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PANORAMA
Emma lebt

DIESES KIND IST EIN MEDIZINISCHES WUNDER. WIE SPITZENÄRZTE VOM COMPREHENSIVE CENTER FOR PEDIATRICS AM WIENER AKH JEDEN TAG SCHWERSTKRANKEN KINDERN DAS LEBEN RETTEN

Nina Horaczek, Reporterin bei der Wiener Wochenzeitung „Falter“, ist die Trägerin des Journalistenpreises der Deutschen Chirurgen 2021.

Horaczek erhält die Auszeichnung für ihre Reportage „Emma lebt“, erschienen am 10. März 2021 im Falter. Sie handelt von einem kleinen Mädchen, das mit mehreren schweren, genetisch bedingten Fehlbildungen, unter anderem von Herz, Zwerchfell und Bauchwand, zur Welt kommt. Ihre Krankheit heißt „Pentalogie von Cantrell“ und ist extrem selten. Die Reportage schildert eindrücklich, wie Emma am Allgemeinen Krankenhaus Wien durch die fachübergreifende Behandlung von Kinderintensivmedizinern, Kinderchirurgen und Herzchirurgen therapiert wird, so dass sie heute ein einigermaßen normales Leben führen kann.

Wir freuen uns, den Gewinnerbeitrag an dieser Stelle in ganzer Länge abdrucken zu dürfen. Vielen Dank an Frau Horaczek und den Falter.

Emma liebt „Eisi“. Das sind Jolly-Eislutscher. Und Katzen. Wenn sie Katze spielt, schlängelt Emma sich um die Beine ihrer Mutter und ruft „Miau“. Im April feiert das Mädchen seinen dritten Geburtstag. Bei ihrer Geburt dachte kaum jemand, dass Emma einmal drei Kerzen auf ihrer Geburtstagstorte ausblasen wird.

Emma kam mit einem großen Loch im Bauch zur Welt. Dort, wo normalerweise Haut und Muskeln die inneren Organe schützen, wölbten sich bei ihr Darm und Leber nach außen. Dem Mädchen fehlt ein Viertel des Brustbeins und der vordere Teil des Zwerchfells. Sein Herz hatte ein Loch und auch keinen Herzbeutel, der den Herzmuskel normalerweise schützend umgibt.

„Pentalogie von Cantrell“ nennt sich das, was Emma von anderen Kindern unterscheidet. Die Ursache ist unbekannt, ein Defekt eines X-Chromosoms könnte verantwortlich sein. Nur eines von einer Million Kindern kommt mit dieser Form der Fehlbildung zur Welt. Emma ist das erste und einzige Kind in Österreich, das mit dieser Krankheit lebt.

„Ich habe ein einziges Mal ein Kind mit diesen besonders komplexen Fehlbildungen gesehen“, erzählt die Kinderintensivmedizinerin Monika Resch, die damals im AKH die Intensivstation für schwerkranke Babys leitete. „Das war 20 Jahre zuvor während meiner Ausbildung.“

Das Cantrell-Kind von damals starb kurz nach der Geburt. Monika Resch dachte, sie werde dieses seltene Krankheitsbild nie wieder sehen. Dann kam Emma. „Und wir Ärzte mussten nach ihrer Geburt in den Lehrbüchern nachschauen, wie genau diese Krankheit heißt, zu der Emmas verschiedene Fehlbildungen passen.“

Emma kam mit offenem Bauch, einem Loch im Herzen und Fehlern an Brustkorb und Zwerchfell zur Welt. Dank der Ärzte im AKH ist sie das erste Kind in Österreich, das mit diesen Fehlbildungen überlebte. Nun feiert sie ihren dritten Geburtstag.

Es war ungefähr zur Zeit von Emmas Geburt vor fast drei Jahren, als auch das Team rund um Angelika Berger ein ganz besonderes Vernetzungsprojekt im AKH startete. Das AKH am Wiener Gürtel zählt nicht nur in der Kindermedizin zu den Spitzenspitälern. 2021 erst wählte es das US-Magazin Newsweek auf Platz 27 weltweit.

