versorgung vernünftig organisiert werde, betonte KBV-Chef Dr. Andreas Gassen.
Die Stadt Würzburg hat jetzt per Schreiben Vertragsärzte Pflegeeinrichtungen „zugeteilt“, um dort die hausärztliche Versorgung zu sichern. Die Möglichkeit der zwangsweisen Dienstverpflichtung sieht das bayrische Katastrophenschutzgesetz vor.
Rechtsgrundlage ist fraglich
Gassen bezweifelte, ob die zugrundeliegende Rechtsgrundlage wirklich hieb- und stichfest sei. „Nicht ohne Grund hat Nordrhein-Westfalen diese Zwangsverpflichtung aus seinem Epidemie-Gesetz gestrichen“, erklärte er. Zudem zeige das Vorgehen in anderen Bundesländern, wie es richtig funktionieren könne. In Heinsberg beispielsweise hätten Landrat, Kassenärztliche Vereinigung (KV) und allen anderen Beteiligten erfolgreich zusammengearbeitet.
Ohne Schutzmaterial „abkommandiert“
Als „zynisch“ empfand es Gassen, dass es in dem Schreiben heißt, Schutzmaterial sei „zielgerichtet und ressourcenschonend“ einzusetzen. „Ich gehe davon aus, dass die Stadt Würzburg über ausreichend Schutzmaterial verfügt, um die niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen entsprechend auszustatten.
Es darf nicht sein, dass Ärzte quasi auf eigenes Risiko ohne ausreichenden Schutz „abkommandiert“ werden. „Nicht Landräte oder Behörden definieren, welcher Schutz notwendig ist, sondern hier gibt es klare Vorgaben des Arbeitsschutzes“, erklärte der KBV-Chef.
Ärzte müssen ihre Patienten in Stich lassen
Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, fragte: „Was geschieht mit den Patienten der hausärztlichen Kolleginnen und Kollegen und was mit den Kolleginnen und Kollegen selbst? Die Stadt Würzburg habe einen Arzt zu einer Sieben-Tage-Woche mit fünf Tagen zu je 14 Stunden und zwei Tagen zu je elf Stunden verpflichtet! Offenbar gilt hier nicht einmal mehr ein Mindestmaß an Arbeitsschutz und Arbeitsrecht!“
Hofmeister: Hat ein Freistaat ein solches Vorgehen nötig?
Eine Behörde zwinge Ärzte dazu, mehr oder minder ihre Patienten im Stich zu lassen, um sich ab sofort in einem Pflegeheim um Menschen zu kümmern, die sie nicht kennen und die umgekehrt wiederum auch nicht die Ärzte kennen. „Das kann insbesondere bei der Behandlung chronisch kranker Patienten gefährlich sein“, warnte Hofmeister und fügte hinzu: „Bayern hebt stets seine Rolle als Freistaat vor. Hat ein Freistaat ein solches Vorgehen nötig?“.
Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung, Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin, www.kbv.de, Praxisnachrichten 09.04.2020
Weitere Artikel zum Thema
01.09.2015 Panorama
Operationsprämien für Berliner Ärzte – Ein Beispiel aus der Tagespresse
Im Rahmen des Bundeskongresses Chirurgie 2015 in Nürnberg wurde der Journalistenpreis des BDC an Lars Petersen verliehen. Der Preisträger wurde damit für seinen Artikel „Operationsprämien für Berliner Ärzte“ in der Berliner Tageszeitung (BZ) vom 30.11.2014 ausgezeichnet.
01.09.2015 Politik
Operationszahlen in Deutschland: Meinungen aus dem Bundestag
Karin Maag, Bundestagsabgeordnete, Ausschuss für Gesundheit In meiner Heimatstadt Stuttgart
01.09.2015 Politik
Wird in Deutschland zu viel operiert? – Aus Sicht eines Krankenkassenvertreters
Vergleiche mit anderen Ländern, aber auch Vergleiche zwischen einzelnen deutschen
01.09.2015 Politik
Unabhängigkeit in der Vermögensanlage – Ein wirklicher Kundenmehrwert?
Wie schwierig die Definition wirklicher Unabhängigkeit ist und warum so
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.