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Die Arbeitswelt für die Chirurginnen und Chirurgen hat sich in den letzten Jahren in vielerlei Sicht geändert. So gab es bis vor etwa 10 Jahren eigentlich nur zwei nennenswerte Tätigkeitsfelder zur Versorgung von chirurgischen stationären Patienten, nämlich entweder als angestellter Arzt des Krankenhauses oder als niedergelassener Vertragsarzt mit Belegarztstatus. Zwischenzeitlich aber haben sich durch das Vertragsarztänderungsgesetz und befördert durch personelle Engpässe als Auswirkung des zunehmenden Ärztemangels in den Hauptabteilungen der Krankenhäuser eine ganze Reihe von neuen Betätigungsmöglichkeiten ergeben. Neben dem Belegarzt und dem angestellten Arzt treten auch in zunehmendem Maße Honorar- oder Konsiliarärzte in Erscheinung.

Umfrage bei Chefärzten in 2010

In der August-Ausgabe 2010 unser Verbandszeitschrift „Der Chirurg BDC“ wurde der Status der honorarärztlichen Tätigkeit in Deutschlands chirurgischen Abteilungen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Grundlage war eine Befragung von leitenden Ärzten chirurgischer Hauptabteilungen zu diesem Thema. In erster Linie wurde dabei das Zusammenarbeiten der Honorarärzte mit den Krankenhauschirurgen untersucht. Dabei ging es um Fragen der Kollegialität, der Häufigkeit der Anforderungen honorarärztlicher Tätigkeiten und der Gründe dafür, aber auch um die finanziellen Auswirkungen. Insgesamt ging es also darum, den Stellenwert der honorarärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus in Deutschland am Ende der ersten Dekade des neuen Jahrtausends zu beschreiben. Die Resonanz auf diese Umfrage war groß und auch das Interesse, das diesem Komplex auf den chirurgischen Fachkongressen gegenwärtig beigemessen wird, zeigt die Aktualität dieses Themas.

Umfrage bei Niedergelassenen 2011

Die zum Teil rasante Entwicklung der neuen Betätigungsfelder machte es auch aus Sicht der niedergelassenen Vertragsärzte erforderlich, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. So vertritt der BDC einen Großteil der vertragsärztlich tätigen Chirurgen, allerdings ist uns über die konkrete Tätigkeit unserer Mitglieder und daraus ableitend auch über die daraus resultierenden Bedürfnisse nur wenig bekannt.

Das Referat Niedergelassene Chirurgen im BDC hatte daraufhin im Rahmen einer Klausurtagung im Frühjahr 2010 beschlossen, einen Arbeitskreis zum Thema Honorar- und Belegärzte zu gründen. Dieser Arbeitskreis soll sich für die Belange aller chirurgischen Vertragsärzte einsetzen, die neben ihrer ambulanten Tätigkeit auch an der stationären Versorgung von Patienten teilnehmen. Dieser Anspruch aber kann nur dann sinnvoll in die Tat umgesetzt werden, wenn bekannt ist, wie die konkrete Arbeitswelt unserer Mitglieder aussieht.

Aus diesem Grund war es somit erforderlich, eine Ist-Analyse zu veranlassen.

Dem folgend, wurde ein Fragenkatalog konzipiert, der auf dem Server des BDC online gestellt wurde. Jedes niedergelassene Mitglied im BDC wurde durch ein persönliches Einladungsschreiben gebeten, an der Online Umfrage teilzunehmen. Dazu bestand Gelegenheit zwischen Mitte Oktober 2010 und Ende März 2011.

Definition Honorararzt und Konsiliararzt

Bevor die einzelnen Untersuchungsergebnisse vorgestellt und diskutiert werden, erscheint es hilfreich, zunächst einige Begrifflichkeiten zu definieren. Insbesondere deswegen, da die Termini Honorararzt und Konsiliararzt oftmals synonym gebraucht werden und man oft auch eine exakte Trennung zwischen einem Beleg- oder Honorararzt nicht findet.

Nach Wikipedia ist ein Belegarzt ein niedergelassener Arzt, der einige Betten (Belegbetten) in einem Krankenhaus, im Regelfall der Grund- und Regelversorgung, mit eigenen Patienten belegen darf. Die Voraussetzung zum Belegarzt ist somit die Niederlassung im Rahmen des Vertragsarztrechtes. Auch angestellte Ärzte in einem MVZ können als Belegarzt tätig werden. Die Tätigkeit des Belegarztes ist somit dadurch charakterisiert, dass er seine eigenen Patienten stationär behandelt. In der Regel wird der Patient in der Vertragsarztpraxis des Belegarztes vorstellig und dort wird von diesem die Indikation zur Operation gestellt. Die gesamte stationäre Versorgung inklusive Operation und postoperativer Visiten erfolgt ebenso durch den Belegarzt wie auch die postoperative ambulante Nachsorge. Gegebenenfalls kann diese an den zuweisenden Vertragsarzt delegiert werden. Das Honorar des Belegarztes generiert sich ausschließlich nach Abrechnungspositionen des EBM und wird vergütet über die zuständige kassenärztliche Vereinigung.

