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Donald Trump als US-Präsident ist ein Bild, das nur sehr schwer vorstellbar ist. Neben seiner Sprunghaftigkeit, seiner Neigung, Behauptungen zu Tatsachen zu erheben, und vor allem die Sorgen der US-Bevölkerung zu befeuern, ist im Wesentlichen seine Wirtschaftspolitik ein Risiko. Dies gilt insbesondere für Deutschland, dessen volkswirtschaftlicher Erfolg im Ausland erzielt wird. Dabei scheint Deutschland schon jetzt im Fokus der US-Behörden zu stehen: der Dieselskandal bei Volkswagen oder die hohe Forderung der USA gegenüber der Deutschen Bank.

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Der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump setzt bei seiner Wirtschaft auf alte Stärken der USA. Er will die USA u. a. durch eine auf kohlebasierte Energiepolitik und durch die Stahlproduktion wieder stärken. Die Produktionsstätten wurden vor allem nach Asien und Südamerika verlagert, um dem zunehmenden Kostendruck zu begegnen. Aber auch hier bietet Donald Trump eine Lösung, indem er die USA mit einem im Zeitalter der Globalisierung unbekannten Protektionismus schützen will. So sollen die USA nicht nur gegen Einwanderer, sondern auch gegen Importe nahezu hermetisch abgeriegelt werden.

Vordergründig klingt Trumps Ansatz logisch und nachvollziehbar. Schließlich sind die USA nicht nur die größte, sondern auch die wahrscheinlich am breitesten diversifizierte Volkswirtschaft der Welt. Daher könnte die US-Wirtschaft in der Theorie tatsächlich autark funktionieren. Schließlich gibt es in Europa, Asien oder Australien kein Produkt, das die USA nicht selbst herstellen können. Allerdings kann die dortige Qualität im Produktions- und Dienstleistungssektor vielfach nicht im internationalen Vergleich mithalten. Würde dieser Wettbewerb ausgeschaltet, so würde dieser Vergleich keine Rolle spielen.

Betrachtet man vor diesem Hintergrund manche Entscheidung der US-Justiz, könnte die Frage entstehen, ob tatsächlich mit gleichen Maßstäben gemessen wird. Der Skandal um den größten europäischen Automobilkonzern Volkswagen AG kann als ein schwerwiegendes moralisches Vergehen angesehen werden; mit ökologischen Versäumnissen hätte dies demnach wenig zu tun. Obwohl bis heute mehr als 50 Prozent der US-Energie aus teilweise technisch antiquierten Kohlekraftwerken kommen, ist es gelungen, die Dieseltechnologie (in der deutsche Innovationen führend sind) nahezu weltweit zu diskreditieren. Eine vergleichbare Energieeffizienz wird durch Elektromobilität – auch ohne Berücksichtigung der Entsorgungsrisiken der hochgiftigen Batterien – auch auf Sicht mehrerer Jahre nicht möglich sein. Dennoch wankt mit dem VW-Skandal die für Deutschland existenzielle Automobilindustrie in einer Zeit, in der die Zukunft Europas auf vielen Ebenen infrage steht.

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Ein Auslöser hierfür ist auch die Entscheidung der britischen Bevölkerung, die Europäische Gemeinschaft verlassen zu wollen. Dort wurde in einem Wahlkampf der fragwürdigen Argumente auch immer wieder auf eine mögliche Freihandelszone zwischen Großbritannien und den USA hingewiesen, die der amtierende US-Präsident Barack Obama scheinbar nur halbherzig ablehnte. Nun zeigen sich in Großbritannien deutliche Tendenzen einer Reindustrialisierung, die etwas an das Wirtschaftsprogramm von Donald Trump erinnern. Die Erfolgsaussichten des britischen Vorgehens sind aber ungleich höher, da sich der dortige Protektionismus vor allem auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit bezieht, sonst aber ein relativ freier Handel mit Kontinentaleuropa angestrebt wird. In dem derzeitigen Zustand der Europäischen Union werden hier vermutlich umfangreiche Zugeständnisse an Großbritannien folgen. Im Ergebnis könnte Großbritannien dann ein starker Wettbewerber zu anderen europäischen Staaten werden, hätte aber den Vorteil einer eigenen Währung. Hier hat die Bank of England schon gezeigt, wie gering die Hemmungen sind, Währungspolitik an wirtschaftliche Notwendigkeiten anzupassen.

