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Ein Rotstift und ein Taschenrechner. Symbolbild Rationalisieren und einsparen

Wenn Leistungen außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht und abgerechnet werden sollen, spricht man von sogenannten individuellen Gesundheitsleistungen (kurz: IGeL-Leistungen). Da die vertragsärztlichen Leistungen, die gegenüber gesetzlich krankenversicherten Patienten erbracht werden, für viele Ärzte keine ausreichende Vergütung mehr sicherstellen können, sind IGeL-Leistungen oftmals wirtschaftlich von erheblicher Bedeutung. Was im Vorfeld der Behandlung und bei der Abrechnung zu beachten ist, zeigt der folgende Artikel auf.

Die Voraussetzungen für Leistungserbringung und Abrechnung sind im Bundesmantelvertrag-Ärzte – dort § 18 Abs. 8 Satz 3 Nr. 3 bzw. inhaltsgleich im Arzt-/Ersatzkassen-Vertrag § 21 Abs. 8 Nr. 3 – geregelt.

Zustimmung des Patienten und schriftliche Vereinbarung

Vor Behandlungsbeginn muss die schriftliche Zustimmung des Patienten eingeholt und dieser auf die Pflicht zur Übernahme der Kosten hingewiesen werden. Dies geschieht am Besten in einer schriftlichen Vereinbarung, die vom Arzt und vom Patienten vor Beginn der Behandlung unterzeichnet wird. Hierbei sollten zwecks größtmöglicher Sicherheit für den Chirurgen sowohl das Datum als auch die Uhrzeit der Unterzeichnung angegeben werden. Damit kann einer möglichen Schutzbehauptung des Patienten im Prozess, er habe die Vereinbarung erst nach der Behandlung unterschrieben, vorgebeugt werden.

Im Text der Vereinbarung muss der Patient explizit darauf hingewiesen werden, dass die – im Einzelnen zu bezeichnenden – Behandlungsmaßnahmen nicht mit den Krankenkassen abgerechnet werden können. Dem Patienten muss deutlich gemacht werden, dass er die Kosten für die Behandlung zu bezahlen hat, auch wenn ggf. eine private Krankenversicherung die Kosten ganz oder teilweise nicht übernehmen sollte.

Des Weiteren ist es zweckmäßig, den Patienten zumindest kurz über den medizinischen Nutzen und das Risiko der Behandlungsmaßnahme aufzuklären und hierzu einige erläuternde Sätze in die schriftliche Vereinbarung einzufügen. Auch sollte dort festgehalten werden, dass der Patient die privatärztliche Behandlung ausdrücklich wünscht und dieser Wunsch nicht auf unsachgemäße Beeinflussung durch den Arzt zurückgeht.

Außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung

Eine diagnostische oder therapeutische Maßnahme darf nur dann als IGeL-Leistung angeboten werden, wenn diese nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung enthalten ist. Die Leistung darf also nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung sein, abgebildet durch den Einheitlichen Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (EBM).

Andersherum bedeutet dies: Wenn eine Leistung im EBM abgebildet ist, kann diese nicht als IGeL-Leistung angeboten werden. Dies auch dann nicht, wenn der Patient dies ausdrücklich wünscht. In diesem Fall würde es sich um eine sogenannte Verlangensleistung handeln, die an einer anderen Rechtsvorschrift – nämlich § 18 Abs. 8 Satz 3 Nr. 2 Bundesmantelvertrag-Ärzte – zu messen ist.

