01.04.2017 Hygiene-Tipp
Hygiene-Tipp: Aufbereitung ausgewählter semikritischer Medizinprodukte

In letzter Zeit geraten zunehmend Medizinprodukte in den Fokus, die bisher von Seiten der Hygiene wenig oder nur unzureichend beachtet wurden. Dazu zählen beispielhaft Kontaktgläser und Tonometerköpfchen (Augenheilkunde), TEE-Sonden (Kardiologie), intrakavitäre Ultraschallsonden (Gynäkologie, Urologie, Proktologie) sowie HNO-Optiken.
Im Allgemeinen werden diese Medizinprodukte der Risikostufe „semikritisch A“ zugeordnet, wobei bei manchen auf Grund der Probleme bei der Aufbereitung „semikritisch B“ naheliegend erscheint.
Da solche Medizinprodukte auf Grund ihrer Kosten meist nicht in großer Zahl vorhanden sind und gleichzeitig ein hoher Patientendurchsatz besteht, werden viele dieser Gerätschaften unzureichend gereinigt und desinfiziert, oft mit verkürzter Einwirkzeit bzw. mit unzureichendem Wirkungsspektrum des Desinfektionsmittels. Nicht selten erfolgt die Aufbereitung im Untersuchungsraum und mit Desinfektionstüchern bzw. -verfahren, die nur für eine Flächendesinfektion gelistet sind, obwohl es sich um eine Instrumentendesinfektion handelt. Oft fehlt der vorgeschriebene vorgeschaltete Reinigungsschritt gänzlich. Es muss deutlich darauf hingewiesen werden, dass alle Medizinprodukte nur nach validierten Verfahren aufbereitet werden dürfen (MedBetreibVl).
Wenn die Ärzte (Betreiber oder angestellt) die Aufbereitung selbst durchführen, verfügen sie meist nicht über die erforderliche Fachkunde bzw. Sachkunde. Ohne diese Voraussetzung darf die Aufbereitung nicht durchgeführt werden. Die Medizinprodukte werden weiterhin oft „vor Ort“, z. B. in direkter Nähe zum Patienten-Untersuchungsplatz, aufbereitet, obwohl die KRINKO/BfArM-Empfehlung (2012) schon für die Aufbereitung von „semikritisch A‘-Medizinprodukten einen eigenen Bereich fordert, bei Einstufung nach „semikritisch B“ sogar eigene Aufbereitungsräume. Eine Aufbereitung im Untersuchungsraum in direkter Nähe zum Untersuchungsplatz scheidet damit aus.
Immer ist auch zu prüfen, ob nicht Einmalmaterial zur Verfügung steht (z. B. Tonometerköpfchen).
Generell gilt für die Aufbereitung auch dieser Produkte:
- Vor Kauf sind die Herstellerangaben zu beachten, insbesondere im Hinblick auf die Aufbereitung. In diesen müssen die einzelnen Schritte der Aufbereitung, einschließlich der vom Hersteller als wirksam geprüften Reinigungs- und Desinfektionsmittel, mit ihren Konzentrationen und Einwirkzeiten genannt sein.
- Der Nachweis der Wirksamkeit sowohl der Reinigung als auch der Desinfektion muss durch Gutachten belegt sein.
- Diese sind dahingehend kritisch zu prüfen, inwieweit die vom Hersteller genannten Angaben den deutschen Vorschriften, insbesondere der KRINKO-/ BfArM-Empfehlung zur Aufbereitung von Medizinprodukten (2012), entsprechen. Wenn dies nicht der Fall ist, sind beim Hersteller weitere Informationen einzuholen.
- Wenn die zur Verfügung gestellten Unterlagen sich als unzureichend herausstellen, muss dies zu einer Meldung beim BfArM führen.
- Wenn mehrere Möglichkeiten der Aufbereitung angegeben werden, ist die sicherste Methode anzuwenden. Dies ist im Allgemeinen die maschinelle Form in einem Reinigungs-Desinfektionsgerät, falls sie möglich ist.
- Sowohl für einen maschinellen als auch manuellen Aufbereitungsprozess muss vom Betreiber ein validierter Prozess erstellt werden.
- Die in dieser Validierung erstellten Aufbereitungsvorschritten sind schriftlich niederzulegen in einem gelenkten Dokument, wobei immer die Herstellerangaben einfließen müssen.
- Jeder, der die Aufbereitung durchführt, muss über die erforderliche Fach- bzw. Sachkunde verfügen. Dies gilt auch für Ärzte (Betreiber oder angestellt), falls sie selbst Medizinprodukte aufbereiten.
Zur Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit müssen alle Aufbereitungsschritte dokumentiert werden. Die Flächendesinfektion/ Reinigung mit Fertigtüchern stellt keine anerkannte Form der Instrumentendesinfektion dar.
Medizinprodukte sollen nur noch beschafft werden, wenn vor dem Einkauf mit der ZSVA/AEMP und/oder der Krankenhaushygiene abgeklärt worden ist, dass diese Medizinprodukte mit den im Krankenhaus bzw. in der Organisation verfügbaren Aufbereitungsmaßnahmen gereinigt, desinfiziert und ggf. sterilisiert werden können.
Dieses gilt selbstverständlich auch für den niedergelassenen Bereich.
Der Kurztipp gibt die Meinung des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene wieder.
Popp W. / Zastrow K.-D. Hygiene-Tipp: Aufbereitung ausgewählter semikritischer Medizinprodukte. Passion Chirurgie. 2017 April; 7(04): Artikel 04_05.
Autoren des Artikels

Prof. Dr. med. Walter Popp
Ärztlicher LeiterHyKoMed GmbHVizepräsident der Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene e.V. (DGKH) kontaktieren
Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow
Chefarzt des Hygiene-Instituts der REGIOMED-Kliniken Bayern/ Thüringen kontaktierenWeitere Artikel zum Thema
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