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Im Mai trat Nina Warken das Amt der Bundesministerin für Gesundheit an. Seither hat das Ministerium beachtliche sieben Gesetzgebungsverfahren auf den Weg gebracht. Der Erwartungsdruck der Akteure ist hoch. Zum einen geht es um die Partizipation in der Entscheidungsfindung, die in der letzten Legislaturperiode bekanntermaßen in den Hintergrund getreten ist. Zum anderen fielen einige laufende Gesetzgebungsverfahren dem Bruch der Koalition zum Opfer, so wurden Entscheidungen getroffen, die nun teilweise korrigiert werden sollen. Entsprechend wurde am 6. August 2025 der angekündigte Referentenentwurf für ein Krankenhausreformanpassungsgesetz (KHAG) veröffentlicht. Das erklärte Ziel bestand darin, die Krankenhausreform praxis- und alltagstauglicher zu machen.

Aus Sicht des BDC bietet der Referentenentwurf Chancen, bleibt aber hinter den Erwartungen zurück.

Durchgesetzt haben sich insbesondere die Länder. Denn sie hatten bis zuletzt die mangelnde Flexibilität bei der Zuweisung von Leistungsgruppen zur Sicherstellung der Grund- und Notfallversorgung kritisiert. Ihre Stimme wurde nun gehört. Gemäß Referentenentwurf sollen zukünftig mehr Ausnahmen von den Qualitätskriterien zu Sicherstellungszwecken möglich sein. Außerdem können Krankenhäuser die geforderten Leistungen auch in Kooperation mit anderen Häusern erbringen.

Flexibilisiert und gedehnt wurde auch der von Kliniken und Ländern kritisierte Zeitplan. So soll die Einführung der Vorhaltepauschalen um ein Jahr verschoben werden. Das Jahr 2027 soll für alle Krankenhäuser erlösneutral ausgestaltet werden und die volle Finanzwirksamkeit der Vorhaltepauschalen 2030 eintreten. Schließlich sollen Länder nun endlich, zeitnah nach Zuweisung von Leistungsgruppen, krankenhausindividuelle Auswirkungsanalysen erhalten; ein vom Bund lang versprochenes Planungsinstrument.

Einige weitere Änderungen wurden primär aufgrund der Stellungnahmen ärztlicher Verbände und des neu gegründeten Leistungsgruppenausschusses vorgenommen. Dazu gehört die Rücknahme der Leistungsgruppen Infektiologie, Notfallmedizin, spezielle Kinder- und Jugendchirurgie sowie Kinder- und Jugendmedizin und die Lockerung der Qualitätskriterien für die Onkochirurgie. Zudem kann bei der Leistungsgruppe „Allgemeine Chirurgie“ nun ein Allgemeinchirurg bzw. eine Allgemeinchirurgin durch zwei Chirurg:innen der Fachrichtungen Orthopädie und Unfallchirurgie und Viszeralchirurgie ersetzt werden.

Der BDC begrüßt, dass Ländern und Krankenhäusern nun offenbar mehr Vertrauen entgegengebracht wird, die Ziele der Reform – mehr Konzentration und Spezialisierung und damit Qualitätssteigerung an den Häusern – mit mehr Flexibilität umzusetzen.

Keine Änderung beinhaltet der vorliegende Referentenentwurf in Bezug auf die Anrechenbarkeit von Fachärztinnen und Fachärzten pro Leistungsgruppe. Dies aber ist und bleibt eine Forderung des BDC. Denn die Chirurgie ist – aufgrund der hohen Anzahl definierter Leistungsgruppen – in besonderem Maße betroffen von der hohen Anzahl vorzuhaltender Fachärztinnen und Fachärzte: Zur Erbringung einer Leistungsgruppe werden jeweils drei Fachärzte der jeweiligen Fachrichtung benötigt; bei spezielleren Leistungsgruppen, wie Pankreas- oder Ösophaguschirurgie, schon fünf Fachärzte mit entsprechender Zusatzweiterbildung und in der Transplantationschirurgie sogar sechs bis neun Fachärzte. Auch die Forderung einer Berücksichtigung von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung in der Leistungsgruppensystematik – sprich deren Finanzierung und notwendige Modelle der Rotation – wurde nicht aufgegriffen.

Beibehalten werden soll auch die fallzahlabhängige Vorhaltevergütung als zentrales Reformelement. Dies beurteilt der BDC auch bei zeitlicher Verschiebung, auch bei zeitlicher Verzögerung, als äußerst kritisch und bleibt bei seiner Forderung einer grundlegenden Überarbeitung der Betriebskostenfinanzierung für Krankenhäuser und übergangsweisen Einführung weiterer Strukturkostenkomponenten, etwa Zuschläge für Notfallstufen, Zentren und insbesondere auch für die Weiterbildung.

Die Krankenhausreform ist von besonderer Relevanz für den chirurgischen Alltag. Wir nehmen alle Gelegenheiten wahr, um mit dem BUNDESGESUNDHEITSMINISTERIUM offene Punkte und Maßnahmen, die aus chirurgischer Sicht in die falsche Richtung gehen, zu diskutieren und gegebenenfalls zu korrigieren. Eine erste Stellungnahme voNSeiten BDC zum Krankenhaus­reforman­passungs­gesetz ist bereits an das Bundes­gesund­heits­ministerium gegangen.“
Friederike Burgdorf

Resümieren lässt sich, dass die Reform der Reform einige wesentliche Forderungen der Länder und Krankenhäuser zum Zeitplan und zu Ausnahmen umsetzt. Tiefgreifende systematische Veränderungen sind bislang jedoch ausgeblieben. So findet die Weiterbildung und deren Finanzierung wie oben erwähnt keine weitergehende Berücksichtigung und auch die vielfach kritisierten Regelungen zu Hybrid-DRG wurden nicht revidiert. Dies zeigt, dass die ärztliche und insbesondere die chirurgische Community unbedingt am Ball bleiben muss, um sich das viel versprochene Gehör der neuen Ministerin zu verschaffen. In der jetzigen Form kann der vorliegende Referentenentwurf lediglich einen ersten Schritt zu dem weiter notwendigen echten Anpassungsprozess darstellen. Der BDC wird sich mit verschiedenen Maßnahmen auf unterschiedlichen Ebenen für die Interessen der Chirurginnen und Chirurgen stark machen.

Weitere laufende Gesetzesvorhaben finden Sie HIER:
www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen.html

Relevanz für die Chirurgie haben insbesondere:

Burgdorf F: Operation Gesetzgebung – Wird die Krankenhausreform nun praxistauglicher? Passion Chirurgie. 2025 September; 15(09/QIII): Artikel 05_04.

Autor:in des Artikels

Profilbild von Burgdorf

Dr. med. Friederike Burgdorf

GeschäftsführerinBerufsverband der Deutschen Chirurgie e.V. (BDC)Luisenstraße 58/5910117Berlin

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