01.05.2010 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Raumlufttechnische (RLT)-Anlagen beim ambulanten Operieren – Teil 2

2008 wurde die DIN 1946-4 überarbeitet. Danach gibt es eine Raumklasse I (mit endständiger dritter Filterstufe), die für OP-Säle gilt, und eine Raumklasse II (keine dritte Filterstufe) für alle sonstigen Räume.
Raumklasse !a fordert eine turbulenzarme Verdrängungsströmung (TAV – d.h. Gewebedecken) mit einem Schutzbereich von 3 x 3 m, entsprechend einem TAV-Auslass-System von 3,2 x 3,2 m; bei Raumklasse Ib sind auch Drallauslässe zulässig. Raumklasse Ia ist vor allem gefordert für Implantate (z.B. TEP an Hüfte und Knie, Transplantationen) und mehrstündige Operationen. Auch Instrumententische sollen im Laminar Flow stehen (wenngleich dieses in der Praxis nicht immer zu realisieren ist), dies gilt auch für das zeitversetzte und andernorts erfolgende Richten der Instrumententische.
Die DIN 1946-4 aus dem Jahr 2008 gilt nicht für bestehende OP-Abteilungen. Bei Neuplanungen ist sie allerdings zugrundezulegen. Bauherr und beratender Hygieniker – in Absprache mit dem endabnehmendem Gesundheitsamt – sollten vorher unbedingt die Raumklasse und die Erfordernisse an die RLT-Anlage definieren. Da ein OP im allgemeinen über 20 bis 30 Jahre genutzt wird und die Schwere der Operationen sowie das Infektionsrisiko der Patienten nach aller Wahrscheinlichkeit zunehmen werden, sollte eher eine hochwertige Ausstattung angestrebt werden.
Wegen der multifunktionalen Nutzung von OP-Sälen wird also auch weiterhin die turbulenzarme Verdrängungsströmung Stand der Technik sein. Die neue DIN 1946-4 schreibt darüber hinaus umfangreiche Qualifizierungen der Anlage sowie eine hygienische Abnahmeprüfung vor. Neu sind aufwendige Strömungsvisualisierungen und eine Schutzgrad- oder alternativ Turbulenzgradmessung. Ferner werden mikrobiologische Überprüfungen mittels Sedimentationsplatten empfohlen. Dies alles wird allerdings von vielen Seiten kritisch gesehen. Deshalb hält das Niedersächsische Landesgesundheitsamt die in der DIN 1946-4 aus 2008 vorgeschlagenen Prüfverfahren nicht für erforderlich und für zu zeitaufwendig und kostspielig.
Aus seiner Sicht reichen die bisherigen Prüfverfahren aus (d.h. vor allem Dichtsitz und Leckfreiheit der 3. Filterstufe prüfen, jährlich Partikelmessung nach der 3. Filterstufe durchführen und Strömungsrichtungen bestimmen). Es empfiehlt weiter für Räume der Raumklasse Ia auch eine Strömungsvisualisierung. Ob auch aufwendige Keimzahlmessungen nach der 3. Filterstufe jährlich durchgeführt werden müssen, sollte mit dem beratenden Hygieniker entschieden werden. Allein aus diesem Grund empfiehlt sich dringend die laufende Beratung durch einen Facharzt für Hygiene
Autoren des Artikels

Prof. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktieren
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow
Chefarzt des Hygiene-Instituts der REGIOMED-Kliniken Bayern/ Thüringen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
01.03.2023 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Neues zur Flächendesinfektion
Im Oktober 2022 ist die neue KRINKO-Empfehlung „Anforderungen an die Hygiene bei der Reinigung und Desinfektion von Flächen“ erschienen. Sie fordert bei Patientenwechsel im OP bakterizide und levurozide Flächendesinfektions-Präparate.
01.02.2023 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Händetrocknung nur mit Einmalpapierhandtüchern
Die TRBA 250 (Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege), die quasi Gesetzeskraft hat, gibt für den Handwaschplatz vor, dass fließendes warmes und kaltes Wasser verfügbar sein muss, Spender für Hautreinigungsmittel sowie Einmalhandtücher. Somit scheiden für den Gesundheitsbereich Warmlufttrockner oder Jet-Air-Trockner aus.
01.12.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Hygiene-Tipp: Welche Masken nach der Pandemie?
Während der Corona-Pandemie ist es durch die Hygienemaßnahmen, vor allem Masken tragen und Abstand halten, zu einer massiven Verminderung klassischer Infektionskrankheiten gekommen. 2020/21 gab es nur vereinzelte Grippe-Fälle. Auch Norovirus-Infektionen wurden massiv reduziert, ebenso Infektionen mit Rotaviren und Kinderkrankheiten wie Mumps, Keuchhusten oder Windpocken. Keine Auswirkungen zeigten sich dagegen bei Tuberkulose, Campylobacter, MRSA oder C. diff. – bei diesen Krankheiten liegen überwiegend andere Infektionswege vor bzw. wird die Tuberkulose erst mit Latenz festgestellt.
01.11.2022 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Müssen chirurgische Instrumente nach sechs Stunden aufbereitet werden?
Die gängige Praxis ist, dass chirurgische Instrumente innerhalb von maximal sechs Stunden nach Nutzung gereinigt und desinfiziert werden. Je länger Verschmutzungen antrocknen, desto schwieriger lassen sie sich entfernen. Lagern die Instrumente in dieser Zeit feucht im Entsorgungscontainer, kann das Antrocknen der Verschmutzungen verhindert werden, aber es kann zur Korrosion (z. B. Chlorid-Korrosion durch Blutreste) kommen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.