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Sofortmaßnahmen in einer Ausnahmesituation

Die Kündigung des Arbeitsvertrages ist eine Ausnahmesituation, die sowohl emotional als auch auf den ersten Blick finanziell überaus belastend sein kann.

Dabei ist festzustellen, dass der Kündigungsdruck in der anwaltlichen Praxis mit dem Erklimmen der Karriereleiter zunimmt. So ist für Fachärzte der Arbeitsmarkt derzeit derart günstig, dass die Wechselaussichten bei angedrohter oder ausgesprochener Kündigung, natürlich ein wenig in Abhängigkeit von dem dahinterstehenden Sachverhalt, äußerst günstig sind.

Gleiches gilt auch nach wie vor noch für Oberärzte, wobei hier die Stellen nicht so umfassend zur Verfügung stehen werden.

Am schwierigsten ist sicherlich die unmittelbare Fortführung für Chefärzte bzw. Leitende Ärzte. Wenn es sich bei der ausgesprochenen Kündigung um eine ordentliche Kündigung handelt, die also erst nach Ablauf der Kündigungsfrist greift, so ist die Situation möglicherweise bereits etwas entschärft. Denn Kündigungsfristen in den meisten außertariflichen Arbeitsverträgen betragen zwischen sechs Wochen zum Quartalsende und sechs Monaten zum Quartalsende, wobei die letztgenannte Frist in der Regel für Chefärzte gilt. Man hat also dann bei einer ordentlichen Kündigung noch in jedem Fall sechs Monate Zeit, einen neuen Arbeitsplatz zu suchen. Gleichwohl entsteht auch durch die ordentliche Kündigung bereits eine Dynamik, die nur schwer einzufangen ist. Dies gilt verstärkt noch dann, wenn es zu einer fristlosen Kündigung kommt, also das Arbeitsverhältnis von jetzt auf dann beendet wird. Nicht zuletzt die dadurch entstehende Öffentlichkeit (Der handelnde Arzt ist sofort weg!) führt in diesem Fall dazu, dass eine Lawine angestoßen wird, die nur schwer wieder einzufangen ist. Derartige Geschehnisse leben daher im Interesse beider Parteien davon, dass ein professionelles Konfliktmanagement Einzug hält, welches insbesondere Emotionen so gut es geht ausklammert.

Verhalten im Notfall

Diese beschriebene Eigendynamik bei (fristlosen) Kündigungen wird auch dadurch begründet, dass bei Ausspruch einer Kündigung eine unbedingte Klagefrist von drei Wochen gilt. Man muss also innerhalb von drei Wochen, nachdem man die schriftliche Kündigung erhalten hat, beim zuständigen Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag auf Feststellung, dass die ausgesprochene Kündigung oder gegebenenfalls die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam sind. Dies bedeutet aber, dass man dann je nachdem, bei welchem Arbeitsgericht die Klage erhoben wird, bereits nach vier bis sechs Wochen einen ersten Gütetermin erhält, bei dem sich die Parteien treffen und der Sachverhalt öffentlich (entsprechende Verhandlungen sind öffentliche Sitzungen) diskutiert wird. Hier kann man dann nicht immer vermeiden, dass auch – je nach Schwere des Sachverhaltes und natürlich auch je nach handelnden Personen – die Medien zugegen sein werden.

Sollte die Kündigung ausgesprochen worden sein, so ist unmittelbar der Rechtsrat durch einen spezialisierten Anwalt einzuholen. Hier kann der BDC mit entsprechenden Empfehlungen als erste Anlaufstelle nur empfohlen werden.

Aufgrund des Prozesses, der dann in Gang gesetzt wird (Klage, zeitnahe Gerichtsverhandlung) muss man allerdings konstatieren, dass der Ausspruch der Kündigung der späteste Zeitpunkt ist, bei dem man sich Rechtsrat einholen sollte. Eigentlich muss man betonen, dass dieser Zeitpunkt unter Berücksichtigung der normalen Abläufe eigentlich zu spät ist. Denn eine Kündigung wird regelmäßig nicht ad hoc ausgesprochen, es sei denn, es handelt sich um einen überaus gravierenden Pflichtverstoß im Verhaltensbereich (besonders grober Behandlungsfehler, Abrechnungsbetrug, Tätlichkeiten etc.). Erfahrungsgemäß wird der Unbill der Krankenhausleitung mit dem Mitarbeiter bereits vorab kundgetan. Entweder dadurch, dass bereits Abmahnungen ausgesprochen wurden oder speziell bei Chefärzten, dass man beginnt, das Abrechnungsverhalten zu prüfen, gegebenenfalls die Komplikationsrate hinterfragt oder aber Strukturmaßnahmen ergreift, die letztlich nur den Schluss zulassen, dass der Chefarzt nicht mehr den Stellenwert besitzt, der ihm seiner Funktion nach zusteht.