Bezüglich des Honorararztes findet sich in Wikipedia die Definition, dass es sich dabei um Ärzte handelt, die als Freiberufler bei wechselnden Auftraggebern (meist Praxen und Kliniken) tätig werden. Dem gegenüber findet der Begriff des Konsiliarztes häufig im Krankenhaus Anwendung, wenn von einem Arzt einer anderen Fachrichtung ein Konsil angefordert wird. Der beauftragte Arzt (Konsiliarius) legt dann seine Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie schriftlich nieder.

Folgt man in dieser Definition, so sollte für den operativ tätigen Chirurgen sinnvollerweise allein der Terminus Honorararzt gebraucht werden.

Was charakterisiert nun einen Honorararzt und unterscheidet diesen vom Belegarzt? Zunächst einmal ist der Honorararzt genauso wie sein belegärztlicher Kollege Facharzt. Darüber hinaus kann es sich beim Honorararzt sowohl um einen niedergelassenen Chirurgen als auch um einen an anderer Stelle angestellten Chirurgen handeln, der im Rahmen einer Nebentätigkeit in einem bestimmten Krankenhaus tätig wird. Zudem ist die Möglichkeit denkbar, dass die honorarärztliche Tätigkeit den Hauptberuf darstellt, z. B. bei einem emeritierten Chef oder ehemaligen Oberarzt. Dem folgend gibt es auch bezüglich des Versorgungsstatus ein sehr buntes Bild. So kann der Honorararzt sowohl seine eigene Patienten operieren als auch ihm vorher nicht bekannte Patienten des Hauses. Die weitere Betreuung nach der erfolgten Operation kann sowohl in den Händen des Honorararztes als auch der hauptamtlich beschäftigten Fachkollegen des Hauses liegen. Die Honorierung erfolgt in jedem Falle durch das Haus, generiert sich also aus der Hauptabteilungs-DRG.

Umfrageergebnisse 2011

Wie sieht nun die Wirklichkeit aus? Bei der Umfrage haben sich insgesamt 389 Beleg- und Honorarärzte beteiligt, das entspricht 18,2 % der niedergelassenen Mitglieder des BDC. Etwa 33% der Teilnehmer waren Belegärzte, 57 % entfielen auf Honorarärzte und 10 % der Teilnehmer waren beides. Die allermeisten der Beleg- und Honorarärzte waren in maximal zwei Kliniken tätig. Ausreißer waren zwei Honorarärzte, die in sieben und mehr Kliniken operierten.

Abb. 1: An wie vielen Kliniken sind Sie als Honorar- oder Belegarzt tätig?

Interessanterweise ergab sich bezüglich der Versorgung der Patienten ein nicht so unterschiedliches Bild, wie es zuvor vermutet wurde. Bei den Belegärzten wurde erwartungsgemäß festgestellt, dass die gesamte Versorgung von der Indikationsstellung bis zur Rehabilitation in ihren Händen liegt, so ist es ja auch im Vertragsarztsystem vorgesehen. Bei den Honorarärzten stellte sich heraus, dass immerhin 92 % ihre eigenen Patienten operieren und nur zu einem geringen Ausmaß ihnen vorher nicht bekannte Patienten des Hauses. Darüber hinaus wird sowohl die stationäre Betreuung als auch die ambulante Nachsorge zu einem großen Anteil von den Honorarärzten selber durchgeführt. So visitieren die Honorarärzte in 69 % der Fälle ihre operierten Patienten selber und in 95 % der Fälle wurde die ambulante Nachsorge in eigener Verantwortung durchgeführt. Gleiches gilt für das Komplikationsmanagement. So versorgen 90 % der Honorarärzte aufgetretene Komplikationen selber. Diese Zahlen belegen, dass die niedergelassenen Honorarärzte mit großer Verantwortung die ihnen anvertrauten Patienten behandeln und ähnlich hohe Standards ansetzen, wie bei der belegärztlichen Versorgung.

