Unser Format BDC|Schnittstelle präsentiert in regelmäßigen Abständen Persönlichkeiten mit wichtigen Funktionen im BDC. Heute im Fokus: Dr. Björn Schmitz, Chefarzt der Klinik für Allgemein-& Viszeralchirurgie, Proktologie in den Knappschaft Kliniken Kamen.
1. Herr Dr. Schmitz, Welchen Auftrag haben Sie sich für Ihren Landesverband persönlich auf die Fahne geschrieben? Was sind Ihre Pläne?
Gerade wir in Westfalen-Lippe, als ein Teil von Nordrhein-Westfalen, sind in der Krankenhauslandschaft aufgrund der Krankenhausreform in NRW vielseitig beschäftigt. Diesen Prozess konnten wir als krankenhaustätige Ärzte zunächst nur staunend und skeptisch zur Kenntnis nehmen. Im Rahmen meiner BDC-Landesverbandsarbeit ist es mein sehr persönliches Anliegen hier in die politischen Prozesse tiefer einzutauchen. Im engen Austausch mit der Ärztekammer WL und den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten erarbeiten wir konstruktive Vorschläge, um die Reform in Einzelheiten nachzujustieren oder auf Schwächen hinzuweisen. Meine Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Aufmkolk als Niedergelassener- und Regionalvertreter sowie zum Landesverband Nordrhein mit meinen Kollegen Dr. Sven Gregor und PD Dr. Peter Fellmer ist sehr vertrauens- und respektvoll, sodass wir in unserem Auftrag immer das Gemeinsame sehen.
2. Welches Thema liegt Ihnen in den nächsten Jahren besonders am Herzen? Ein besonderes Anliegen ist mir die Stärkung der ärztlichen Weiterbildung in unseren Regionen. Hierzu wird es unerlässlich sein, Rotations- und Weiterbildungsverbünde nicht nur innerhalb der einzelnen Trägerschaften, sondern auch trägerübergreifend zu gründen. Meine Vision ist es, vielleicht ein so genanntes BDC-Weiterbildungspaket und -konzept zu entwickeln, in dem wir eng mit der Ärztekammer und den jeweiligen Trägern ein genau strukturiertes, zeitlich planbares Weiterbildungskonzept für unsere jungen angehenden Chirurginnen und Chirurgen entwickeln. Sie brauchen eine räumlich und inhaltlich verlässliche Weiterbildungszeit, um den angestrebten Facharzttitel mit ausreichenden Kompetenzen erreichen zu können. Auch müssen wir uns über die Besonderheiten der „spezielle Viszeralchirurgie“ Gedanken machen. Es wird kaum mehr möglich sein, diese Kompetenz ohne ein aufwendiges und zeitintensives Rotieren zu erlangen, da kaum eine Klinik alle Leistungsgruppen anbieten dürfte. Alternativen wie die „Modul“ Weiterbildungen werden gerade inhaltlich konkretisiert und erscheinen realisierbar.
Ein riesen Baustein in diesem Zusammenhang stellt die Ambulantisierung der Leistungen dar, sodass es ohne Rotation in die Niederlassung/MVZ nicht gehen wird.
3. Wie möchten Sie die Themen mit dem BDC anpacken? Wen und was benötigen Sie dafür? In meiner Funktion als Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie sowie Proktologie in einem Haus der Grund- und Regelversorgung wird man schnell auf den Boden der Realität zurückgeholt. Jegliche Hürde um Projekte anzupacken ist monetärer Genese. Weiterbildung kostet genauso finanzielle Ressourcen wie eine gute Patientenversorgung. Hier müssen alle politischen Mandatsträger sowie die Krankenhausgeschäftsführungen aber auch wir als Ärzteschaft zunehmend unter schwierigen Bedingungen weiter gestalten. Leider ist es zunehmend so, dass sich gute medizinische Leistungen leider in der DRG-Grouper Logik nicht immer auszahlen. Und genau da sehe ich den Spagat zwischen medizinischer Verantwortung und finanzielle Ressource.
Was brauche ich, oder was wünsche ich mir? Die Politik muss über veränderte finanzielle Prozesse den Krankenhausgeschäftsführungen finanzielle Anreize geben, die ärztliche Weiterbildung zu stärken und gleichzeitig die Patientenversorgung nach Bedarf und nicht nach Zielvorgabe gestalten zu dürfen.
