Praktisches Seminar Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie Naht- und Knotentechniken in Recklinghausen 03. – 06. April 2013, Basisseminar des BDC
Unser Recklinghausener Kurs ist eigentlich kein spezifischer dieses Namens, sondern die jetzt dritte Staffel eines gemeinschaftlich von den Viszeral- und Gefäßchirurgen der St. Franziskus-Stiftung Münster im Jahr 2012 ins Leben gerufenen Kurses – in Zusammenarbeit mit und nach dem Seminar-Modulkonzept des Berufsverbandes. In gleicher Form und mit fast identischen Tutoren hat der Kurs in 2012 bereits in Münster (Leitung PD Dr. Stöhr) und in Krefeld (Leitung Prof. Dr. Verreet und Dr. W.-U. Schmidt) stattgefunden. Es sei vorweggenommen, dass von Dozentenseite der wesentliche Mentor Dr. Frank Klammer ist, zurzeit Sprecher der Fachgruppe Viszeralchirurgen der St. Franziskusstiftung, aus Ahlen in Westfalen. Er zeichnet auch organisatorisch für den nächsten bereits terminierten Kurs verantwortlich (12. – 14.09.2013). Die Veranstaltungsorte im nächsten Jahr stehen noch nicht fest – doch wird es sicher wieder einen Frühjahr- und einen Herbsttermin geben.
Das Erfolgsrezept dieses bisher sehr gut angenommenen Kurses liegt in der konsequenten Praxisnähe, der Konstanz und Motivation der Tutoren und dem günstigen Kopfverhältnis Tutor zu Teilnehmer (1:3 angestrebt). Ein weiterer Erfolgsgarant ist die freundschaftliche Einbindung der Industriepartner mit sowohl Vorträgen als auch Bereitstellung von Hightech-Instrumentarium.
Nicht unerheblich für den sachlich messbaren und auch für den gefühlten Erfolg ist ferner die Location. Hier haben wir als Veranstalter mit dem Residenzhotel in Recklinghausen-Mitte (am Festspielhaus) nach Meinung aller Beteiligten einen Glücksgriff getan.
Teilnehmer
Nach anfänglich etwas zögerlich eingehenden Anmeldungen kamen immerhin 20 Teilnehmer zusammen (Vorgabe des BDC: Mindestzahl 18, Höchstzahl 24). Die Zielgruppe wurde recht genau erreicht, alle Teilnehmer waren im ersten Jahr der Weiterbildung, einige in den ersten drei Monaten. Die Mehrheit gab das Berufsziel Viszeralchirurgie an, viele sind aber innerhalb der Spezialisierung naturgemäß noch unentschlossen; der ein oder andere ließ sich auch durch den Kurs inspirieren.
Die regionale Verteilung war breit gestreut: wir hatten Teilnehmer schwerpunktmäßig aus Nordrhein-Westfalen, insgesamt waren weitere fünf Bundesländer vertreten, von Schleswig-Holstein über Baden-Württemberg bis Sachsen. Das Geschlechterverhältnis war fast ausgeglichen, acht Damen trafen auf 12 Herren.
Auch die geographischen Ursprungsländer der Teilnehmerinnen und Teilnehmer spiegeln die gefühlte Wirklichkeit in der deutschen Chirurgie wieder: mehr als die Hälfte der Teilnehmer waren nicht in Deutschland geboren. Die Herkunftsländer umspannen den Globus von Peru, Thailand, Ägypten, Georgien bis in den EU-Bereich: Spanien, Ungarn, Rumänien und Niederlande.
Kursablauf
Die auswärtigen Teilnehmer trafen erwartungsgemäß am Vorabend des offiziellen Beginns (Donnerstag) im Hotel ein. Hier ergab sich eine spontane Kennenlernrunde zusammen mit dem Kursleiter sowie dem wichtigsten Partner der Industrie, Herrn Dombrowski von der Firma Takeda/Nycomed.
Donnerstag
Thema des Tages war Einführung in die konventionellen Nähte am Gastrointestinaltrakt, aufgeteilt in oberer GI-Trakt und unterer, jeweils verschiedene Formen der Handnaht an Schweinepräparaten. Zunächst aber gab sich der Geschäftsführer des BDC, Dr. Ansorg, die Ehre und begrüßte die Teilnehmerinnen und Teilnehmer persönlich, stellte dabei das Kurskonzept des BDC anschaulich und prägnant dar, ferner die weiteren Leistungen des BDC für seine Mitglieder.
Danach ging es aber zügig zum Thema: Nahtkunde. Dr. Klammer aus Ahlen und Prof. Brüwer aus Münster hielten die Einführungsreferate, in denen die üblichen Nahttechniken vorgestellt wurden.
Abb. 1: Konzentriertes Training in 2er-Gruppen unter fachkundiger Anleitung. ( Dr.Walter Engels, Dr. Michael Pillny“)
Ab 10.45 Uhr ging es dann in die Workshops, jeweils in zwei Gruppen, die nach der Mittagspause wechselten. Die Übungszeit betrug jeweils zweieinhalb Stunden. An Tischen zu zwei Teilnehmerinnen/Teilnehmern mit jeweils einem Tutor (fast immer !) wurden die bereitgestellten tierischen Präparate mittels Fäden der Firma Ethicon (Vicryl) in professioneller Weise vereinigt.