Die Intensivmedizinerin Berger leitet die Neonatologie am AKH, jene Abteilung, die Frühgeborene und schwerkranke Neugeborene behandelt. Sie brachte damals im Comprehensive Center for Pediatrics (CCP) alle Abteilungen des Allgemeinen Krankenhauses und der Meduni Wien zusammen, die sich um Schwangere, Kinder und Jugendliche kümmern.

„Wir behandeln fast ausschließlich schwerkranke Neugeborene, Kinder und Jugendliche mit teils sehr seltenen Erkrankungen oder komplexen Fehlbildungen und Syndromen“, sagt Berger. Da sei es nur naheliegend, dass die zahlreichen Spezialistinnen und Spezialisten aus den verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses an einem Strang ziehen.

Abb. 1: Emma im Frühjahr 2018, kurz nach ihrer Geburt, auf der Intensivstation im AKH


Wir Ärzte mussten nach Emmas Geburt in den Lehrbüchern nachschauen, wie genau diese Krankheit heißt, zu der ihre Fehlbildungen passen.“

Diese fächerübergreifende Zusammenarbeit ermöglicht, dass heute Kinder ein gutes Leben führen können, für die es vor einigen Jahren noch keine Chance gab.

Als nächster Schritt soll diese Vernetzung auch Raum bekommen. 2022 wird im AKH ein neuer Kinderoperationstrakt eröffnet, bis zum Jahr 2026 soll das CCP ein eigenes Haus sein. Rechts von den beiden großen Bettentürmen wird dieser Neubau samt Eltern-Kind-Zentrum stehen, als Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche, die an seltenen und schweren Krankheiten leiden: vom 400-Gramm-Frühchen über das Baby mit angeborener Fehlbildung bis zum Teenager, dem ein Tumor aus dem Körper operiert werden muss. Eine Brücke soll dann die Kreißsäle im grünen Bettenturm des AKH mit dem CCP-Gebäude verbinden.

Wie wichtig der fächerübergreifende Ansatz ist, zeigt Emma. Dass sie heute ein fröhliches Kindergartenkind ist, hat das Mädchen der Zusammenarbeit von Kinderintensivmedizinern, Kinderchirurgen und Herzchirurgen zu verdanken. Um diese individuelle Betreuung mit neuester Technologie zu verbinden, wurde das CCP Innovation Lab gegründet. Hier kommen zum Beispiel Hirnmodelle frühgeborener Babys aus dem 3D-Drucker. Sie fühlen sich ein bisschen so an wie ein Flummi.

Statt einer gräulich-weißen Hirnmasse ist das Modell, das Michael Wagner in seiner Hand hält, durchsichtig mit leichtem Gelbstich. „Das mit den Farben haut im 3D-Drucker noch nicht ganz hin“, sagt der Leiter des Simulations-und Innovations-Labs im CCP. Zwar könne man farbig drucken, „aber dann ändert sich die Festigkeit des Materials, und es fühlt sich weniger realistisch an“. Das Innovationslabor soll moderne Technologien für Therapie, Wissenschaft und Lehre nutzen. Da trainieren Ärzte am lebensechten 3D-Modell eines Frühchengehirns, wie sie später ihren Katheter in einen der Ventrikel des nur wenige Zentimeter großen Babyköpfchens legen werden. „Frühgeborene haben ein erhöhtes Risiko einer Gehirnblutung“, sagt Wagner. Und brauchen deshalb manchmal einen solchen Katheter.

