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Die neue KRINKO-Empfehlung von 2018

Anfang 2018 ist die überarbeitete KRINKO-Empfehlung zur Verhütung postoperativer Wundinfektionen (Bundesgesundheitsblatt, 2018, 61, 448-473) erschienen. Sie löst sämtliche vorherigen OP-spezifischen Empfehlungen ab, auch jene zum Bau und auch die alte Empfehlung von 1997 zur Unterscheidung OP/Eingriffsraum. Die entsprechenden Empfehlungen sind von der RKI-Webseite genommen worden.

Auf den Begriff Eingriff wird nunmehr verzichtet und stattdessen wird von Operationen mit geringerem SSI-Risiko gesprochen (SSI = Surgical Site Infection). Ansonsten gibt es die Begriffe offene Operationen, minimalinvasive Operationen, interventionelle Operationen und Verfahrenswechsel (Übergang vom interventionellen auf ein offenes OP-Verfahren). Der Begriff Eingriffsraum wird weiterverwendet und dient in erster Linie Operationen mit geringerem SSI-Risiko.

Folgende Detail-Empfehlungen scheinen erwähnenswert (bereits gültige und unstrittige Standards (z. B. Clipping) werden hier nicht mehr erwähnt):

  • Bei kardio-chirurgischen und orthopädischen Operationen sollen die Patienten vorher auf Staphylococcus aureus gescreent werden und es wird eine präoperative Dekolonisation der Nase mit Mupirocin Nasensalbe allein oder in Kombination mit Körperwaschung mit Chlorhexidingluconat empfohlen (Kategorie 1B). Gleiches wird empfohlen bei anderen Operationsarten, die einen hohen Anteil von Staphylococcus aureus als Erreger von Wundinfektionen haben.
  • Haarschutz und Mund-Nasenschutz müssen sämtliche Bart- und Kopfhaare sowie Mund und Nase vollständig bedecken. Dies kann aus unserer Sicht nur durch Tragen einer Astrohaube erreicht werden. Wurde der Mund-Nasenschutz entfernt, so wird er durch einen neuen Mund-Nasenschutz ersetzt.
  • Zwei Paar Handschuhe sollen getragen werden bei Operationen, die mit einer vermehrten Läsion von Handschuhen einhergehen. Die Handschuhe sind zu wechseln nach der Handhabung von scharfkantigen Implantaten oder Explantatbestandteilen oder der Entfernung von Zementbruchstücken (z. B. Endoprothesenwechsel) ebenso unmittelbar vor Implantation einer Gelenkendoprothese.
  • Wie bisher wird gesagt, dass nach Toilettenbesuch ungewiss sei, ob neue Bereichskleidung anzulegen ist. Wir empfehlen weiterhin neue Bereichskleidung, da in der Toilette zumindest die Hosen auf dem Boden liegen dürften und 6 % MRGN-Trägerschaft in der Bevölkerung – und damit auch beim Personal – eine Gefahr für Übertragungen auf Toiletten annehmen lässt.
  • Die präoperative Hautdesinfektion soll mit einem alkoholbasierten Hautantiseptikum erfolgen. Durch Zusatz eines remanent wirkenden Antiseptikums werde eine über die Wirkung von Alkohol anhaltende Wirkung erreicht (Kategorie 1B), wobei unklar sei, welcher Wirkstoff besser ist.Das Problem hierbei ist, dass in der Chirurgie, nachvollziehbar, meistens gefärbte Desinfektionsmittel gewünscht sind. Allerdings sind in Deutschland nach unserer Kenntnis kaum gefärbte Arzneimittel auf dem Markt. Arzneimittel sind aber nach deutschem Recht gefordert. Die Anwendung von Bioziden ist dagegen rechtlich problematisch. Hautdesinfektionsmittel als Arzneimittel mit den remanenten Stoffen Chlorhexidin oder Octenidin gibt es fast nur ungefärbt. Ein einziges gefärbtes Präparat ist sehr teuer und ob es bei ihm – angeblich wegen kurzer Kontaktzeit zwischen Chlorhexidin und dem Farbstoff – nicht doch zu einer Reaktion der beiden kommt mit Wirkungsabschwächung der Desinfektion, ist zumindest nicht sicher. Das einzige gefärbte Präparat auf alkoholischer Basis enthält als Wirkstoff für die remanente Wirkung PVP-Jod. PVP-Jod wird aber partiell kritisch gesehen wegen Kontraindikationen bei Schilddrüsen-Erkrankungen. Allerdings gibt es Untersuchungen die diese Sorge nicht bestätigen (Entwicklung, Eigenschaften und Bedeutung von PVP-lod ; G. Görtz, K. Reimer, H. Neef 27497). Derzeit ist also vor allem die Industrie gefragt, ein größeres Angebot auf den Markt zu bringen.
  • Erst nach der Antiseptik des OP-Feldes soll das Operationsgebiet steril abgedeckt werden.
  • Nach Abschluss der Zwischendesinfektion soll mit der Vorbereitung der folgenden Operation begonnen werden. Dies betrifft selbstverständlich auch die Aktivitäten der Anästhesisten. Steril gerichtete Tische sollen mit sterilen Tüchern abgedeckt werden, bevor andere Aktivitäten im OP-Saal stattfinden (z. B. Lagerung, Narkoseeinleitung).
  • Es wird ausgeführt, dass eine Surveillance von Wundinfektionen verpflichtend sei (Kategorie 1A/IV). Diese kann sich auf Indikator-OPs beschränken. Hierzu wird die Zukunft zeigen, ob das QS-Modul zu postoperativen Wundinfektionen so valide Daten liefern wird, dass dieses Modul hierfür eingesetzt werden kann.

