01.11.2021 Wissen
Hygiene-Tipp: OP-Abteilung oder Eingriffsraum?
Immer wieder stellt sich – gerade beim ambulanten Operieren – die Frage, ob man eine OP-Abteilung braucht oder ob ein Eingriffsraum reicht. Die Unterschiede sind gewaltig: Die OP-Abteilung muss vom restlichen Teil des Krankenhauses oder der Praxis abgeteilt sein, der Eingriffsraum kann an einem Flur liegen. Bisher wurde zur Entscheidungsfindung meist die KRINKO-Empfehlung von 1997 (Anhang zur Anlage zu Ziffern 5.1 und 4.3.3 – Anforderungen der Hygiene beim ambulanten Operieren in Krankenhaus und Praxis – Bundesgesundheitsbl. 40 (1997): 361-365) herangezogen, die seit 2018 nicht mehr gilt. Außerdem hat sich seitdem viel getan und neue operative Methoden sind dazu gekommen.
Unter dem Begriff Eingriff werden in der Regel operative Interventionen verstanden, bei denen im Unterschied zu Operationen nur ein geringes Wundinfektionsrisiko mit dem Eingriff verbunden ist. Die KRINKO spricht in ihrer Empfehlung „Prävention postoperativer Wundinfektionen“ (2018) von Operationen mit geringem Wundinfektionsrisiko und nennt beispielhaft kleine Eingriffe an der Haut/Subkutis, am Auge, in der Mund-, Kiefer-, Stirnhöhle, Endoskopien von Körperhöhlen, Abszesseröffnungen und interventionelle radiologische und kardiologische Eingriffe.
Während Operationen in einem OP-Saal durchgeführt werden, reicht bei Eingriffen ein Eingriffsraum aus. Die neue DGKH-Leitlinie „Bauliche und funktionelle Anforderungen an Eingriffsräume“ erläutert die aktuellen Vorgaben der KRINKO und präzisiert die Anforderungen, die an einen Eingriffsraum und die ihm zugeordneten Nebenräume gestellt werden. Hierbei wird detailliert auf Aspekte wie Raumlufttechnik, Raummaße, Wand- und Bodengestaltung, Möbelbeschaffenheit, Umkleide, Waschplatz sowie Ver- und Entsorgung eingegangen.
Die Leitlinie verweist auf aktualisierte Listen zur Einteilung von Operationen und Eingriffen, beispielsweise vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LaGuS) Mecklenburg Vorpommern oder von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern, wobei letztgenannte Liste besonders detailliert ist. Hier werden die im KV-ärztlichen Bereich durchgeführten Operationen und Eingriffe in 3 Kategorien eingeteilt. Danach können anhand der Liste operative Interventionen
- der Kategorie A (entspricht Operationen) einem Operationstrakt,
- der Kategorie B (entspricht invasiven Eingriffen bzw. Operationen mit geringem Wundinfektions-Risiko) einem Eingriffsraum
- und der Kategorie C (entspricht invasive Maßnahmen bzw. Operationen mit noch geringerem Wundinfektions-Risiko), einem Untersuchungs- und/ oder Praxisbehandlungsraum
zugeordnet werden. Die Liste umfasst nahezu alle im ambulanten Bereich zu erwartenden Eingriffe der Inneren Medizin, Chirurgie, Gynäkologie, Urologie, Augenheilkunde, HNO-Heilkunde und Zahnmedizin.
Der Hygiene-Tipp im Auftrag der DGKH gibt die Meinung der Autoren wieder.
Tatzel J, Popp W, Jatzwauk L, Schmithausen R, Kohnen W,: Hygiene-Tipp: Wann OP-Abteilung und wann Eingriffsraum? Passion Chirurgie. 2021 November; 11(11): Artikel 04_05.
Autoren des Artikels
Prof. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktierenProf. Dr. rer. nat. et rer. medic. habil. Lutz Jatzwauk
Krankenhaushygiene/ UmweltschutzUniversitätsklinikum Carl Gustav Carus DresdenDr. med. Ricarda Schmithausen
KoordinationUniversitätsklinikum Bonn (UKB)Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit (IHPH)Dr. rer. nat. Wolfgang Kohnen
Stellvertretender Abteilungsleiter im Bereich Krankenhaushygiene, Krankenhaushygieniker, Beauftragter für das QualitätsmanagementAbteilung für Hygiene und InfektionspräventionUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzVorstand der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH)
Weitere Artikel zum Thema
24.04.2024 Politik
Editorial 04/2024: Cui bono?
Diese Ausgabe der Passion widmet sich (mal wieder) den Problemen des ambulanten Operierens. Nach Jahrzehnten strenger Abschottung zwischen der stationären und ambulanten Versorgungsebene ist tatsächlich mit Beginn des Jahres die sogenannte sektorengleiche Vergütung über den § 115f SGB V eingeführt worden.
22.04.2024 Vergütung
„Ausverkauf der Hernienchirurgie?“
Grundsätzlich begrüßt der Vorstand der Deutschen Herniengesellschaft (DHG) die Bemühungen zur sogenannten „Ambulantisierung“ auch der Hernienchirurgie. Diese Idee wurde schon vor nahezu 23 Jahren als ambulante DRGs erstmalig formuliert und seit vielen Jahren immer wieder thematisiert.
01.04.2024 Viszeralchirurgie
Akademie aktuell: Die Hernienschule – Rück- und Ausblick 2024
Inzwischen ist die Hernienschule erwachsen geworden. Vor 14 Jahren wurde die Idee geboren, einen standardisierten hernienspezifischen Weiterbildungskurs zu entwickeln. Der erste Hernie-kompakt Kurs fand direkt vor den Hernientagen im Januar 2011 in Berlin statt.
01.04.2024 Gefäßchirurgie
Der Fachkräftemangel in der Gefäßchirurgie – eine gemeinsame Aufgabe
Auch in der Gefäßchirurgie wird ein zunehmender Mangel an Fachärzten und Ausbildungsassistenten trotz einer kontinuierlich steigenden Anzahl an Ärzt:innen und Medizinstudierenden in Deutschland beklagt. Durch die bestehenden Lücken ist die Arbeitsbelastung der in der Klinik tätigen Kolleg:innen bei ungebrochenem Anstieg der Patient:innen mit Gefäßerkrankungen als angespannt zu bezeichnen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.