Die Extremfrühchen im AKH, die zwischen der 22. und 27. Schwangerschaftswoche etwa vier Monate zu früh mit nur 400 bis 900 Gramm auf die Welt kommen müssen, neigen besonders zu diesen Blutungen. Die Modelle, die der Arzt im AKH mit Radiologen und Experten des klinikeigenen 3D-Labors anfertigt, sind für ein Produkt der Spitzenmedizin vergleichsweise billig: Ein im 3D-Drucker nachgebauter Gehirntumor kostet zwischen 100 und 500 Euro, doch hilft er Ärzten, Operationen zu simulieren. „Mit diesen Modellen lassen sich schwere Komplikationen bei der Behandlung verhindern“, sagt der Leiter des Innovation Lab im CCP.

Bei Emma sah in der Schwangerschaft anfangs alles gut aus. Ihre Mutter arbeitete damals für eine internationale Organisation im Irak. Sie ging regelmäßig zu den Vorsorgeuntersuchungen, und die Schwangerschaft verlief komplikationslos. „Weil die Ärzte dort beim Ultraschall die Fehlbildung übersehen haben“, erzählt Margit Drexler, Emmas Mutter. Um die 20. Schwangerschaftswoche, Emma war damals schon etwa 25 Zentimeter groß, ließ ein seltsames Bauchgefühl die Mutter einen Zusatztermin bei einer Ultraschallspezialistin vereinbaren. Die Ärztin schallte den Bauch, sprach aber kein Englisch. Also blätterte sie vor der Mutter in einem medizinischen Fachbuch und deutete auf einen griechischen Begriff: Omphalozele. Ein großer Nabelschnurbruch, bei dem innere Organe des Fötus nach außen drängen. Etwa jedes 5000. Neugeborene ist davon betroffen.

Mit dieser Diagnose reiste Emmas Mutter sofort nach Wien. „Dort entdeckte ein Arzt beim nächsten Ultraschall auch Emmas Herzfehler“, erzählt Drexler. Zwischen den Herzkammern des Mädchens war ein Loch. Mehrmals habe der Arzt seine Hände auf den Bauch der Mutter gelegt und gesagt, sie könne die Schwangerschaft immer noch beenden. „Aber da hat ihm Emma einen derart festen Tritt gegeben, dass er sofort seine Hände von meinem Bauch wegnahm.“ In diesem Moment habe ihre Mutter gewusst: Dieses Kind will bleiben.

Bleiben, das bedeutete bei Emma bis zum ersten Geburtstag, kaum mehr von der Welt zu sehen als den Operationssaal und die Intensivstation. Ihre „Case-Managerin“ wurde Monika Resch, die damalige Leiterin der Kinderintensivstation für schwerkranke Babys. Sie betreute das Baby auf der Station und entschied mit den Chirurgen, wann Emma stabil genug ist für die verschiedenen Operationen an Bauch und Herz. „Wir hatten das Glück, dass Emmas Organe außerhalb des Körpers von einem dünnen, durchsichtigen Gewebe überzogen waren“, erzählt Martin Metzelder, der Chef der Kinderchirurgie am AKH, der Emma operierte. Diese dünne Schutzschicht verhinderte das Eindringen von Keimen in den Bauchraum. Deshalb konnte sich Emma ein paar Tage mit einem Tubus in der Luftröhre, mit Schmerzmitteln und intensivmedizinischer Betreuung von der Geburt erholen.

Dann ging es in den Operationssaal. Kinderchirurg Metzelder rekonstruierte Emmas fehlendes Zwerchfell und verlagerte anschließend die inneren Organe zurück in die Bauchhöhle. Dann schloss er den Bauchraum mit einem Implantat aus medizinischem Kunststoff, das er an dem Bindegewebe des kleinen Mädchens fixierte.

Über diesem Kunststoffpatch verschloss er die Haut des Babys. Ein schwieriger Eingriff, auch weil der Bauchraum des Mädchens ungewöhnlich klein war. „Normalerweise wächst der Körper im Mutterleib, weil die Organe mehr Platz benötigen“, sagt der Chirurg. „Aber wegen Emmas angeborenem Bauchwanddefekt lagen ihre inneren Organe außerhalb der Bauchhöhle. Das führte dazu, dass ihre Bauchhöhle im Mutterleib durch den fehlenden Druck der Organe, die außerhalb lagen, nicht mitwachsen konnte.“

Die Bauchoperation war nur einer der vielen Eingriffe, die Emmas Leben retteten.

