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Kann ihnen eine gezielte Fortbildung den Einstieg in die Berufspraxis erleichtern?

Das Angebot, sich mit chirurgischen Themen auseinanderzusetzen, ist vielfältig. Arbeitgeber, der Berufsverband und auch die jeweiligen Fachgesellschaften tun viel, um jungen Kollegen die fachliche Weiterbildung zu ermöglichen.
Ein zusätzliches Angebot bezieht sich auf ein ‚Learning-on-the-job‘ in zwischenmenschlicher Kompetenz. Es soll junge Assistenzärzte auf ihrem Weg durch die ersten Berufsjahre darin unterstützten, mit schwierigen zwischenmenschlichen Situationen kompetent umgehen zu können. Immer mehr Geschäftsführer von Kliniken und ärztliche Führungskräfte haben erkannt, dass sie auch in diesem Terrain Hilfestellungen geben müssen, wenn sie möchten, dass ihnen die Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter langfristig erhalten bleibt.

Angesichts des knappen Angebots an geeignetem Personal für den medizinischen Bereich machen Krankenhäuser und Klinikketten verlockende Angebote, um Stellenbewerber für den ärztlichen und den pflegerischen Bereich zu gewinnen. Für viele, die darauf eingehen, ist die Konfrontation mit der beruflichen Wirklichkeit in den Kliniken dann erst einmal eine schmerzliche Erfahrung.
Sie haben das Medizinstudium abgeschlossen. Das Praktische Jahr liegt hinter ihnen. Einige haben gute Erfahrungen gemacht, andere sind auf Desinteresse bei den anleitenden Kollegen gestoßen und mit Lückenbüßertätigkeiten abgespeist worden. Nun, in ihrem nächsten beruflichen Entwicklungsschritt, kommen die jungen Ärzte mehr oder weniger gut ausgestattet in der Chirurgie und anderen klinischen Fächern an.

Aller Anfang ist schwer

Etwas überraschend sind sie mit ganz neuen Erwartungen konfrontiert: Ihre Rolle wandelt sich vom „Anamnesenschreiber“ und „Braunülenschieber“ zum verantwortlichen Assistenzarzt in einem multiprofessionellen Stationsteam. Berufsanfänger und auch diejenigen, die schon einige Jahre dabei sind, bringen Lehrbuchwissen und neue Ideen mit. Aber die praktische klinische Erfahrung und die Kompetenz im Umgang mit Patienten und deren Angehörigen fehlen ihnen erst einmal. Sie erfahren, dass nicht alles, was theoretisch medizinisch möglich ist, auch automatisch dem Wohl des jeweiligen Patienten dient. Es ist ein weiterer Schritt, sich Erfahrungen zu verschaffen, die angemessene medizinische Entscheidungen ermöglichen und sich Know-How im OP, auf der Intensivstation oder im Rahmen der Diagnostik zu erwerben. Die meisten Berufsanfänger sind mit der Komplexität des Alltags und natürlich auch mit der hohen Taktzahl bei kurzen Liegezeiten oft schnell an ihren persönlichen Grenzen angelangt. Zusätzlich belastet sie noch die große allgemeine Verantwortung, vor allem auch in den Nachtdiensten.

Hier stellt sich für diejenigen in einer Klinik, die sich für die Entwicklung des Personals verantwortlich fühlen, die Frage, ob der mühevoll angeworbene Berufseinsteiger nicht die Chance auf eine Unterstützung bekommen sollte, die es ihm erleichtert‚ mit den neuen Aufgaben zu wachsen? Denn die Gefahr, dass ein Berufsanfänger unter der Last seiner neuen Aufgaben resigniert oder gar wieder abwandert, ist nicht gering. In den gegenwärtigen Klinikstrukturen kommt es hier zunächst vor allem auf die Führung des jungen Arztkollegen durch den Chefarzt und die Oberärzte an, die, wenn es gut geht, im besten Sinne Mentoren und fachliche Supervisoren sind. Oft können sie diese Funktion aber nicht wahrnehmen, weil ihnen zeitlich enge Grenzen gesetzt sind.

