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Während der Covid-19-Pandemie wurde immer wieder über die Frage diskutiert, ob das SARS-CoV-2-Virus primär über Tröpfchen übertragen wird oder auch in erheblichem Umfang über Aerosole.

Tröpfchen sind relativ groß (> 5 µm), so dass sie schnell zu Boden sinken und nicht mehr eingeatmet werden können. Aerosole dagegen sind relativ klein (0,3 bis 5 µm) und können durch die Wind- und Luftbewegungen über Stunden und große Entfernungen in der Luft gehalten werden. Tröpfchen größer als 8 µm verschwinden innerhalb von 20 Minuten aus der Luft, größer als 4 µm innerhalb von 90 Minuten. Aerosole können bis 30 Stunden in der Luft bleiben (Duguid 1946).

Tröpfchen enthalten dagegen deutlich mehr Viren als Aerosole, so dass die notwendige Infektionsdosis viel schneller erreicht wird. Anschaulich ist folgende Berechnung über die in Partikeln entsprechender Größe transportierte Flüssigkeitsmenge:

Partikelgröße

0,3 µm

0,5 µm

1,0 µm

5,0 µm

10 µm

Volumen

0,014 µ3

0,065 µ3

0.52 µ3

65,5 µ3

523,6 µ3

Aerosole können bis in die Alveolen der Lunge vordringen und umgekehrt auch aus diesen abgehustet werden. Tröpfchen werden beim Einatmen im oberen Respirationstrakt abgelagert und von dort auch wieder abgegeben (Schulze-Röbbecke et al. 2020, Leung et al 2020, Bourouiba 2020, Tellier et al 2019).

Allerdings können sich Tröpfchen bei geringer Luftfeuchtigkeit in Aerosole umwandeln: Wenn Tröpfchen durch die Luft fliegen, verlieren sie Wasser und werden dadurch kleiner, zu so genannten Tröpfchenkernen, die die Größe von Aerosolen haben. Dabei nehmen beispielsweise Tröpfchen von 12-21 µm auf Größen von 4 µm ab (Stadnytsky et al. 2020).

Bei diesen Austrocknungsvorgängen können die in den Tröpfchen enthaltenen Bakterien und Viren allerdings inaktiviert werden, so dass der Übergang in Tröpfchenkerne nicht unbedingt eine weitere Infektiosität bedeuten muss.

Seit Jahrzehnten differenziert die Infektionsepidemiologie Infektionskrankheiten, die eher durch Tröpfchen oder eher durch Aerosole übertragen werden. Masern und Windpocken werden nicht nur durch Tröpfchen, sondern bekanntermaßen über größere Entfernungen aerogen übertragen. Scharlach, Mumps, Pertussis und Influenza gelten dagegen als ausgesprochene Tröpfchen-Infektionen.

Fazit für die Praxis

  1. Das gegenwärtig im Rahmen der Covid-19- Pandemie geltende Abstandsgebot von 1,5 m (Deutschland, Australien) schützt nur vor Tröpfcheninfektionen. In Frankreich, Singapur, Italien und China genügen hierfür 1,0 m. In den USA, UK, Kanada, Spanien und Neuseeland werden dagegen 2 m gefordert (Bourouiba 2020, EMG-SAGE 2020). Ebenso schützt eine textile Mund-Nasenbedeckung oder ein medizinischer (chirurgischer) Mund- Nasenschutz eher vor Tröpfchen. Beides scheint sich bewährt zu haben.
  2. Eine Übertragung von SARS-CoV-2 durch Aerosole ist dagegen über größere Entfernungen möglich. Wegen der viel geringeren Erregermenge im Aerosol und der zusätzlichen Inaktivierung durch Austrocknung ist jedoch ein längerer Kontakt mit dem Aerosol in geschlossenen Räumen ohne ausreichende Raumlüftung erforderlich. Eine niedrige Temperatur und hohe Luftfeuchtigkeit verhindert die Austrocknung der Aerosoltröpfchen und hält diese länger infektiös. Ein zuverlässiger Schutz vor Aerosolen ist eher durch FFP (NIOSH)- Masken möglich. Entscheidend ist dabei der Dichtsitz – vor allem vorgeformte FFP-Masken können bei schmalen Gesichtern einen großen Abstand zur Wange haben.
  3. Bei im Rahmen von medizinischen Prozeduren (z. B. Intubation, NIV, Bronchoskopie, mikroinvasive Chirurgie) entstehenden potentiell SARS-CoV-2-haltigen Flüssigkeiten ist das Verhältnis Tröpfchen/Aerosole bisher nur unzureichend geklärt.

Literatur

  • Bourouiba, L: Turbulent gas clouds and respiratory pathogen emissions potential implications for reducing transmission of Covid-19. JAMA 2020, 323, 1837-1838
  • Duguid, J.P.: The size and the duration of air-carriage of respiratory droplets and droplet-nuclei. J Hyg (London) 1946, 44, 471-479
  • EMG-SAGE 4th June 2020. Transmission of SARS-CoV-2 and mitigating measures
  • Leung, N.H.L. et al: Respiratory virus shedding in exhaled breath and efficacy of face masks. Nature Medicine 2020
  • Schulze-Röbbecke, R. et al: Welche Schutzmaske schützt vor COVID-19? Was ist evidenzbasiert? Krankenhaushygiene up2date 2020, 15, 123-131
  • Stadnytsky, V. et al: The airborne lifetime of small speech droplets and their potential importance in SARS-CoV-2 transmission. PNAS 2020, 117, 11875-11877
  • Tellier, R. et al: Recognition of aerosol transmission of infectious agents: a commentary. BMC Infect Dis 2019, 19, 101

Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Jatzwauk L, Schmithausen R, Kohnen W: Hygiene-Tipp: Tröpfchen und Aerosole-(k)ein Widerspruch bei der Übertragung von COVID-19? Passion Chirurgie. 2020 September; 10(9): Artikel 04_05.

Autoren des Artikels

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Prof. Dr. med. Walter Popp

Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktieren
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Dr. med. vet. Nina Parohl

Ärztl. MitarbeiterinHyKoMed GmbH
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Prof. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz Jatzwauk

Krankenhaushygiene/ UmweltschutzUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
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Dr. med. Ricarda Schmithausen

KoordinationUniversitätsklinikum Bonn (UKB)Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH)
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Dr. rer. nat. Wolfgang Kohnen

Stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Krankenhaushygiene, Krankenhaushygieniker, Beauftragter für das QualitätsmanagementAbteilung für Hygiene und InfektionspräventionUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzVorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)

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