Vier Monate später musste das Implantat wieder raus aus dem Bauch, und der Kinderchirurg Metzelder konnte Emmas Bauch ganz verschließen.

Aber dann war da noch das Loch im Herzen. Bei so kleinen Kindern ist das Herz so groß wie eine Walnuss. „Wir korrigieren Herzfehler in der Regel früh, weil der Sauerstoffmangel sonst Schäden an den Organen auslösen kann“, sagt der Herzchirurg Daniel Zimpfer, der das Kinderherzzentrum am AKH leitet. Deshalb kommen manche seiner kleinen Patienten schon in der ersten Lebenswoche unters Messer. Erst vor wenigen Monaten schnitt Zimpfer einem 950-Gramm-Frühgeborenen einen Tumor aus dem offenen Herzen und rettete dem Kind das Leben. Das Babyherz war gerade einmal so groß wie ein Marillenkern, der Tumor um einiges größer. Es war das erste Mal, dass ein solcher Eingriff gelang. Nicht nur in Wien, sondern weltweit.

Ein Loch im Babyherzen wie bei Emma ist für Zimpfer und sein Team hingegen beinahe tägliche Routine. „Für Eltern ist es natürlich eine dramatische Erfahrung, wenn ihr Kind am offenen Herzen operiert werden muss“, sagt Zimpfer, „aber zumindest in der westlichen Welt erreichen 98 Prozent der Kinder mit Herzfehlern das Erwachsenenalter.“

Durchschnittlich acht Mal pro Woche wird im AKH ein Kind am Herzen operiert. Eine Handvoll Kinder ist derzeit mit einem mechanischen Kunstherzen als Implantat im AKH in Behandlung und wartet auf ein Spenderorgan. Ungefähr zehn Kinderherztransplantationen gibt es hier jedes Jahr. Innere Organe wieder zurück in den Körper zu montieren, offene Bauchhöhlen zu schließen und Löcher im Herzen zu stopfen, sind nur ein kleiner Teil dessen, was die Spezialistinnen und Spezialisten im CCP-Verbund am AKH können. Das Potter-Syndrom zum Beispiel, bei dem sich im Embryo keine funktionsfähige Niere entwickelt, war früher ein Todesurteil. „Heute können wir hier im AKH rasch nach der Geburt eine Blutwäsche über das Bauchfell durchführen und dem Kind so eine Chance geben“, sagt Kinderintensivmedizinerin Berger. Mit etwa einem Jahr ist dann eine Nierentransplantation möglich.

Abb. 2: Angelika Berger leitet die Neugeborenen- und Kinderintensivstationen im AKH und baut das neue Zentrum für schwerkranke Kinder und Jugendliche auf [Foto, © Heribert Corn].

Abb. 3: Herzchirurg Daniel Zimpfer operiert Tumore aus Babyherzen und führt Herztransplantationen durch. Er verschloss auch Emmas Loch im Herzen [Foto, © Heribert Corn].

Oder Kinder, die unter so schweren epileptischen Anfällen leiden, dass ihnen kein Medikament hilft. Die Ärzte der Neurochirurgie im AKH schneiden als Einzige in Österreich kleine Areale im Hirngewebe heraus, um so die Anfälle zu stoppen. Neben der Therapie schwerstkranker Kinder geht es im CCP auch wesentlich um Forschung und Lehre. Zum Beispiel das Entwickeln innovativer Operationsansätze. In der Kinderklinik lässt Michael Wagner Studierende mit jenen Gadgets trainieren, die man aus Videospielen oder Filmen kennt.

