Die gesetzlichen Krankenkassen haben im Jahr 2017 einen Überschuss von rund 3,15 Milliarden Euro erzielt. Dieser Überschuss lag damit nahezu doppelt so hoch wie im Vorjahr (2016: 1,62 Milliarden Euro). Die Finanzreserven der Krankenkassen stiegen damit bis Ende 2017 auf rund 19,2 Milliarden Euro. Die durchschnittliche Finanzreserve sämtlicher Krankenkassen beträgt etwa eine Monatsausgabe und liegt damit viermal so hoch wie die gesetzlich vorgesehene Mindestreserve.
Einnahmen in Höhe von rund 233,72 Milliarden Euro standen Ausgaben von rund 230,56 Milliarden Euro gegenüber. Damit sind die Einnahmen der Krankenkassen um 4,3 Prozent und die Ausgaben insgesamt um 3,5 Prozent gestiegen.
Zu Beginn der neuen Legislaturperiode ist die GKV finanziell gut aufgestellt. Die konjunkturellen Rahmenbedingungen stimmen, die Ausgabenentwicklung dürfte in diesem Jahr moderat verlaufen und der derzeit von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz ist höher als der zur Deckung der voraussichtlichen Ausgaben erforderliche durchschnittliche Zusatzbeitragssatz. Gleichwohl steht unser Gesundheitswesen in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen. Die Verbesserung der Gesundheitsversorgung, bessere Arbeitsbedingungen in der Krankenpflege, die notwendigen Investitionen in die Digitalisierung und damit in die Modernisierung unseres Gesundheitswesens werden mit steigenden Ausgaben verbunden sein. Diesen Herausforderungen muss mit einer nachhaltigen und starken Finanzierungsbasis begegnet werden.
Günstige Finanzentwicklung entlastet Beitragszahler
Das Bundesministerium für Gesundheit hat den durchschnittlichen ausgabendeckenden Zusatzbeitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung auf Grundlage der Prognose des Schätzerkreises für das Jahr 2018 von 1,1 auf 1,0 Prozent abgesenkt. Nur ein Teil der Krankenkassen hat die vorhandenen Möglichkeiten zu Senkung ihres Zusatzbeitragssatzes genutzt. Der tatsächlich erhobene Zusatzbeitragssatz lag zum 1. Januar 2018 bei 1,08 Prozent. Das zeigt, dass das Potenzial für Beitragssatzsenkungen nicht zuletzt unter Berücksichtigung der erheblichen Finanzreserven zahlreicher Krankenkassen bislang nicht ausgeschöpft wurde.
Finanzentwicklung nach Krankenkassenarten
Finanzergebnisse nach vorläufigen Rechnungsergebnissen (amtl. Statistik KV 45)
Angaben in Mio. Euro
Zeitraum/Kassenart | gesamt | AOK | EK | BKK | IKK | LKK | KBS |
1.-4. Quartal 2017 (vorläufig KV 45) | 3.153 | 1.449 | 1.117 | 295 | 174 | 16 | 102 |
1.-3. Quartal 2017 (KV 45) | 2.520 | 1.100 | 925 | 211 | 126 | 15 | 142 |
Jahresrechnungsergebnis (KJ1) | 1.621 | 1.000 | 343 | 131 | 54 | 24 | 69 |
Erstmals haben damit unter Berücksichtigung der Finanzentwicklung 2017 sämtliche der derzeit bestehenden 110 Krankenkassen die gesetzliche vorgegebene Mindestreserve bei den Betriebsmitteln und Rücklagen von 25 % einer durchschnittlichen Monatsausgabe überschritten.
Ergebnis des Gesundheitsfonds
Deutliche Abflachung der Ausgabenzuwächse
Bei deutlich steigenden Versichertenzahlen von rund 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum lagen die Ausgabenzuwächse je Versicherten 2017 bei rund 2,3 Prozent. Die Leistungsausgaben stiegen absolut um 3,6 Prozent (je Versicherten um 2,4 Prozent), die Verwaltungskosten gingen um -0,4 Prozent (je Versicherten um -1,6 Prozent) zurück. Dabei sind die Neuzugänge, die die GKV in jüngerer Zeit verzeichnen konnte, im Schnitt nicht nur jünger, sondern nehmen auch weniger Gesundheitsleistungen in Anspruch als die gleichaltrigen Bestandsversicherten. Auch dies hat zu einer Abflachung der Ausgabenzuwächse je Versicherten beigetragen.
Entwicklungen in den einzelnen Leistungsbereichen
In fast allen größeren Leistungsbereichen ist die Ausgabenentwicklung 2017 moderat verlaufen.
Im Bereich der vertragsärztlichen Behandlung stiegen die Ausgaben um rund 4,9 Prozent an. Bei den Ausgaben für die ärztliche Behandlung ist zu beachten, dass es ab 2017 bei einigen Kassenärztlichen Vereinigungen mit einem bislang vergleichsweise niedrigeren Gesamtvergütungsniveau auf Grund der sog. „Konvergenzregel“ zu höheren Vergütungen gekommen ist. Im Rahmen des Leistungsbereichs stiegen die Ausgaben für Hochschulambulanzen um 12,8 Prozent und für die psychotherapeutische Versorgung um 4,9 Prozent.
Bei den Ausgaben für zahnärztlichen Versorgung war der Anstieg deutlich niedriger. Er betrug bei zahnärztlicher Behandlung 1,9 Prozent, beim Zahnersatz 1,0 Prozent.