4. Welche Verantwortung und welchen spezifischen Einfluss auf die Politik hat der BDC als berufspolitischer Vertreter aller Chirurginnen und Chirurgen und haben speziell die Landesverbände aus Ihrer Sicht? Aus meiner Sicht sind die Landesverbände des BDC ein erhebliches Bindeglied zwischen Bundesvorstand des BDC’s und den lokalen Gegebenheiten. An dieser Stelle ist es eine sehr wichtige Aufgabe immer wieder und stetig zu vermitteln, dass man nicht alle Regionen in Deutschland als Schablone behandeln kann. Die Art der Dichte, Trägervielfalt und die unterschiedlichen Krankenhäuser lassen sich nicht deutschlandweit in eine Blaupause, wie es zurzeit über die Krankenhausreform versucht wird, pressen. Hier sind engmaschige Gespräche mit den lokalen Politikern, mit den Ärztekammern, mit den kassenärztlichen Vereinigungen und vor allem auch mit den Ärztinnen und Ärzten vor Ort dringend weiter notwendig. Als neu gewählter Sprecher der Landesverbände und Regionalverbände sehe ich zusammen mit meiner Kollegin Prof. Dr. Carolin Tonus (wir bilden die Doppelspitze) erhebliches Multiplikatorenpotenzial, um voneinander gegenseitig zu lernen.
5. Was wünschen Sie sich für deinen Landesverband, den BDC und deine Arbeit in den nächsten Jahren nach innen und nach außen? Mir persönlich macht die Landesverbandsarbeit für den BDC extrem Spaß. Noch mehr fokussieren werde ich mich auf die inhaltlichen Themen wie Weiterbildung und finanzieller Ausgleich. Die viele Online- sowie Telefonarbeit fördert ein zunehmendes Wir-Gefühl. Nach innen, also zum BDC selbst gerichtet, wünsche ich mir eine noch engere Verzahnung, Transparenz und Entscheidungseinbindung. Im äußeren Auftreten müssen wir noch sichtbarer werden. Wir dürfen, sollen und müssen Entscheidungen treffen, die wir dann auch streitbar vertreten.
6. Warum lohnt sich als Mitglied ein Engagement im BDC und wer kann/sollte für ein Mandat kandidieren? Das Engagement im BDC lohnt sich immer. Ich finde, der BDC steht – und das ist einmalig in Europa – fachübergreifend aller chirurgischen Disziplinen für eine Sache, für ein starkes „Wir“, gute Weiterbildung, gute Entlohnung sowie exzellente Patientenversorgung. Hier gibt es ein hervorragendes „Wir“ zwischen Niederlassung und Krankenhaus. Hier haben wir uns bereits inhaltlich und faktisch auf den Weg gemacht, die schwierigen Rahmenbedingungen nicht nur zur Kenntnis zu nehmen, sondern inhaltlich mitzuwirken und zu führen. Herzlich eingeladen sind alle jungen, aber auch erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die sich berufspolitisch interessieren, für Mut und Veränderung einstehen und ein Stück weit persönliches Engagement sich selbst auf die Fahne schreiben möchte.
Kurzporträt Dr. Björn Schmitz, MHBA
Hochschulstudium
1998-2005 Studium der Humanmedizin, Westfälische Wilhelms-Universität Münster
2005 Approbation
2017-2019 Studium Master of Health Business Administration, MHBA an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg
seit 2020 Lehrbeauftragter an der Universität Witten/Herdecke
Beruflicher Werdegang
2005-2010 Assistenzarzt in der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie, Knappschaft Kliniken Dortmund
2009 Promotion zum Thema Leistenhernien
2010-2014 Oberarzt in der Klinik für Allgemein-Viszeral-und Unfallchirurgie, Knappschaft Kliniken Dortmund
2014-2016 Leitender Oberarzt der Klinik für Allgemein-und Viszeralchirurgie, Knappschaft Kliniken Dortmund
2016 Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie in den Knappschaft Kliniken Lütgendortmund
2017-2021 Chefarzt der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie in den Knappschaft Kliniken Lünen
seit April 2021 Chefarzt der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Unfallchirurgie in den Knappschaft Kliniken Lünen
seit Januar 2025 Chefarzt der Klinik für Allgemein-& Viszeralchirurgie, Proktologie in den Knappschaft Kliniken Kamen
2021-2025 Leiter des Schilddrüsenzentrums Kreis Unna/Lünen
seit 2025 Leiter des Schilddrüsenzentrums Kreis Unna/Kamen
seit November 2021 Stellvertretender Landesverbandsvorsitzender Westfalen Lippe des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgie (BDC)
seit Januar 2023 Landesverbandsvorsitzender Westfalen Lippe des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgie (BDC)
seit 2023 Chirurgischer Kooperationspartner der zertifizierten Fußbehandlungseinrichtung DDG (Deutsche Diabetes Gesellschaft)
seit August 2023 KV-Ermächtigung für die Teilnahme am Zweitmeinungsverfahren: 1. für Amputationen beim Diabetischen Fußsyndrom, 2. Cholezystektomie (Gallenblase)
seit Juli 2024 Leiter des Kompetenzzentrums für Hernienchirurgie (DGAV)
seit 2024 im Beirat AG Gesundheitspolitik der Niederheinisch-Westfälischen Gesellschaft für Chirurgie
seit 2025 2. Sprecher der Landesverbandvorsitzenden und Regionalvertreter des BDC
Zusatzbezeichnungen:
Facharzt für Chirurgie
Facharzt für Viszeralchirurgie, Spezielle Viszeralchirurgie
Die Entwicklung im Bereich des ambulanten Operierens scheint in Zeiten der Krankenhausreform eine „Never Ending Story“ zu werden, der wir uns in diesem Heft mit einigen vertiefenden Artikeln widmen. Lesen Sie selbst…
DCK Kompakt als Podcast. Das Surgeon Talk Team hat die #hot#topics des Deutschen Chirurgie Kongress eingefangen. Kurzweilig, prägnant und unterhaltsam.