Am Nachmittag war die Lokalpresse zu Besuch. Die Journalistinnen waren sehr beeindruckt und titelten am folgenden Montag „Jeder Stich ein Treffer“. Bezeichnend für das angenehme und motivierende Klima war die Neigung der Teilnehmer (-innen), die Übungszeiten zu überziehen und die Pausenzeiten ebenfalls zum Nähen zu nutzen. Kursende war dann aber doch um 18.30 Uhr. Danach war Freizeit angesagt mit Gelegenheit zur Erkundung des Recklinghausener Altstadtlebens.
Freitag
Der Freitag stand im Zeichen einmal der Instrumentenkunde und der Elektrochirurgie (Stapler und HF-Chirurgie-Geräte einschließlich Thermokoagulation). Zweites Hauptthema war die Gefäßchirurgie. Nach Start um 9.15 Uhr wurden wiederum die Gruppen geteilt in jeweils 10 Aktive.
Gruppe I: Nach kurzen Einführungsreferaten mit entsprechenden Folien folgte ausgiebige Zeit für eigenständige Übungen an den vorgestellten Geräten.
Bei der Instrumentenkunde ist wiederum als Dozent Dr. Klammer hervorzuheben, der seinem Namen alle Ehre erwies, indem er die verschiedenen linearen und zirkulären Klammernahtgeräte vorstellte sowie anschließend den Teilnehmern auf die Finger sah, wenn sie selbst Anastomosen an Schweinedärmen durchführten.
Gruppe II: Im zweiten Workshop „Gefäßanastomosen“ war nicht nur der Unterzeichner beteiligt, sondern weitere erfahrene Gefäßchirurgen aus den Häusern der Franziskus-Stiftung (Münster, Recklinghausen). Hier lernten die Teilnehmer übliche Nahttechniken an Schweineaorten beziehungsweise an Gefäßprothesen. Für die Dacron- und PTFE-Prothesen gebührt der Dank der Firma Braun-Melsungen, die Firma Ethicon half wiederum mit dem Standardfaden Prolene.
Freitagabendveranstaltung
Bei so viel skizziertem Fleiß blieb auch Zeit für gemeinsame Erholung und zum gegenseitigen Kennenlernen. So ging es am Abend in die bereits erwähnte Recklinghausener Altstadt, d. h. in die Brauereikneipe schlechthin, wo man in uriger Atmosphäre beim Bier und rustikalem westfälischem Essen zusammensaß. Highlight des Abends war ein Zauberkünstler, der insbesondere die Damen mit verhexten Knoten zur Verzweiflung brachte. Manche waren froh, dass er nicht zum ersten Kurstag zum Thema Knotentechniken eingeladen war.
Samstag
Der letzte und intensivste Tag war den laparoskopischen Methoden gewidmet, unter dem Stichwort Pelvitrainer, POP-Trainer und als besonderer Höhepunkt des Kurses das Auftreten des Endomobils. Wiederum wurden die Gruppen geteilt, so dass genügend Zeit für jeden Einzelnen blieb, sich sowohl am Plexiglastrainer, am POP-Trainer mit perfundierten Organen als auch im Simulator im Endomobil nachhaltige Eindrücke zu verschaffen, wie laparoskopisches Operieren am Patienten funktioniert. Hervorzuheben ist das Engagement der Krefeld-Uerdinger Tutorentruppe um Dr. Schmidt, die mit nicht weniger als vier Dozenten angereist waren. Der Firma Storz ist zu danken für die Bereitstellung der Video-Optiken und der laparoskopischen Intrumente.
Geübt wurde an den von Herrn Dombrowski (Takeda) hervorragend präparierten perfundierten Organen im POP-Trainer die Cholezystektomie, Appendektomie und die Ulkusübernähung am Magen.
Von den Teilnehmern am besten angenommen wurde aber das Endomobil, welches auf dem Parkplatz abgestellt war und nur durch leichten Nieselregen erreicht werden konnte. Dies tat aber der Begeisterung der Teilnehmer keinen Abbruch. Im Endomobil sind vier Arbeitsplätze mit elektronisch gesteuertem Computerprogramm in verschiedenen Schwierigkeitsstufen, in denen laparoskopische Operationen sehr realitätsnah geübt werden können: beginnend mit Erbsen Auflesen und endend mit Cholezystektomie einschließlich iatrogener Blutung. Besonderer Dank gebührt Frau Sabine Wueppermann von Ethicon, die das Endomobil betreute.
Am letzten Tag schlug jedoch auch die harte Realität mancher chirurgischer Kliniken zu Hause durch: So wurde ein Teilnehmer bereits am Freitagabend abberufen, um einen Bereitschaftsdienst zu übernehmen und ein weiterer Teilnehmer am Samstagmittag, da zu Hause ein Kollege krank geworden war.
Evaluation
Nach Auswertung der Evaluation sonnten sich die Veranstalter in 16-mal „sehr gut“-Benotung und 3-mal „gut“ (ein Teilnehmer war bereits abgereist). Natürlich gibt es trotz der insgesamt positiven Aufnahme dieses Kurses weiterhin Verbesserungspotential. Generalbotschaft aller Einzelbewertungen ist: Noch weniger Theorie, noch mehr Praxis.
Da wie einleitend erwähnt dieser Kurs weiter regelmäßig stattfinden soll – nur an unterschiedlichen Orten – werden die Kursmacher diesen Wunsch mit Sicherheit berücksichtigen.