Die USA hingegen verfügen – neben dem US-Dollar und einer teilweisen mutigen Notenbank– über ein noch wesentlich schärferes Instrument, das sie bereits unter dem zwar schwachen, aber als liberal einzustufenden US-Präsidenten Barack Obama ohne Zögern einsetzen: Strafzahlungen, die – zumindest in der Erstforderung – ein existenzbedrohendes Volumen erreichen. Dies war bei Volkswagen zu erleben und ist dort auch noch nicht ausgestanden, nachdem aktuell die US-Investmentgesellschaft Blackrock als Anleger erhebliche Forderungen gegen den Automobilkonzern geltend machen will. Wenn man das Motto von Barack Obama aus dem Jahr 2009 „buy American“ aus europäischer Sicht kritisch sehen konnte, erscheint die Strategie von Donald Trump, die sich am besten unter „USA only“ zusammenfassen lässt, sehr bedenklich. Schließlich richtet sich die nächste Milliardenforderung aus den USA gegen die Deutsche Bank AG als letztes weltweit bedeutendes, aber eben nicht angelsächsisches Kreditinstitut. So sehr die Auswüchse im Investmentbanking, das die Deutsche Bank AG über viele Jahre international mitgeprägt hat, kritisieren werden können, so wichtig ist es für die exportorientierte deutsche Industrie, einen internationalen Finanzierungspartner zu haben, der die Denkweise deutscher Konzerne und mittelständischer Unternehmen versteht. In diesem Licht sollte der Ende September 2016 erfolgte Angriff von US-Hedgefonds auf die Deutsche Bank gesehen werden, der den Anfang einer neuen Finanzkrise bedeuten könnte. Trotz der in Deutschland – anders als in vielen anderen Volkswirtschaften – verbreiteten Strategie, Refinanzierung durch klassische Bankkredite vorzunehmen, ist es der Deutschen Bank AG lange Zeit gelungen, weltweit der größte Anleihehändler zu sein. Mit einer 12 Mrd. Euro Strafe in den USA könnten die ähnlich gelagerten Verstöße wie bei anderen Kreditinstituten viel strikter sanktioniert werden. Im Sinne eines Mottos „USA only“ kann der Eindruck entstehen, dass die US-Justiz so Wettbewerbsfähigkeit herstellen will, die unter normalen Marktmechanismen nicht vorhanden wäre.

Unter dem Präsidenten Donald Trump würden die USA möglicherweise eine Strategie verfolgen, groß zu werden, indem andere klein gemacht werden. Dies könnte dann als nächstes den deutschen Chemie- und Pharmakonzern Bayer AG in den Fokus rücken, der sich mit der geplanten Übernahme des US-Saatgutherstellers Monsanto stark exponiert hat. Entsprechend bietet sich allein durch die Übernahme für die US-Justiz eine Angriffsfläche, die die Entscheidung von Bayer mindestens als mutig zu bezeichnen lässt.

Sich davor zu schützen, würde bedeuten, die Geschäftsaktivitäten in den USA einzustellen. Dieser Protektionismus würde dem Vorgehen Donald Trumps für die USA entsprechen. Dies kann aber nicht die Antwort sein, weil die Vorteile einer globalisierten Welt überwiegen können – als Chance für maximalen wirtschaftlichen Nutzen.

Aber genau an dieser Stelle zeigt schon Europa erhebliche Schwächen und bietet keine Lösungen. Die Krise der Europäischen Union ist vor allem auf die Selbstverständlichkeit zurückzuführen, mit der in Europa Frieden und Freiheit betrachtet werden bzw. als dauerhaft gegeben angesehen werden. Historisch ist dies aber nicht der Normalzustand, weshalb die europäischen Werte weit mehr als ein gemeinsamer Wirtschafts- und Währungsraum sind. Dies gilt es, in den Vordergrund zu rücken und so einen Alternativentwurf zu der politischen Agenda von Donald Trump zu entwerfen.

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Schön M. Ein Kommentar: Folgt auf „buy American“ bald „USA only“? Passion Chirurgie. 2016 November; 6(01): Artikel 04_01.

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