Die Vergütung erfolgt bei den Belegärzten erwartungsgemäß über die kassenärztliche Vereinigung nach EBM. Die Honorarärzte erhalten ihre Honorare zu 37 % aus dem operativen Anteil der InEK-Kalkulation aus der DRG heraus. Die überwiegende Anzahl (48 %) verhandelte das Honorar frei mit dem Krankenhaus.

Abb. 2: Wie erfolgt die Vergütung Ihrer Tätigkeit als Honorar- oder Belegarzt?

Bezüglich der zukünftigen Vergütung wünscht sich eine knappe Mehrheit eine Orientierung an der DRG. 43 % der Honorarärzte sind mit der Situation zufrieden, die Vergütung selbst verhandelt zu haben. Bemerkenswerterweise wollen auch die Belegärzte weg von der Vergütung aus dem KV-System. So wünschen sich 63 % der belegärztlichen Vertragsärzte eine Vergütung in Anlehnung an die DRG – sicherlich kein Vertrauensbeweis für den Kollektivvertrag und das sich daraus ergebende Sachleistungsprinzip.

Abb. 3: Wie soll die Vergütung von Beleg- oder Honorarärzten zukünftig aussehen?

Konsequenzen für die berufspolitische Arbeit des BDC

Zusammengefasst widersprechen die Ergebnisse der Online-Umfrage des BDC der allgemeinen Einschätzung, dass Honorarärzte im Regelfall ihnen nicht bekannte Patienten des Hauses spezialärztlich versorgen und sich dann weitestgehend an der Nachsorge nicht beteiligen. Zumindest für die niedergelassenen Honorarärzte im BDC gilt ein anderes Bild: Die Operateure kümmern sich mit ihrer fachärztlichen Kompetenz über die gesamte prä-, intra- und postoperative Behandlungsstrecke um ihre Patienten und dies mit ähnlich hohem Engagement und Verantwortung, verglichen mit den belegärztlichen Kollegen.

Bei der Vergütung stellen sich die Mitglieder überwiegend eine Orientierung an der DRG-Pauschale vor. Diese Ansicht wird vom BDC schon lange vertreten. Hier gibt es aber eines zu beachten: Wandelt sich ein Beleg- in ein Hauptabteilungshaus um, so wird aktuell der ärztliche Anteil der DRG um 20 % reduziert. Dies bedeutet dann aber, dass für das ärztliche Honorar oftmals weniger übrig bleibt als bei Vergütung über EBM im Belegarztsystem. Konsequenterweise vertritt der BDC die Forderung, eben diesen Abschlag fallenzulassen.

Checkliste Honorararzt-Verträge

Darüber hinaus wurde von den Mitgliedern der Wunsch geäußert, Musterverträge von Seiten des BDC zu entwickeln. Dabei gibt es allerdings zu bedenken, dass Musterverträge immer ein recht enges Korsett vorgeben und oft den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht werden können. So stellt es einen erheblichen Unterschied dar, ob ein Honorararzt gesucht wird, um seine eigenen Patienten zu operieren oder ob ein Spezialist benötigt wird, der Eingriffe am Haus vornimmt, die von den Kollegen der Hauptabteilung nicht beherrscht werden. Angehenden Honorarärzten wird daher empfohlen, zunächst eigenständig zu verhandeln und danach ihre Verträge dem Justitiar des BDC zwecks rechtlicher Prüfung vorzulegen.

Um Verhandlungen mit den Krankenhäusern zu erleichtern und eine erste Orientierung zu geben, hat der Arbeitskreis Beleg- und Honorarärzte eine Checkliste erarbeitet:

  • Honorierung in Anlehnung an den ärztlich kalkulierten DRG-Anteil der InEK-Kalkulation
  • bei Umwandlung von Belegabteilung in Hauptabteilung darauf bestehen, dass das Honorar nicht niedriger ausfällt als nach EBM
  • keine Beteiligung an OP- oder Schreibkosten
  • Klarstellung des Weisungsrechtes des Chefarztes bzgl. Dienst, OP-Zeit usw.
  • Die Freiberuflichkeit muss gewahrt bleiben
  • Cave Verpflichtung zu Konsilen: Diese müssen entweder gesondert vergütet werden oder aber müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den operierten Leistungen und dem damit erbrachten Honorar stehen.
  • Haftpflichtversicherung für stationäre Leistungen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Hauses

Schmitz R. Honorar- und belegärztliche Tätigkeit des niedergelassenen Chirurgen. Passion Chirurgie. 2011 Oktober; 1(10): Artikel 04_01.

Autor des Artikels

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Dr. med. Ralf W. Schmitz

Vorsitzender Landesverband BDC|Schleswig-HolsteinMVZ Chirurgie KielSchönberger Str. 1124148Kiel kontaktieren

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