Informationsmanagement in chirurgischen Abteilungen
Die moderne Medizin erfordert die Zusammenarbeit zahlreicher Berufsgruppen, zwischen denen ein ungehinderter Fluss von validen und klaren Informationen für die Patientensicherheit sowie für Erfolg und Qualtität der Behandlung unabdingbar ist. So ist es nicht überraschend, dass Analysen der Arbeitsprozesse in deutschen Krankenhäusern und Arztpraxen zeigen, dass viele Ärzte und Ärztinnen einen immer größer werdenden Anteil ihrer Arbeitszeit der Organisation, Administration und Dokumentation widmen müssen.
Deshalb haben wir das Thema “Informationsmanagement in chirurgischen Abteilungen” zum Schwerpunkt dieser zehnten Ausgabe gemacht und zeigen Best-Practice-Beispiele und neue Ansätze, um den Herausforderungen in Zukunft gerecht zu werden.
In den Artikeln zum Titelthema geben unsere Autoren einen Einblick in die Informationsstrukturen und den Informationsfluss an verschiedensten Schnittstellen im Krankenhaus. Sie können außerdem einen Eindruck gewinnen, inwieweit ein IT-gestütztes Informationsmanagement zur Entlastung der Ärzte im Umgang mit der Informationsflut beiträgt.
Das traditionsreiche Feld der Proktologie bildet den Themenschwerpunkt dieser Ausgabe der “Passion Chirurgie”. Im Angesicht einer Vielzahl von konkurrierenden Methoden in Diagnostik und Therapie, deren Effektivität oft von der Erfahrung des einzelnen Arztes und der Mitartbeit der Patienten abhängt, ist es besonders wichtig, diese Verfahren durch Studien zu erarbeiten und zu sichern, die den höchsten Standards der evidenzbasierten Medizin entsprechen.
Ein essenzieller Teil und Grundlage dieses Unternehmens sind die Erkenntisse aus der Arbeit der praktizierenden Ärtze im Feld der Proktologie.
In drei ausführlichen Artikeln zum Titelthema geben wir Ihnen daher anhand von Krankheitsbildern wie Hämorrhoidalleiden, perianalen Fisteln und Analekzemen einen anschaulichen Einblick in die Arbeit anerkannter Spezialisten.
Wie immer finden Sie auch in dieser Ausgabe einen CME-zertifzierten Artikel zur Weiterbildung, diesmal zum Thema Pilonidal-Sinus-Erkrankung.
Im Mittelpunkt der Ausgabe 08/2011 der Passion Chirurgie steht die Handchirurgie. Wir stellen Ihnen in zwei ausführlichen Artikeln dieses relativ junge, ausdrücklich interdisziplinär angelegte Fachgebiet vor.
Die detaillierten Analysen zur Therapie von Infektionen und Brandverletzungen der Hand geben einen Einblick in die enge Zusammenarbeit von Ärzten aus Fachgebieten wie der Chirurgie, der Unfallchirurgie, der Orthopädie, der Kinderchirurgie und der plastischen Chirurgie. Sie zeigen auch die Komplexität der aufwändigen, oft schweren und belastenden Arbeit im Bereich der rekonstruktiven Chirurgie.
Auch die Fortbildung steht mit dem CME-zertifiziertem Kurs “Möglichkeiten der Nervenrekonstruktion” in dieser Ausgabe im Zeichen der plastischen Chirurgie und Handchirurgie.
Diverse Umfragen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass das Gebiet Chirurgie für viele Medizinstudenten am Anfang ihres Studiums einen großen Reiz ausstrahlt. Dieser verblasst während des Studiums kontinuierlich und erreicht nach dem praktischen Jahr seinen Tiefpunkt. Deshalb müssen wir im PJ ansetzen, wenn wir unser Fachgebiet in den Augen unseres Nachwuchses wieder attraktiv gestalten wollen.
Bisher gingen Schätzungen des BDC davon aus, dass nur ca. fünf Prozent der Absolventen sich für eine chirurgische Karriere entscheiden. Aktuelle Zahlen, die in dieser Ausgabe der „Passion Chirurgie“ erstmals publiziert werden, zeigen ein etwas optimistischeres Bild. Es ist davon auszugehen, dass ca. 1.000 junge Kollegen jährlich nach Abschluss ihres Studiums eine chirurgische Karriere einschlagen. Dies ist uns als Berufsverband der Deutschen Chirurgen Ansporn und Verpflichtung zugleich, uns auch zukünftig aktiv um eine hohe Qualität der chirurgischen Weiterbildung zu bemühen.