Unser Format BDC|Schnittstelle präsentiert in regelmäßigen Abständen Persönlichkeiten mit wichtigen Funktionen im BDC. Heute im Fokus: Dr. Frauke Fritze-Büttner, Vorsitzende des Themenreferats Familie & berufliche Perspektiven
1. Frau Dr. Fritze-Büttner, welchen Auftrag haben Sie sich persönlich auf die Fahne geschrieben? Das chirurgische Fachgebiet muss wieder interessant und vor allem attraktiv werden für junge Chirurg:innen. Die Chirurgie ist ein Fachgebiet, das anspruchsvoll, einnehmend, aber auch hoch interessant, innovativ und vor allem auch dankbar ist. Es gibt doch eigentlich nichts Schöneres, als durch eine gelungene Operation zu helfen und zu heilen. Das macht stolz. Mit dem demographischen Wandel und der Tatsache, dass die Chirurg:innen der Baby-Boomer-Generation bereits in den Ruhestand gehen, fehlt es damit deutschlandweit an Chirurg:innen. Andererseits werden viele Studienabsolvent:innen von hohen Arbeitszeit- und Dienstbelastungen, unbezahlten Überstunden und einer eingeschränkten Work-Life-Balance abgehalten, sich für ein chirurgisches Fachgebiet zu entscheiden.
2. Welches Thema liegt Ihnen für die nächsten Jahre besonders am Herzen? Das eine ist, Medizinstudent:innen so früh zu begeistern, dass sie sich für eine chirurgische Karriere entscheiden. Hier engagiert sich insbesondere auch der BDC mit der „Nur Mut!“-Kampagne. Das andere ist, dass die Chirurgie so attraktiv sein muss, dass sich Frauen in der noch bestehenden Männerdomäne zunehmend für eine chirurgische Weiterbildung entscheiden, die auch Karrieremöglichkeiten bietet – auch vor dem Hintergrund einmal Mutter werden zu wollen. Auch für Männer muss der Beruf attraktiv bleiben. In einer BDC-Umfrage von 2021, an der 65 Prozent Chirurgen und nur 35 Prozent Chirurginnen beteiligt waren, hatten zwar 60 Prozent geantwortet, dass sie wieder Chirurg:innen werden würden wollen, 27 Prozent wären allerdings nur bereit, es unter anderen Umständen zu tun. Belastend werden zunehmend bürokratische und administrative Aufgaben aber vor allem auch Überstunden, viele Dienste und eine unzureichende Erfassung der Arbeitszeiten wahrgenommen.
3. Wie möchten Sie die Themen mit ihrem Verband anpacken? Wen und was benötigen Sie dafür? Was sind die Hürden? Berufsverbände wie der BDC sind meiner Meinung nach dafür prädestiniert, Vorstellungen und Wünsche der Berufsgruppe zu erheben, Lösungskonzepte zu entwickeln und entsprechende Lobbyarbeit zu betreiben, um schließlich auch Veränderungen herbeizuführen. So wird zum Beispiel die Thematik einer ausgeglichenen Lebensqualität sowohl in der Presse als auch auf unseren Kongressen häufig diskutiert. Die zukünftige chirurgische Generation stellt dabei eine neue Anforderung an Chefärzt:innen und Klinikdirektor:innen. Hier verlangt es nicht nur eine stringente Umsetzung der realistischen Erfassung der Arbeitszeiten, sondern auch ein Umdenken auf Geschäftsführer- und Chefarztebene. Moderne Gestaltungsansätze der Arbeitszeit wie Teilzeit, Jobsharing, flexible Arbeitszeiten, natürlich angepasst an einen chirurgischen Alltag, müssen nicht nur diskutiert, sondern auch umgesetzt werden. War es vor ein paar Jahren noch unvorstellbar, dass auch Chirurgen Elternzeit nehmen oder Chirurg:innen in Teilzeit arbeiten, ist es heut zu Tage ein gangbarer Prozess. Wird der Gedanke der modernen Arbeitszeitgestaltung im Team und vom Chefarzt beziehungsweise der Chefärztin getragen, wie es auch in unserer Klinik mit 70 Prozent Chirurginnen möglich ist, sind Mitarbeiter: innen auch bereit, in schwierigen Situationen gewisse Opfer zu bringen. Mit mutigen, experimentierfreudigen Verantwortlichen können wir dazu beitragen, unseren Beruf attraktiver zu machen und junge Menschen zu begeistern.