„Wir arbeiten mit Virtual Reality, mit digitalen Hologrammen oder eben auch mit 3D-Druck“, erzählt der Arzt. Das Innovation Lab kann zum Beispiel eine dreidimensionale Darstellung des Tumors im Gehirn eines Kindes in einen virtuellen Raum projizieren. Die Mediziner tragen spezielle Videobrillen und sehen so den Tumor vor sich schweben. „Da können sich die Chirurgen den Tumor von allen Seiten ansehen und Experten aus anderen Ländern dazuschalten, um gemeinsam die Operation zu planen.“

Auch Carlos Reck-Burneo arbeitet mit dem 3D-Drucker. Der Kinderchirurg am AKH hat sich auf die chirurgische Reparatur von Deformationen im Unterleib spezialisiert. Eines von 5000 Kindern kommt mit einer Missbildung im Bereich des Darmausgangs, der Harnröhre oder der Genitalien zur Welt. Zwischen acht und zehn kleine Patienten mit anorektalen Fehlbildungen operiert das AKH im Jahr.

Darunter sind ein bis zwei Mädchen, die unter der schwersten Form, einer sogenannten Kloake im Unterleib, leiden. Sie haben untenrum statt drei nur eine einzige Körperöffnung. „Ohne Operation sterben diese Kinder an Nierenversagen“, erklärt der Chirurg. Im AKH erhalten sie als Erstes einen künstlichen Darmausgang. „Danach rekonstruieren wir operativ Harnröhre, Darmausgang und Vagina.“ Früher sei es eine Art Überraschungspaket gewesen, wenn er und seine Kollegen den Körper der Kinder zur Rekonstruktion öffneten. „Nun sehe ich anhand des 3D-Modells schon vor der Operation genau, wo das Problem liegt und wie ich es operiere“, sagt der Mediziner. „Außerdem kann ich jetzt auch den Eltern viel besser erklären, was mit ihrem Kind los ist.“

Weil jede Fehlbildung anders ist, verwendet Reck-Burneo seine Modelle auch bei der Fortbildung jüngerer Ärztinnen und Ärzte, die anhand dieser 3D-Modelle lernen, wie sie einen verkürzten Babydarm mit dem Schließmuskel verbinden oder eine Vagina nachbauen. „Da hoffen wir, dass wir in absehbarer Zukunft auch Gewebeteile wie etwa Vaginalgewebe mit dem 3D-Drucker selbst herstellen können“, sagt der Arzt.

Das Training an Modellen ist auch ein Schwerpunkt des Innovation Lab im CCP. Da üben Jungmediziner im Simulationstraining und bald auch mit Virtual Reality-Brillen auf dem Kopf wie sie ein Neugeborenes, das nicht atmet, wiederbeleben und intubieren. Oder sie lernen am 3D-Modell eines nur wenige Zentimeter großen Brustkorbs eines Extremfrühchens, wie sie mit einer dünnen Nadel zwischen den vierten und fünften Rippenbogen stechen, damit die Lunge nicht zusammenfällt.

All diese Innovationen kosten Geld. Der Bund und die Gemeinde Wien finanzieren den Bau des neuen CCP, „für vieles andere, wie unsere Forschungsprojekte und zusätzliche Angebote, sind wir auf Drittmittel und Spenden angewiesen“, sagt die CCP-Leiterin Berger. Zum Beispiel für Musiktherapie an der neonatologischen Intensivstation oder die Musikwerkstätte und Kunsttherapie für jene schwerkranken Kinder, die monatelang hierbleiben müssen.

So wie Emma, die wahrscheinlich auch bald wieder Gast im AKH sein wird. Es ist nur eine Frage der Zeit bis zu Emmas nächstem Besuch im Operationssaal. Irgendwann wird sie neue Herzklappen brauchen. Weil sich die Herzfunktion ihrer Tochter zuletzt etwas verbesserte, hofft die Mutter, dass es bis zum nächsten Eingriff noch etwas dauert. „Dann ist die Forschung hoffentlich schon so weit, dass Kinder mitwachsende Herzklappen bekommen können“, sagt Emmas Mutter.