Wenn derartige Anzeichen deutlich werden, so empfiehlt es sich dringlich, im Sinne einer Erstmaßnahme einmal anwaltlichen Rat einzuholen, um den Sachverhalt tatsächlich zu bewerten.

Die anwaltliche Praxis zeigt, dass hier oftmals die Zeichen nicht richtig gedeutet werden. Es ist dann für den jeweiligen betroffenen Arzt durchaus schockierend, wenn man ihn mit der Situation konfrontiert und den Sachverhalt so einschätzt, dass möglicherweise der Krankenhausträger mit ihm nicht mehr längerfristig plant. Gerade diese erste Einschätzung ist aber notwendig, um die Taktik für das weitere Vorgehen zu besprechen und auszuloten. Hier spielen beispielsweise der persönliche Lebenslauf, die Ortsgebundenheit und die Zukunftsvorstellungen eine Rolle. Denn all dies ist entscheidend dafür, wie schnell und wie unkompliziert gegebenenfalls eine neue Stelle angetreten werden kann. Wenn man übereinstimmend zu dem Schluss kommt, dass der Krankenhausträger möglicherweise einen Trennungswunsch hat, so sollte man hier relativ schnell unter Zuhilfenahme eines Rechtsbeistandes Kontakt zum Krankenhausträger aufnehmen. Dies signalisiert zum einen, dass auch seitens des Arbeitnehmers die Zeichen der Zeit erkannt wurden und zum anderen, dass man an einer einvernehmlichen Lösung interessiert ist. Dies nimmt dann oftmals vom Krankenhausträger auch den Ermittlungsdruck und führt dazu, dass die Situation entkrampft wird. Insbesondere können so oftmals Schnellschüsse des Krankenhausträgers im Hinblick auf den Ausspruch einer Kündigung oder einer Freistellung verhindert werden.

Die Verhandlungen gehen dann in erster Linie natürlich dahin, dass der Ausspruch einer Kündigung vermieden wird. Man wird eruieren, inwieweit ein Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis im besten Einvernehmen beenden kann. Maßgeblich aus Sicht des Arztes ist hier in erster Linie die Zeitkomponente. Man muss realistisch einschätzen, wie viel Zeit der betroffene Arzt benötigt, um eine Anschlussstelle zu erhalten. Denn die Arbeitslosigkeit bzw. der Bezug von Arbeitslosengeld stellt keine echte Alternative dar. Zum einen ist der Arbeitsmarkt für Ärzte derzeit so gut, dass man sich den Gang zum Arbeitsamt regelmäßig ersparen kann, zum anderen ist das Arbeitslosengeld so niedrig, dass es insbesondere bei höher dotierten ärztlichen Berufen (Oberarzt, Chefarzt) keinen adäquaten Ersatz für die Vergütung darstellt.

Schließlich wird man sich aber auch darüber unterhalten, ob und in welcher Höhe eine Abfindung dafür gezahlt wird, dass auch der betroffene Arzt sich dazu bereit erklärt, ohne große Störgeräusche auf seinen Arbeitsplatz „zu verzichten“. Der letzte Umstand wird natürlich maßgeblich dadurch bestimmt, wie valide der Kündigungsgrund ist. So ist hier also immer der jeweilige Einzelfall maßgeblich.

Kündigungsschutzklage als Mittel der Konfliktbeilegung

Wenn diese außergerichtlichen Verhandlungen nicht den gewünschten Erfolg bieten, weil beispielsweise beide Parteien unterschiedliche Auffassungen von der noch verbleibenden Vertragslaufzeit und der Abfindungshöhe haben, so kann einmal im Einzelfall der Gang zum Arbeitsgericht durchaus hilfreich sein. Denn das Arbeitsgericht wird bereits in der Güteverhandlung im Idealfall eine erste Einschätzung abgeben, wie es den Sachverhalt beurteilt. Dies insbesondere im Hinblick auf möglicherweise formale Voraussetzungen für eine Kündigung (Anhörung des Betriebsrates, vorheriger Ausspruch einer Abmahnung etc.). Dies kann dann im Einzelfall dazu führen, dass verkantete und festgefahrene Gespräche wieder an Dynamik gewinnen und man hier möglicherweise eine Einigung findet.

Insbesondere bei Chefärzten gilt aber nach wie vor der Grundsatz, dass eigentlich vermieden werden sollte, derart an die Öffentlichkeit zu gehen. Diese Maßnahme bleibt eigentlich nur den Fällen vorbehalten, bei welchen sich der Arbeitgeber keinesfalls bewegt. Dann muss man daran denken, mit dem gezielten Druck der Klage hier die Motivationen zu einer gütlichen Einigung zu erhöhen.