Manche Klinikchefs scheinen aber auch die Wichtigkeit dieser Aufgabe nicht zu erkennen: Wie viele der erfahrenen Oberärzte lassen sich beispielsweise von einem jungen Kollegen zu einem anspruchsvollen Gespräch mit Patienten oder fordernden Angehörigen begleiten?
Wie viele supervidieren den jungen Arzt in Aufklärungsgesprächen oder bei der Mitteilung schwerwiegender Diagnosen?
Im Stationsalltag oder in den Ambulanzen agieren die meisten Ärzte als Einzelkämpfer und sammeln so mit den Jahren im Beruf mühsam ihre Erfahrungen. Die Frage ist demnach, ob dieser Prozess der Professionalisierung nicht durch zusätzliche Interventionen kultiviert und beschleunigt werden kann. Gibt es qualifizierte externe Angebote, die die Verantwortlichen für die berufliche Weiterentwicklung der jungen Mediziner vor Ort unterstützen bzw. entlasten können? Es gibt sie. Doch zunächst: Um welche Art von Weiterbildung geht es da ganz konkret?

Als Neuling im multiprofessionellen Team

Nach all seiner fachlichen Berufsausbildung ist der junge Mediziner nun mit Herausforderungen konfrontiert, auf die ihn seine Berufsausbildung nicht gezielt vorbereitet hat. Es sind zwischenmenschliche Fähigkeiten von ihm gefordert, die der eine vielleicht aufgrund einer glücklichen Sozialisation in Elternhaus und Schule mitbringt, der andere aber nicht:
Wie sage ich einer Schwester auf meiner Station, welche Dinge momentan bei einem Patienten am wichtigsten sind, ohne durch die Art, wie ich es sage, sie zu verärgern oder ihre Empörung auszulösen?
Wie kann ich Kritik angemessen übermitteln, ohne das nächste Mal gemieden zu werden?
Wie gehe ich mit Forderungen der Pflegekräfte oder der Funktionsdienste um, die ich eigentlich nicht akzeptiere? Wie kann ich dazu beitragen, dass ein professionelles Miteinander zum Wohl des gemeinsamen Patienten entsteht?
Wie kann es gelingen, dass Konflikte untereinander so geklärt werden, dass die Arbeitsatmosphäre nicht gestört bleibt?
Wie kann es ermöglicht werden, dass Kritik oder Feedback nicht in Be- oder Verurteilung ausartet, sondern wirklich nur eine Rückmeldung über die Wirkungen ist, die einer mit seinem Handeln ausgelöst hat, verbunden mit der Frage, ob das eigentlich seinen Intentionen entsprach?

Solche und ähnliche Fragen beschäftigen ja nicht nur die ganz jungen Ärzte.
Insgesamt ist die Stimmung noch geprägt von der Knappheit an personeller Kapazität. Sie ist angespannt und jeder falsche Ton führt rasch zu weiteren Konflikten, die mit der ursprünglichen Sachfrage schon fast nichts mehr zu tun haben. Das macht den ohnehin komplexen Klinikalltag dann noch zusätzlich schwierig.

Das beste Marketing für ein Krankenhaus oder eine Abteilung ist eine Kommunikation, in der wechselseitige Wertschätzung bestimmend ist.
Beispielsweise im Kontakt zu den niedergelassenen Ärzten ist ein angemessener Gesprächston besser als viele teure Werbeauftritte. Das gilt auch für alle anderen Gruppen, mit denen es der Arzt beruflich zu tun hat, insbesondere mit den Patienten. Das ist eigentlich bekannt. Doch wird es immer umgesetzt?
Hier sollten erweiterte Professionalisierungsanstrengungen für Ärzte unternommen werden. Gemeint ist nicht die Arbeit mit standardisierten Texten am Telefon oder live, die dann etwas gestelzt die Werbe trächtig gefasste sogenannten Corporate Identity eines Unternehmens zur Wirkung bringen sollen. Gemeint ist eine Situations adäquate aber immer noch individuell geprägte Gesprächsführung, die bei Anfragen oder Beschwerden den Gesprächspartner nicht abblockt, sondern ihn einlädt, sein Anliegen vorzubringen.