Die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen sind um 4,0 Prozent gestiegen. Die Zuwächse bewegen sich damit in etwa im Rahmen der durchschnittlichen Steigerungsrate der gesamten Leistungsausgaben. Die Einsparungen, die die Krankenkassen durch Vertragsrabatte mit pharmazeutischen Unternehmen erzielten, stiegen um 4,3 Prozent.
Die Ausgaben für Krankenhausbehandlung haben sich um 2,6 Prozent erhöht. Insgesamt erhielten die Krankenhäuser damit von den gesetzlichen Krankenkassen 2017 rund 1,9 Milliarden Euro höhere Finanzmittel als im entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Die Zuwächse beim Krankengeld, die bis zum Jahr 2015 häufig zweistellig waren, verlaufen mit einer Veränderungsrate von 5,2 Prozent ähnlich wie bereits im Vorjahr vergleichsweise moderat.
Überproportionale Zuwächse ergeben sich mit 4,5 Prozent bei den Ausgaben für Heilmittel. Hier sind Honorarerhöhungen der Heilmittelerbringer nach Inkrafttreten des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes ab dem 2. Quartal 2017 finanzwirksam geworden. Der Anstieg bei den Ausgaben für Hilfsmittel in Höhe von 2,8 Prozent ist demgegenüber deutlich niedriger.
Bei der häuslichen Krankenpflege ist nach vielen Jahren mit zumeist zweistelligen Zuwachsraten 2017 mit 6,3 Prozent erstmals ein deutlich geringerer Anstieg festzustellen.
Hohe Zuwächse bei Prävention sowie Hospiz- und Palliativversorgung
Bei den Ausgaben für Präventionsleistungen nach §§ 20 ff. SGB V verzeichneten die Krankenkassen 2017 gegenüber dem Vorjahreszeitraum einen weiteren Zuwachs von rund 6,5 Prozent, nachdem in diesem Bereich bereits 2016 ein Zuwachs von rund 49,3 Prozent erzielt wurde. Die Ausgaben für Leistungen zur primären Prävention nach dem Individualansatz gingen zwar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um -3,3 Prozent zurück, jedoch stiegen die Ausgaben für betriebliche Gesundheitsförderung um 8,5 Prozent und für die Prävention in nichtbetrieblichen Lebenswelten sogar um 21,4 Prozent. Die weiterhin erfreuliche Entwicklung gerade in den betrieblichen und nicht-betrieblichen Lebenswelten, also in den Bereichen, in denen wichtige Weichenstellungen für ein gesundheitsbewusstes Leben vorgenommen werden können (z. B. in Kitas, Schulen und Betrieben), ist in erster Linie auf das Präventionsgesetz zurückzuführen. Mit den Regelungen dieses Gesetzes wurden die Krankenkassen ab 2016 verpflichtet, ihr bisher sehr geringes Engagement in den Lebenswelten deutlich auszubauen. Nach den sehr hohen Zuwächsen im vergangenen Jahr setzt sich die erfreuliche Entwicklung auch im Jahr 2017 fort. Somit wurden die gesetzlich vorgegebenen Ausgaben-Sollwerte von mindestens 2,05 Euro je Versicherten für die Gesundheitsförderung in betrieblichen und nicht-betrieblichen Lebenswelten in diesem Jahr im Schnitt mit 2,15 Euro bzw. 2,10 Euro im Durchschnitt sogar überschritten. Gleiches gilt für die Ausgaben für die Unterstützung von Selbsthilfeorganisationen, bei denen die Ausgaben um 8,9 Prozent gestiegen sind.Bei der Hospiz- und Palliativversorgung haben die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen ebenfalls zu wesentlichen Leistungsverbesserungen beigetragen, die sich auch in deutlichen Ausgabenzuwächsen bemerkbar machen. So stiegen insbesondere die Ausgaben für die spezialisierte ambulante Palliativversorgung um rund 16,3 Prozent und die Zuschüsse der Krankenkassen für ambulante und stationäre Hospize um rund 8,8 Prozent. Im vergangenen Jahr gab es in diesen Bereichen sogar noch deutlich höhere Zuwachsraten. Insgesamt hat sich das Ausgabenvolumen für die Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung von 2013 bis 2017 von 214 Mio. auf 461 Mio. Euro erhöht und damit mehr als verdoppelt. Bei den Zuschüssen für Hospize stiegen die Ausgaben im gleichen Zeitraum von 130 auf 218 Mio. Euro.
Die Netto-Verwaltungskosten der Krankenkassen sind 2017 um -0,4 Prozent zurückgegangen. Vieles spricht dafür, dass dabei auch Synergieeffekte bei größeren Kassenfusionen eine Rolle spielen. Beim Rückgang der Verwaltungskosten ist auch zu berücksichtigen, dass im Vergleich zum Vorjahr in geringerem Umfang Alterungsrückstellungen für zukünftige Versorgungsleistungen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gebildet wurden. Auch die Erstattungen, die die gesetzlichen Krankenkassen als Ausgleich für Verwaltungskosten der Pflegekassen erhalten haben, sind deutlich gestiegen. Auch dies hat zur negativen Veränderungsrate in 2017 beigetragen.
Quelle: Bundesministerium für Gesundheit, Rochusstr. 1, 53123 Bonn, www.bundesgesundheitsministerium.de, 02.03.2018