4. Welche Verantwortung und welchen spezifischen Einfluss auf die Politik hat der BDC aus Ihrer Sicht?
Der BDC als Berufsverband und größte chirurgische Interessensvertretung in Deutschland ist in der Verantwortung, Bedürfnisse seiner Mitglieder sichtbar zu machen und diese letztlich auch in den gewerkschaftlichen Vertretungen und politischen Gremien zu platzieren. Ziel muss es sein, Kräfte zu bündeln, gezielt einzusetzen und mit einem starken Netzwerk die Interessen der Berufsgruppe zu vertreten. Nur so lassen sich Missstände beheben.
5. Was wünschen Sie sich für den BDC in den nächsten Jahren nach innen und nach außen? Der BDC bietet ein großes Portfolio und ist auch dank der Landesverbände breit aufgestellt und gut etabliert. Er kann somit nicht nur ein starker Partner der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie als Dachgesellschaft, sondern auch aller chirurgischer Fachgesellschaften und weiterer Interessensgruppen (wie z.B. Die Chirurginnen e.V.) sein und dazu beitragen, Veränderungen zu bewirken. Letztendlich wird uns nur eine große Schlagkraft befähigen, die Berufswelt der Chirurg: innen den Lebensumständen anzupassen. Damit meine ich, dass wir den Vernetzungsgedanken stärker leben müssen und vermehrt den Schulterschluss mit berufspolitischen Gremien und den Fachgesellschaften suchen sollten, um gemeinsam zu gestalten.
6. Warum lohnt sich als BDC- Mitglied ein Engagement in dessen Gremien, und wer kann/sollte für ein Mandat kandidieren? Der BDC bietet nicht nur vielfältige Leistungen, sondern lädt auch ein, sich einzubringen, mit zu agieren und zu verändern – und das sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Es erfordert Eigenengagement, da es vornehmlich ehrenamtliche Tätigkeiten sind. Meine Hoffnung ist, dass es unter den „jungen Chirurg:innen“ viele gibt, die sehen, was wir gemeinsam erreichen können und sich dafür positiv einsetzen wollen. Wir haben derzeit auch eine große Chance: Aufgrund des absehbaren Chirurg:innen- Mangels sitzen wir am richtigen Hebel und haben die Möglichkeit, unsere zukünftigen Arbeitsplatzbedingungen mitzugestalten. Ich finde, diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen!
Kurzporträt Dr. Frauke Fritze-Büttner Geboren 1970 in Greifswald begann Dr. Fritze-Büttner an der dortigen Universitätsklinik 1996 ihre chirurgische Ausbildung, promovierte zum Doktor der Medizin 1998 und wechselte 1999 an das Unfallkrankenhaus Berlin Marzahn mit Facharztabschluss 2003. Im gleichen Jahr wechselte sie als Fachärztin für Chirurgie an das heutige Sana Klinikum Berlin Lichtenberg und erlangte die Qualifikation der speziellen Viszeralchirurgie 2007. 2005 wurde sie Oberärztin und mit 38 Jahren leitende Oberärztin der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie (damals unter Leitung von Prof. Dr. Klaus Gellert, jetziger Chefarzt Prof. Dr. Michael Heise). Von 2014 bis 2020 engagierte sich Frau Dr. Fritze-Büttner im Rahmen ihrer Tätigkeit im Präsidium der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie als „Oberärztin in nichtselbstständiger Stellung einer chirurgischen Krankenhausabteilung“ vornehmlich für das Thema „Operieren in der Schwangerschaft“. Seit 2018 ist sie ehrenamtlich im Präsidium des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgie und leitet hier seit 2021 das Themen-Referat „Familie & berufliche Perspektiven“. Frau Dr. Fritze-Büttner ist verheiratet und Mutter eines jetzt 9jährigen Sohnes.
Das Themenreferat „Familie & berufliche Perspektiven“ des BDC Das Themenreferat „Familie & berufliche Perspektiven“ ist eines von acht Themenreferaten des BDC mit dem Ziel, entsprechend des neu definierten Leitbildes Schwerpunktthemen des BDC zu bearbeiten und öffentlich zu vertreten. Neben Dr. Fritze- Büttner engagieren sich Dr. Julia Gumpp, Dr. Beate Block und Dr. Steffen Axt, um Antworten und Lösungen auf multiple Fragen hinsichtlich verbesserter Work-Life-Balance und Vereinbarkeit von Familie und Karriere für Chirurg:innen zu finden.