Im Hinblick auf die baulichen Strukturen werden viele Möglichkeiten offen gelassen:

  • Bodeneinläufe sind nicht mehr grundsätzlich verboten, sondern es müssen Techniken gewählt werden, die eine Kontamination der Umgebung verhindern.
  • Falls Instrumententische nicht im OP vorbereitet werden, muss dies in einem gesonderten Raum (Vorbereitungsraum für Instrumententische) geschehen, in dem mindestens die gleichen hygienischen Luftbedingungen wie im OP herrschen.
  • Die Personalumkleide muss in rein und unrein getrennt sein, wobei auch eine funktionelle Trennung ausreichen kann.

Zur Lüftung finden sich folgende Ausführungen:

  • Sofern die OP-Abteilung mit einer Raumlufttechnischen Anlage ausgestattet ist, ist diese regelmäßig zu warten.
  • In OP-Räume und gegebenenfalls Vorbereitungsräume für das Herrichten von Instrumentiertischen muss dreifach gefilterte Luft eingeleitet werden.
  • Die OP-Säle haben Überdruck gegenüber allen Nebenräumen.
  • Geräte mit eigenständigen Lüftungen (z. B. Hypothermiegeräte) sind so zu positionieren beziehungsweise zu gestalten, dass von ihnen keine eigene Kontaminationsgefahr ausgeht.
  • Aus der Nutzung von TAV-Decken ergebe sich kein eigener infektionspräventiver Effekt (Kat. II). Allerdings haben die hierfür zugrunde gelegten Studien keine Evidenz und sind invalide – auch die KRINKO weist auf Limitationen hin. Gleichzeitig wird dann aber im Textteil der KRINKO-Empfehlung ausgeführt, dass eine signifikante Reduktion der Erreger und Partikellast im Schutzbereich von TAV-Decken belegt ist, ebenso im Raumhintergrund.
  • Die DGKH hält an einer Ausführung von RLT-Anlagen gemäß DIN 1946/4 fest (Stellungnahme der DGKH, Kongress 2018).

Die Ausführungen zu Operationen mit geringem SSI-Risiko lassen viele Möglichkeiten offen. Insbesondere wird in der Dermatologie bei kleineren Eingriffen nicht unbedingt ein steriler Schutzkittel, Haarschutz und Mund-Nasenschutz gefordert. Vielmehr richtet sich dies nach „Art der Operation und… Größe des Operationsfeldes“.

Im Hinblick auf die ständig genannten Bundles wird ausgeführt, dass meistens adäquate Haarentfernung, Kontrolle des Blutglukosespiegels und Normothermie dazu gehören.

Die Kenntnisnahme der gesamten Kommissions-Empfehlung ist für Operateure empfehlenswert.

Der Kurztipp gibt die Meinung der Autoren wieder.

Popp W, Zastrow KD: Hygiene-Tipp: Prävention postoperativer Wundinfektionen. Passion Chirurgie. 2018 September; 8(09): Artikel 04_06.

Autoren des Artikels

Profilbild von Walter Popp

Prof. Dr. med. Walter Popp

Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktieren
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Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow

Chefarzt des Hygiene-Instituts der REGIOMED-Kliniken Bayern/ Thüringen kontaktieren

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