Abb. 4: Maßstabgetreues 3D-Modell des Brustkorbes eines 400-Gramm-Frühchens. An ihm üben Ärzte, wie sie mit einem Nadelstich in die Babylunge Leben retten [Foto, © Heribert Corn].

Abb. 5: Fehlbildung an Darm und Harnröhre eines Babys, nachgebaut mit dem 3D-Drucker.An solchen Modellen trainieren Ärzte im AKH neue Operationsmethoden [Foto, © Heribert Corn].

Abb. 6: Kinderintensivmediziner Michael Wagner (l.) und Kinderchirurg Carlos Reck-Burneo nützen 3D-Modelle, etwa zur Vorbereitung schwieriger Operationen [Foto, © Heribert Corn].

Abb. 7: Martin Metzelder ist Chef der Kinderchirurgie im AKH. Er rekonstruierte Emmas Zwerchfell und operierte die Organe zurück in den Körper des Mädchens [Foto, © Heribert Corn].

„Es ist aber nicht nur die Spitzenmedizin, der Emma ein weitgehend normales Leben verdankt“, sagt Intensivmedizinerin Resch, die das Kind von der Geburt an betreut. „Es war auch ihre Mutter, die für Emma gekämpft hat wie eine Löwin.“ Dort, wo heute Emmas Puppenküche steht, habe es früher ausgesehen wie in einem Therapieraum, erzählt Emmas Mutter. Schließlich musste ihr Mädchen erst Bauchmuskeln entwickeln. Heute ist das Zimmer voller Spielsachen. Nur eine Collage an der Wand mit Bildern aus Emmas erstem Lebensjahr erinnert an die Zeit im AKH. Sie zeigt das Mädchen mit einer Ernährungssonde in der Nase und wie sie an Infusionen angehängt im Krankenbett liegt.

„Natürlich ist meine Tochter anders“, sagt ihre Mutter. „Oder kennen Sie eine Zweijährige, die ihr eigenes Tablet hat? Aber wie sonst kriege ich sie dazu, bei den regelmäßigen Kontrolluntersuchungen still zu liegen?“ Als herzkrankes Kind vertrage Emma auch Hitze nur schlecht. „Im Sommer sind wir viel zu Hause.“

Aber abgesehen davon hüpft Emma wie ein Duracell-Häschen durch das Haus, lacht, quietscht, klettert und zieht Grimassen, wie es Kinder in ihrem Alter eben tun. „Natürlich hat Emma ihre Probleme“, sagt ihre Mutter. „Aber ich habe sie nie als krankes Kind behandelt.“

Das Comprehensive Center for Pediatrics (CCP) ist ein Zusammenschluss jener Spezialistinnen und Spezialisten von AKH und Meduni Wien, die schwerkranke Schwangere, Kinder und Jugendliche behandeln.

Zum CCP gehören die Universitätskliniken für Kinderheilkunde, Kinderpsychiatrie, Kinderchirurgie und Geburtshilfe sowie die Kinderradiologie, Kinderanästhesie, Kinderurologie, Kinder-HNO, Kinderneurochirurgie, Kinderherzchirurgie und viele weitere Spezialteams.

Die Ärztinnen und Ärzte behandeln, forschen und bilden medizinischen Nachwuchs mit innovativen Methoden aus. Bald wird das CCP auch ein eigenes Gebäude auf dem Areal des AKH bekommen. ccp.meduniwien.ac.at

Nina Horaczek

Chefreporterin Falter

Marc Aurel-Strasse 9

1010 Wien/Österreich

[email protected]

www.falter.at

Erstveröffentlichung: „Falter“ Nr. 10 / 2021 vom 10.03.2021 Seite 40,41,42,43. Ressort: Stadtleben

Panorama

Horaczek N: Emma lebt. Passion Chirurgie. 2022 März; 12(03): Artikel 09_01.

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