Jedenfalls darf es nicht so ablaufen wie in einem kürzlich zu beobachtenden Fall, in dem ein überlasteter Berufsanfänger ans Telefon gerufen wurde. Statt sich ruhig zu erkundigen, welche Fragestellung der niedergelassene Kollege zu Patient XY hatte, verkündet er als erstes: „Tut mir leid. Zu Herrn XY kann ich Ihnen gar nichts sagen. Den hat mein Kollege in den letzten Tagen betreut. Aber der ist gerade nicht da, der hat dienstfrei. Da kann ich leider nichts für Sie tun!“
Das sei übertrieben denken Sie, lieber Leser? Es scheint nicht so zu sein: In vielen Studien ist belegt, dass Patienten und andere „Kunden“ einer Klinik deren Leistungen nicht nach medizinisch fachlichen Kriterien bewerten, sondern oft danach, wie ihnen menschlich begegnet worden ist. Die Kommunikation spielt bei der Bewertung also eine bedeutende Rolle.

Es gibt ein einschlägiges Angebot des Berufsverbandes

Für Ärzte in der Facharztweiterbildung und junge Fachärzte gibt es seit einigen Jahren zwei Seminarangebote beim Berufsverband: „Schwierige Gespräche mit Patienten und Angehörigen“ und „Arbeiten und Leben im Team“. Als leitender Arzt oder Mitglied der Geschäftsführung können Sie die jungen Kollegen als Maßnahme der Personalentwicklung in ein ‚Learning-on-the-job‘ unter der Leitung eines kompetenten externen Fortbildungspartners in der eigenen Klinik und zu extern moderierten Trainings nach Berlin schicken. Dort treffen sich interdisziplinäre Gruppen in Veranstaltungen an einem neutralen Ort, die eine Mischung aus Seminar und Erfahrungsaustausch sind. Im Mittelpunkt des Lernens stehen die Kompetenzen, von denen oben zuletzt die Rede war.

Es gibt weitere Varianten: Es ist möglich und sehr wirksam, Prozesse des sozialen Lernens in den Rahmen einer Maßnahme der Weiterentwicklung von Organisationsstrukturen und Prozessen einzubinden. Das kann ein Workshop für eine Abteilung sein oder ein Workshop mit einem multiprofessionellen Stations-, OP- oder Intensivteam direkt in einer Klinik. Der Berufsverband kann Sie dazu mit erfahrenen Beratern bzw. Moderatoren aus dem Klinikbereich in Kontakt bringen.

Kliniken, in denen diese Möglichkeit bereits genutzt wurde, berichten von positiven Nebeneffekten: Der Kontakt unter den Kollegen verändert sich konstruktiv, Vorschläge für organisatorische Verbesserungen entstehen oft ‚nebenbei‘ und werden dann bei der Umsetzung von den Mitarbeitern ganz anders unterstützt. Neben dem Zuwachs an zwischenmenschlicher Kompetenz bei den einzelnen Teilnehmern profitieren davon dann auch die Teams und die Organisationen als soziale Einheiten.

Unsere Empfehlung hier ist: Sprechen Sie uns an, wenn Sie bei sich selbst oder bei den Ihnen anvertrauten Mitarbeitern einen entsprechenden Bedarf feststellen. Unser Berater-/Moderatorenteam verfügt über ein großes Spektrum an geeigneten Methoden. Es wird sich für jede Situation eine geeignete Lernanordnung ermitteln lassen.

Autoren des Artikels

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Dr. med. Ulrike Schlein

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