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Viele Erkrankungen sind verursacht durch pathologische Prozesse in Blutgefäßen.

Thrombozytenhemmstoffe und Gerinnungshemmstoffe spielen daher bei der Verhinderung, aber auch bei der Behandlung arterieller, kardialer und venöser Erkrankungen, eine zentrale Rolle.

Inzwischen stellt es eine Herausforderung dar, bei der Vielfalt der thrombozyten- und gerinnungshemmenden Medikation den Überblick zu behalten. Orale und parenterale, kurzwirksame und langwirksame Substanzen mit unterschiedlichen Angriffspunkten stehen zur Verfügung. Bei akuter Erkrankung oder nach Stentimplantation werden diese Medikamente über einen begrenzten Zeitraum sogar kombiniert angewendet. Das perioperative Management bei invasiven Eingriffen oder Operationen muss für jeden Einzelfall genau festgelegt werden, um Blutungskomplikationen und embolische Komplikationen zu verhindern. Der Leidtragende in diesem Szenario ist oft der Chirurg, der sich nicht mit allen gerinnungsaktiven Substanzen und deren Indikationen im Detail auskennt und während oder aber im Anschluss an die Operation, mit einer Blutungskomplikation konfrontiert wird.

Weiterhin werden häufig in der klinischen Routine von hausärztlichen Kollegen Patienten zur Operation zugewiesen, bei denen beispielsweise ein Bridging mit niedermolekularem Heparin bei chronischer Einnahme von Thrombozytenaggregationshemmern bereits eingeleitet wurde. Es ist festzuhalten, dass dieses Vorgehen jeglicher wissenschaftlicher und klinischer Grundlage entbehrt und der Patient dann oft in der vulnerablen Phase, typischerweise nach Absetzen des ASS 100, operiert wird.

Für den Chirurgen ist deshalb bei diesen Hochrisikopatienten die Überprüfung der Indikation und der Dringlichkeit zur Operation besonders wichtig. Patienten mit doppelter Thrombozytenhemmung nach kardialer Medikamenten-freisetzender Stentimplantation sollten im ersten (halben) Jahr nach der Stentimplantation nicht elektiv operiert werden, außer es liegen besondere Begleitumstände vor.

Das Thromboembolierisiko, aber auch das patientenseitige und Eingriffsbedingte Blutungsrisiko erfordert eine individuelle Beurteilung durch einen erfahrenen Chirurgen, in Zusammenarbeit mit den kardiologischen oder aber angiologischen Kollegen.

In den bisher vorliegenden Empfehlungen und Konsensusdokumenten hingegen wird meist die anästhesiologische und/oder kardiologische Perspektive betont. Dies hat zu einer auch unter Studienbedingugnen nachweisbaren Zunahme der Blutungskomplikationen geführt.

Neue Thrombozyten- und Gerinnungshemmstoffe sind zweifelsohne eine wertvolle Ergänzung in der differenzierten Behandlung unserer Patienten. Eine genaue Kenntnis der Pharmakologie der jeweiligen Substanzen ermöglicht deren passgenauen Einsatz. Nur bei lang wirkenden Substanzen ist eine perioperative Überbrückung erforderlich. Die neuen direkten oralen Antikoagulantien versprechen hier eine Erleichterung, da sie bei kurzen Halbwertszeiten ein den niedermolekularen Heparinen vergleichbares Management erlauben und kein Bridging erfordern.

In den folgenden Artikeln soll sowohl für Thrombozytenhemmstoffe als auch Gerinnungshemmstoffe der aktuelle Stand dargelegt werden, sowie die wesentlichen Eckpunkte für deren perioperative Handhabung.

Mit freundlichen kollegialen Grüßen

Prof. Dr. med. Johannes N. Hoffmann    Prof. Dr. med. Michael Spannagl

Hoffmann J. / M. Spannagl M. Bridging – Gerinnungshemmer bei Blutungsgefahr. Passion Chirurgie. 2012 Juni; 2(06): Artikel 01.

Autoren des Artikels

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Prof. Dr. med. Johannes Hoffmann

Facharzt für Allgemein-, Visceral- und Gefäßchirurgie Notfallmedizin, Spezielle Chirurgische IntensivmedizinLeiter der Sektion GefäßchirurgieUniversitätsklinik EssenHufelandstraße 5545147Essen kontaktieren
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Prof. Dr. med. Michael Spannagl

Leiter der HämostaseologieKlinikum der Universität MünchenZiemsenstr. 180336München kontaktieren

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