Dieses BDC-Basischirurgie-Seminar vermittelt Berufseinsteigern das nötige Grundwissen und die chirurgischen Basisfertigkeiten, die für den Berufsalltag auf der Station, im Nachtdienst und in der Notaufnahme notwendig sind.
Am 21. und 22. Juni 2024 fanden in Erfurt die Klausurtagung der BDC|Landesverbände und die Strategietagung der Regionalvertretungen des BDC – gemeinsam mit dem BNC – statt. Dr. Sven Gregor im Gespräch mit Dr. Ralf Schmitz zur Arbeit des BDC auf Landesebene, den wichtigsten berufspolitischen Themen für niedergelassene Chirurginnen und Chirurgen und die zukünftige Zusammenarbeit.
Wir freuen uns, Ihnen in der Juliausgabe der Passion Chirurgie die zweite Sonderausgabe der Safety Clips zu präsentieren, in dem praxisnah die unterschiedlichsten Ursachen von Behandlungsfehlern beschrieben werden, oft verdeutlicht durch Statistiken zu Schadenhäufigkeiten. Immer geht es auch um Strategien zur aktiven Fehlervermeidung. Kritische Ereignisse in der Patientenversorgung werden beschrieben, analysiert und bewertet, ergänzt durch juristische Stellungnahmen und praktische Hinweise zur Risikobewältigung.
unabhängig vom Schwerpunkt der letzten Ausgaben der Passion Chirurgie , waren die beunruhigenden demographischen und wirtschaftsstrukturellen Entwicklungen in unserer Gesellschaft bereits häufiger Thema unserer Publikationen. Ob Weiterbildung, Nachwuchs, oder ambulante Versorgung – alles muss im Lichte des politischen und ökonomischen Umfeldes betrachtet werden.
In dieser Ausgabe widmen wir uns direkt den wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen im Medizinsystem Deutschland, wie es für uns Chirurginnen und Chirurgen relevant ist. Unter dem Titel Monetarisierung des Patienten diskutieren unser Präsident und weitere Autoren über die Schnittstelle Ökonomie-Chirurgie auf verschiedensten Ebenen – vom Blick auf das Fachgebietsbranding über die Grenzen der wirtschaftlichen Analyse des Patienten bis hin zur Betrachtung der Zukunft des gesamten Gesundheitssystems.
In dieser Ausgabe der Passion Chirurgie mit dem Titel “Notfallmedizin – Fachkompetenz vs. Facharzt” geht es um die Rolle der Notfallmedizin im modernen chirurgischen Berufsleben. Notfälle begleiten uns ein berufliches Leben lang, nicht nur in der Notaufnahme, sondern auch auf der Station oder in der Praxis. Die Behandlung von Notfallpatienten ist Kernkompetenz chirurgischer Tätigkeit – trotz Spezialisierung sowie strukturellem und medizinischem Fortschritt.
Unsere Autoren gehen im Detail auf die Situation der Notfallmedizin in Deutschland ein und plädieren im Ergebnis für mehr Fachkompetenz, aber klar gegen eine neue Facharztqualifikation für Notfallmedizin. Die Notfallkompetenz muss weiterhin in den großen medizinischen Fachgebieten erhalten bleiben, darüber sind wir uns mit den Berufsverbänden der Internisten, Anästhesisten und vielen weiteren Gebieten einig.
Das Thema der vierten Ausgabe diesen Jahres ist Appendektomie in Deutschland, denn einerseits ist die Appendektomie mit jährlich über 120.000 Operationen der häufigste Notfalleingriff in der Chirurgie überhaupt und betrifft somit eine große Anzahl an Patienten und Ärzten, andererseits wird er in Kliniken aller Versorgungsstufen durchgeführt und muss flächendeckend jederzeit („24/7“) erfolgen können.
Wir haben dazu wieder eine Auswahl von analytischen und fundierten Artikeln – zum Beispiel Die Appendektomie 2011/2012 in Deutschland – Ergebnisse der bundesweiten Erhebung zur Technik der Appendektomie (BETA), eine Studie, die mit Unterstützung des BDC ins Leben gerufen wurde – und praktisch anwendbarer Weiterbildung – unter anderem Schau Dich schlau: Wichtigste Operationsschritte bei der offenen und der laparoskopischen Appendektomie für Sie zusammengestellt.
Auch einen CME-zertifizierten Weiterbildungsartikel finden Sie wieder in dieser Ausgabe, diesmal passend aus dem Lernpaket Laparoskopische Appendektomie.