Manchmal neigen Arbeitgeber dazu anzudrohen, dass ihrerseits gezielt die Öffentlichkeit hergestellt wird. Dies ist insbesondere im Hinblick auf Behandlungsfehler und gegebenenfalls Unregelmäßigkeiten in der Abrechnung erst einmal als unangenehm zu empfinden. Die anwaltliche Erfahrung zeigt aber, dass, wenn überhaupt medial darüber berichtet wird, sich dieser Sturm regional begrenzt und insbesondere auch den Arbeitgeber trifft. Mit derartigen Ankündigungen sollte man sich daher nicht zu sehr verunsichern lassen.

Mediation als Möglichkeit der Streitbeilegung

Schließlich verbliebe noch die Möglichkeit, dass man sich der Hilfe eines Streitschlichters bedient, um Konflikte auszuräumen. Die Mediation wird dabei in der Öffentlichkeit oftmals wahrgenommen im Zusammenhang mit Nachbarschaftsstreitigkeiten oder innerfamiliären Zwistigkeiten. Die Wirtschaftsmediation hält aber immer mehr Einzug und hat durchaus ihre Daseinsberechtigung. Sie kann aber genau genommen immer nur zwischenmenschliche Probleme aufarbeiten und ist kein Mittel, Konflikte in Bereichen zu bereinigen, die der Mediation nicht zugänglich sind.

Insbesondere wenn schlichte sachliche unternehmerische Entscheidungen dazu führen, dass die jeweilige mit der Kündigung bedrohte Person nicht mehr in das Gesamtkonzept passt, kann eine Mediation nicht den gewünschten Erfolg bringen. Denn unternehmerische Entscheidungen kann sie nicht rückgängig machen. Es ist dem Mediator dabei auch gänzlich unmöglich, derartige Entscheidungen zu bewerten und zu versuchen, beispielsweise den Krankenhausträger vom Gegenteil zu überzeugen. Dies ist insbesondere auch nicht Aufgabe des Mediators, der ja nur dafür sorgen soll, dass die Parteien selbst eine für beide Seiten tragfähige Lösung des Konfliktes finden.

Bei verhaltensbedingten Kündigungen gilt dies erst recht. Oftmals ist hier auch der Krankenhausträger im Zugzwang, da er schlicht nur mit einer Kündigung reagieren kann, um weiteren Schaden vom Haus abzuwenden.

Selbstverständlich ist der beratende Anwalt gehalten, zunächst einmal auszuloten, inwieweit man das Arbeitsverhältnis denn nicht doch fortsetzen kann. Dies beispielsweise dann, wenn Strukturmaßnahmen ergriffen wurden und hierüber der Trennungswunsch entstanden ist. Hier kann man durch klare Signale der Bereitschaft zur Akzeptanz unter der Voraussetzung gegebenenfalls finanzieller Kompensation versuchen, die Wogen zu glätten.

Einer klassischen Mediation sind derartige Konfliktfälle aber aus Sicht der Autoren eher nicht zugänglich.

Schlussbetrachtung

So bleibt im Ergebnis festzustellen, dass mit Ausspruch der Kündigung die Dinge eilbedürftig werden. Es gilt eine unbedingte drei Wochen Klagefrist, da danach die Kündigung als wirksam fingiert wird.

Es ist allerdings festzuhalten, dass mit Ausspruch der Kündigung eigentlich oftmals die Zeichen der Zeit nicht richtig gedeutet wurden. Vielmehr sollte man sich bei auftretenden Konfliktfällen einmal kritisch selbst fragen, inwieweit hier möglicherweise tiefergreifende Zerwürfnisse dahinterstehen. Hier kann man sich gerade im Rahmen der für BDC-Mitglieder bestehenden kostenfreien Erstberatung eine erste Einschätzung einholen, von der man dann das weitere Vorgehen abhängig machen kann.

In jedem Fall ist man schlecht beraten, Stimmungen im Miteinander zwischen Geschäftsführung und Angestellten unreflektiert als gegeben hinzunehmen und „Business as usual“ zu machen, ohne auf etwaige Misstöne oder Konflikte zu achten. Nur eine in diesem Bereich bestehende Ignoranz und gegebenenfalls auch Unsensibilität führt dann oftmals zur Kündigung, die wiederum dann eine eigene Dynamik mit sich bringt. Denn dann wird dem eingeschalteten Rechtsanwalt mehr die Aufgabe eines Troubleshooters zu teil, als die wesentlich sachdienlichere Funktion eines Konfliktmanagers.

Heberer J. Juristischer Notfallkoffer für Kündigungssituationen. Passion Chirurgie. 2014 Oktober, 4(10): Artikel 02_06.

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