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Das BSG hatte entschieden, dass sowohl § 115b SGB V als auch der AOP-Vertrag (in der Fassung 2005) nur die Konstellation vorsähe, dass ambulante Operationen durch Operateure des Krankenhauses oder durch Belegärzte, jeweils in Verbindung mit einem Anästhesisten des Krankenhauses durchgeführt würden. Es seien hingegen Operationen durch Vertragsärzte, die nicht belegärztlich mit dem Krankenhaus verbunden sind, nicht vorgesehen. Eine Auslegung in dem Sinne, dass jeder Vertragsarzt in Räumen eines Krankenhauses auf der Grundlage des AOP-Vertrages ambulant operieren dürfte, sei nicht möglich. Weder aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz noch aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit könne abgeleitet werden, der Kreis möglicher Operateure hätte weiter gefasst und auf alle dazu qualifizierten Vertragsärzte erstreckt werden müssen.

Würden die rechtlich zulässigen Möglichkeiten ambulanter Tätigkeit überschritten, so werde in den Vorrang der Vertragsärzte für die ambulante vertragsärztliche Versorgung eingegriffen.Nach den nunmehr veröffentlichten Urteilsgründen gilt dies entgegen der zunächst erhofften anderen Bewertung aufgrund der zwischenzeitlichen Änderungen im AOP-Vertrag auch für die jetzige Rechtslage. Denn nach Auffassung des BSG enthält die aktuelle Version des AOP-Vertrages aus dem Jahr 2010 zwar eine ausdrückliche Bezugnahme auf die durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz erfolgten Neuregelungen der Kooperationsmöglichkeiten zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern.

Dies sei aber nicht dahingehend zu verstehen, dass ein niedergelassener Arzt Leistungen nach dem AOP-Vertrag nunmehr erbringen dürfe, ohne Belegarzt zu sein.Das BSG:„Auch die Ansicht der Beklagten, die Vertragspartner des AOP-Vertrags hätten durch spätere zusätzliche Bestimmungen im AOP-Vertrag im Sinne einer Klarstellung die Richtigkeit einer erweiternden Auslegung deutlich gemacht bzw. deutlich machen wollen, greift nicht durch. Solche “Klarstellungen” haben nicht stattgefunden, insbesondere nicht durch die später zusätzlich in die “Grundsätze” aufgenommene Bestimmung, dass “auch die nach dem Vertragsarztrechtsänderungsgesetz zulässigen neuen Kooperationsformen” “umfasst” seien (Satz 2 der dem Paragraphenteil vorangestellten “Grundsätze”).

Durch dieses Gesetz ist zwar dem § 20 Abs 2 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) der Satz angefügt worden, dass “die Tätigkeit in oder die Zusammenarbeit mit einem zugelassenen Krankenhaus … mit der Tätigkeit des Vertragsarztes vereinbar” ist. Dies indessen beseitigt lediglich das bis dahin bestehende – insbesondere von der Rechtsprechung des BSG herausgestellte – weitgehende Verbot gleichzeitiger Tätigkeit im stationären wie im ambulanten Bereich (vgl hierzu BSG SozR 4-2500 § 95 Nr 2 RdNr 18 mwN zum grundsätzlichen Verbot stationärer Patientenversorgung eines im Einzugsbereich praktizierenden Vertragsarztes; – zur Zielrichtung des Gesetzes s zB BT-Drucks 16/2474 S 29). Daraus kann aber nicht allgemein die Gestattung aller denkbaren Kooperationsformen zwischen Vertragsärzten und Krankenhäusern abgeleitet werden.

Insbesondere gibt es keinen ausreichenden Anhaltspunkt, dass eine solche Gestattung gerade in die Regelungen des § 115b SGB V und des AOP-Vertrages hineinzuinterpretieren sei. Die Ergänzung des § 20 Abs 2 Ärzte-ZV durch Anfügung des Satz 2 war nach den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens darauf ausgerichtet, den Vertragsärzten – über die Möglichkeiten hinaus, im stationären Bereich in nicht patientenbezogenen Bereichen wie der Pathologie oder als Konsiliararzt tätig zu werden – zusätzliche Betätigungen als angestellter Krankenhausarzt und in Medizinischen Versorgungszentren, die mit Krankenhäusern verzahnt sind, zu ermöglichen (s BT-Drucks aaO S 29). Nicht erkennbar ist eine gezielte Ausrichtung auf § 115b SGB V in dem Sinne, dass gerade auch die in § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag geregelten Kooperationsformen hätten erweitert werden sollen auf die Möglichkeit der Kooperation von Anästhesisten des Krankenhauses mit nicht belegärztlich tätigen Vertragsärzten.“

Das Fazit des BSG gilt mithin auch nach derzeitiger Rechtslage:„Damit ergibt sich zusammenfassend, dass der Rahmen des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag nur eingehalten ist, wenn eine der beiden Kooperationsformen gegeben ist, nämlich – entweder sowohl der Operateur als auch der Anästhesist Ärzte des Krankenhauses – oder der Operateur ein an dem Krankenhaus tätiger Belegarzt und der Anästhesist ein Arzt des Krankenhauses sind. Nur in diesen Kooperationsformen hat § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag den Krankenhäusern die Möglichkeiten zur Durchführung von ambulanten Operationen und zur Mitwirkung an ihnen eingeräumt.

Kooperiert ein Krankenhaus dagegen mit einem Partner, der zu keiner der beiden aufgeführten Kooperationsformen passt, so stellt es sich außerhalb des Reglements des § 115b SGB V iVm dem AOP-Vertrag – und hat dementsprechend auch keinen Honoraranspruch auf der Grundlage des § 115b SGB V.“Ob sich aus dieser Entscheidung auch Schlussfolgerungen für die sonstige Tätigkeit des niedergelassenen Arztes im Krankenhaus als Honorar- oder Konsiliararzt entnehmen lassen, ist indes zweifelhaft, da es hier in erster Linie um die Regelungen des AOP-Vertrages ging. Gleichwohl ist eine eher restriktive Tendenz des BSG in Bezug auf derartige Kooperationen nicht von der Hand zu weisen.

Heberer J, Butzmann O. Bundessozialgerichtliches Urteil zu ambulanten Operationen gem. § 115b SGB V und AOP-Vertrag durch niedergelassene Ärzte im Krankenhaus auch für derzeitige Rechtslage gültig. Passion Chirurgie. 2011 September; 1(9): Artikel 06_01.

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Dr. jur. Jörg Heberer

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