01.11.2022 BDC|News
Editorial: Handchirurgie

Zur Ausgabe Handchirurgie 11/2022
Die existenzielle Bedeutung einer einwandfreien Funktion der eigenen Chirurgenhände ist einem bei der täglichen Hektik und Routine im Operationssaal und in der Praxis gelegentlich nicht bewusst. So sehr auch die Technisierung und die Robotik in der Chirurgie voranschreiten, so ist doch die eigentliche buchstäblich manuelle Tätigkeit bei den Operationen in hohem Maße vom geschickten Einsatz unserer Hände abhängig. Nicht umsonst schließen wir daher Unfallversicherungen mit einer besonderen Gliedertaxe ab, um Funktionsausfälle der Finger oder einer ganzen Hand zumindest finanziell abzusichern. Somit sind wir im Bereich der Handchirurgie nicht nur Agierende, sondern potenziell auch besonders stark Betroffene.
Entsprechend dieser Bedeutung ist es nicht überraschend, dass sich die Handchirurgie in den letzten Jahrzehnten als gesonderter Bereich in der Chirurgie mit einer eigenen wissenschaftlichen Fachgesellschaft etabliert hat, dies formal als wesentlicher Weiterbildungsinhalt der Säule „Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie“. Aber auch die Zusatzweiterbildung Handchirurgie erfreut sich großer Beliebtheit und ist in die aktuelle Musterweiterbildungsordnung übernommen worden. An vielen Krankenhäusern und Universitätskliniken sind Fachabteilungen für Handchirurgie eingerichtet worden. Dies ist auch sinnvoll, denn es ist kaum vorstellbar, im OP-Programm nach einem TEP-Wechsel anschließend eine Nerventransplantation unter mikrochirurgischen Bedingungen durchzuführen. Auch die Berufsgenossenschaften spiegeln die Bedeutung der Finger- und Handverletzungen durch ein gesondertes handchirurgisches Durchgangsarztverfahren und durch den großen Anteil von Handverletzungen im Schwerstverletztungsartenverfahren (SAV) wider. Der EBM für die niedergelassenen Chirurgen weist aktuell und auch in der anstehenden Neufassung des Kapitels 7 spezielle Abrechnungsziffern auf, die nur Handchirurgen zugänglich sind.
Entsprechend dieser Bedeutung widmet der Berufsverband der Deutschen Chirurgie der Handchirurgie das vorliegende Schwerpunktheft. Aus der Klinik meines Kollegen und Freundes Peter Vogt erfahren wir Aktuelles zur Bedeutung von Sportverletzungen an der Hand. Infolge der Quintessenz sollten wir unsere Kinder und Enkelinnen noch einmal eindringlich auf das besonders hohe Verletzungsrisiko im Reitsport hinweisen.
Ein hoher Prozentsatz handchirurgischer Operationen lässt sich grundsätzlich ambulant durchführen. Im Zuge der aktuellen Diskussion über die „Ambulantisierung“ gehören diese zu den Paradebeispielen für das ambulante Potenzial. Zu den Zeiten meiner eigenen handchirurgischen Weiterbildung 1988 blieben Dupuytren-Patienten mindestens eine Woche stationär, heute operieren wir sie regelmäßig in unseren Praxisräumen ambulant mit gleich guter Sicherheit und Qualität. Karsten Becker weist in seinem Beitrag allerdings zu Recht darauf hin, dass die Erlöslage unter den geltenden Bedingungen des EBM betriebswirtschaftlich allenfalls marginal tolerabel ist, dies für Praxen und Krankenhäuser gleichermaßen. Wenn wir die Verlagerung von bisher stationär durchgeführten Operationen fördern wollen, kann dies nur mit entsprechenden finanziellen Anreizen gelingen. Aus Sicht unseres Berufsverbandes und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie muss aber zuvor unbedingt das Problem der Verlagerung des größten Teils von Weiterbildungseingriffen in den ambulanten Bereich gelöst werden. Nicht, dass wir in 10 Jahren mit einer erfolgreich umgesetzten Ambulantisierung, jedoch ohne chirurgischen Nachwuchs dastehen.
Viel Freude und Erkenntnisgewinn bei der Lektüre der aktuellen Passion Chirurgie wünscht Ihnen
Peter Kalbe
BDC-Vizepräsident
Kalbe P: Editorial Handchirurgie. Passion Chirurgie. 2022 November; 12(11): Artikel 01.
Autor des Artikels

Dr. med. Peter Kalbe
Vizepräsident des BDCGelenkzentrum SchaumburgStükenstraße 331737Rinteln kontaktierenWeitere aktuelle Artikel
08.12.2017 BDC|News
Gemeinsame Stellungnahme zur Schulterstudie
Die aktuell im Lancet veröffentlichte pragmatische, randomisierte multizentrische CSAW-Studie („Can Shoulder Arthroscopy Work?“) zum Nutzen einer arthroskopischen Dekompression bei Patienten mit mehr als drei Monaten bestehenden subakromialen Schulterschmerzen, welche keinen Vorteil einer chirurgischen „Placebo“-Intervention gegenüber einem operativen Standard (subakromiale Dekompression), sehr wohl jedoch gegenüber einer Kontrollgruppe ohne spezifische Behandlung zeigt, hat kurz nach der Veröffentlichung eine journalistisch sicher wünschenswerte, medizinisch aber zweifelhafte Mediendebatte angestoßen.
01.12.2017 Akademie aktuell
Das Jahresprogramm 2018 der BDC|Akademie
Die BDC|Akademie heißt alle Chirurginnen und Chirurgen mit ihrem aktuellen Programm für 2018 herzlich willkommen. Unverändert ist es die Kernaufgabe der BDC|Akademie, Chirurginnen und Chirurgen aller Fachdisziplinen ein umfassendes und hochwertiges Angebot chirurgischer Fort- und Weiterbildung zu bieten.
27.11.2017 BDC|News
BDC|Mecklenburg-Vorpommern: Jahrestreffen 2017
Zur Mitgliederversammlung des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern laden wir Sie recht herzlich nach Greifswald ein. Diesmal wollen wir uns einerseits mit der Perspektive der Allgemeinchirurgie in den Praxen sowie den Häusern der Grund- und Regelversorgung beschäftigen.
25.11.2017 BDC|News
Umfrage: Raumkognition beim laparoskopischen Lernen
An der Universität Bremen wird derzeit eine Online-Umfrage zu 'Raumkognition beim laparoskopischen Lernen’, in Zusammenarbeit mit dem BDC, durchgeführt. Der Fragebogen ist Teil eines Forschungsprojekts (von Tina Vajsbaher, Universität Bremen), das das Ziel hat den Zusammenhang zwischen räumlich-kognitiven Faktoren einerseits und der erfolgreichen Durchführung laparoskopischer chirurgischer Eingriffe andererseits genauer zu untersuchen.
Lesen Sie PASSION CHIRURGIE!
Die Monatsausgaben der Mitgliederzeitschrift können Sie als eMagazin online lesen.