Folgenden bisweilen auftretenden Missverständnissen sollte der Chirurg nicht unterliegen:

      • Wenn etwa bei einer Ermächtigung die Abrechnungsgenehmigung innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung beschränkt ist auf bestimmte Gebührenziffern des EBM, kann nicht so vorgegangen werden, dass Leistungen nach einer anderen EBM-Ziffer als IGeL-Leistungen abgerechnet werden. Dies ist dadurch begründet, dass nach dem Gesetz IGeL-Leistungen nur solche sein können, die gänzlich außerhalb des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenversicherung stehen.
      • Gleiches gilt für fachfremde Leistungen. Kann der Vertragsarzt oder ermächtigte Chefarzt Leistungen nach dem EBM deshalb nicht abrechnen, weil sie sich außerhalb seines Fachgebietes bewegen, sind diese auch als IGeL-Leistungen gegenüber gesetzlich krankenversicherten Patienten ausgeschlossen.
      • Auch kein rechtlich tragfähiges Argument für die privatärztliche Berechnung von IGeL-Leistungen gegenüber dem Patienten ist, wenn das vertragsärztliche „Budget ausgeschöpft“ ist.
      • Genauso wenig kann die Abrechnung als IGeL-Leistungen darauf gestützt werden, dass nach Auffassung des Vertragsarztes oder ermächtigten Chefarztes dieser Leistungen, die vom Katalog der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst sind, besser als dort vorgesehen oder mit besonderer operativer Ausstattung erbringt.

Abrechnung nach GOÄ

Die Liquidation der IGeL-Leistungen gegenüber den Patienten hat nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) zu erfolgen. Dabei sind die dortigen Regelungen einzuhalten.

Dies bedeutet insbesondere, dass keine Pauschalpreise genommen werden dürfen. Vielmehr müssen konkrete Gebührenziffern aus der GOÄ angegeben werden. Wenn die Leistung im Vergütungsverzeichnis der GOÄ nicht abgebildet wird, kommt eine Analogabrechnung in Betracht. Hierzu schreibt § 6 Abs. 2 GOÄ vor, dass eine Gebührenziffer der GOÄ analog berechnet werden darf, wenn die Leistung „nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertig“ ist.

Hier kann sich der Chirurg grundsätzlich an den Abrechnungsempfehlungen insbesondere der Bundesärztekammer orientieren. Diese sind allerdings nicht rechtsverbindlich, sodass auch außerhalb dieser eine Analogabrechnung rechtlich begründet sein kann. Falls dann Monierungen von privaten Krankenversicherern an den Chirurg herangetragen werden sollten, müsste die rechtliche Diskussion geführt werden.

Achtung: Besondere wirtschaftliche Aufklärungspflicht seit dem Patientenrechtegesetz

Seit Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes 2013 gibt es eine besondere Regelung zur wirtschaftlichen Aufklärungspflicht, die insbesondere bei IGeL-Leistungen von Bedeutung ist. In § 630 c Abs. 3 BGB heißt es: „Weiß der Behandelnde, dass eine vollständige Übernahme der Behandlungskosten durch einen Dritten nicht gesichert ist, oder ergeben sich nach den Umständen hierfür hinreichende Anhaltspunkte, muss er den Patienten vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlichen Kosten der Behandlung in Textform informieren.“

Nach der Gesetzesbegründung wollte der Gesetzgeber hier vor allem auf IGeL-Leistungen abzielen. Der Verweis auf die Textform bedeutet, dass dem Patienten die voraussichtlich anfallenden Kosten für die IGeL-Leistungen schriftlich mitgeteilt werden müssen. Dies geschieht am Besten im Rahmen der schriftlichen Vereinbarung, die ohnehin vor Behandlungsbeginn unterzeichnet werden muss.

Dort sollte eine konkrete Bezifferung – gewissermaßen im Sinne eines Kostenvoranschlages nach GOÄ – erfolgen, soweit dies möglich ist. Es sollten also die voraussichtlich anfallenden Kosten nach den einzelnen Gebührenziffern der GOÄ aufgeführt und ein Gesamtbetrag angegeben werden. Um Eventualitäten vorzubeugen, empfiehlt sich zudem der kurze Hinweis in der Vereinbarung darauf, dass die genaue Kostenhöhe je nach Verlauf der Behandlung und abhängig von eventuellen Komplikationen abweichen kann.

Hammerl S. IGeL-Leistungen: Darauf müssen Sie achten. Passion Chirurgie. 2015 Februar; 5(02): Artikel 04_01.

Autor des Artikels

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Dr. Siegfried Hammerl

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