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Das Verhältnis der Unfallchirurgen zum BDC, und ich spreche hier im Wesentlichen für die in der Klinik tätigen Kollegen, ist geprägt von starken positiven Veränderungen in den letzten Jahren. Bis 1992 war die Unfallchirurgie ein Teilgebiet der Chirurgie, Unfallchirurgen empfanden, ob zu Recht oder zu Unrecht, den BDC als Berufsverband im Wesentlichen der Allgemeinchirurgen mit relativ geringem Interesse für die Unfallchirurgie und für die Unfallchirurgen. Diese befanden sich in einem – gelegentlich auch schwierigen – Emanzipationsprozess, der von den anderen chirurgischen Disziplinen nicht immer ausschließlich mit Wohlwollen gesehen wurde. Die Vertretung der Unfallchirurgie im BDC durch Junghanns, Havemann Jungbluth und später Wolters war institutionalisiert, aber die Kooperationen waren doch sehr begrenzt.

So weit mir bekannt ist, fällt die erste wirklich gewichtige Unterstützung, die die Unfallchirurgen als Gruppe durch den BDC erfahren haben in die Phase der Diskussion der neuen Weiterbildungsordnung im Jahre 1992. In außerordentlich schwierigen Gesprächen der Unfallchirurgen mit der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie schien es fast unmöglich, für die anstehende Musterweiterbildung, die im Jahr 1993 beschlossen wurde, die Unfallchirurgie zum Schwerpunkt der Chirurgie zu machen. Die Teilgebiete Herzchirurgie, die Kinderchirurgie und die Plastische Chirurgie hatten beschlossen, aus der Chirurgie auszuscheren und eigene Gebiete zu beantragen, was dann ja auch auf dem Ärztetag 1993 geschah. Auch in der Unfallchirurgie gab es durchaus Überlegungen, den gleichen Weg zu gehen und das Gebiet Chirurgie zu verlassen. In dieser Phase hat der BDC die Unfallchirurgen mit Macht unterstützt und mit diesen zusammen durchgesetzt, dass aus dem Teilgebiet, wie von den Unfallchirurgen gewünscht, ein Schwerpunkt Unfallchirurgie in der Chirurgie entstand. Es ist ganz zweifelsfrei das Verdienst unseres damaligen Präsidenten Hempel, die Unfallchirurgie gegen Tendenzen der DGCH unterstützt zu haben und sie dadurch für die Folgezeit näher an den BDC zu binden.

Von 1990 an war Rehm Vertreter der Unfallchirurgen im Berufsverband. In dieser Zeit entwickelte sich bei den Unfallchirurgen zunehmend die Erkenntnis über die Wichtigkeit berufspolitischer Aktivitäten, sodass sowohl in der DGU als auch im Verband leitender Unfallchirurgen (VLU) Überlegungen angestellt wurden, einen eigenen Berufsverband zu gründen. In diese Überlegungen und Gespräche wurden von Seiten des BDC Karl Hempel für die DGU und Jens Witte für den VLU eingebunden. Nach vielen offenen und intensiven Gesprächen wurde verabredet, die Zusammenarbeit der Unfallchirurgen mit dem Berufsverband zu intensivieren und damit die Gründung eines eigenen unfallchirurgischen Berufsverbandes entbehrlich zu machen. Das Referat Unfallchirurgie im BDC wurde nach dem Umzug von Hamburg nach Berlin und der Übernahme des Präsidentenamtes durch Witte durch mich besetzt.

Ich war damals langjähriges Mitglied im Präsidium und im berufsständischen Ausschuss der DGU und erster Vorsitzender des VLU. Man erwartete von mir sowohl von Seiten des BDC als auch von der DGU eine Intensivierung der Zusammenarbeit mit dem BDC, aber auch eine deutlich erkennbare Interessenvertretung speziell der in der Klinik tätigen Unfallchirurgen im BDC. Das Referat Unfallchirurgie entwickelte sich rasch, wie J. Witte wiederholt berichtete, zum am stärksten in Anspruch genommene Referat, in dem zahllose fachspezifische Anfragen beantwortet werden konnten. Große Aufmerksamkeit und Anerkennung fand unter den Unfallchirurgen ein Aufsatz, den ich gemeinsam mit J. Witte schrieb und der im Chirurg BDC und im Unfallchirurgen publiziert wurde: Aufgabenverteilung beim Polytrauma und bei Höhlenverletzungen. Die Zusammenarbeit mit dem Präsidium, ganz besonders aber mit dem Präsidenten Witte war gekennzeichnet durch gegenseitigen Respekt, völlige Offenheit und absolute Zuverlässigkeit. Es entwickelte sich ein geradezu freundschaftliches Verhältnis. Die Arbeit mit J. Witte hat einfach Freude gemacht.

Nach dem viel zu frühen Tod von J. Witte wurde ich 2004 mit Unterstützung der DGU als Vizepräsident unter dem neuen Präsidenten Polonius vorgeschlagen und dann auch von der Mitgliederversammlung gewählt. Ich habe das als große Ehre, aber auch als Herausforderung empfunden, die mit J. Witte begonnene enge Kooperation der Unfallchirurgen mit dem BDC fortzusetzen und möglichst noch zu intensivieren. Neben der Vertretung der Unfallchirurgen, die durch den neuen Leiter des Referats Unfallchirurgie Pennig unterstützt wurde, habe ich meine Aufgabe im wesentlichen darin gesehen, den Präsidenten bei der Erfüllung seiner Pflichten zu unterstützen, ihn soweit zu entlasten, wie dies möglich war und besonders den Kontakt zu den Unfallchirurgen, die inzwischen das zahlenmäßig größte Fach im Gebiet der Chirurgie darstellen, sicherzustellen und zu pflegen. Dieses gilt im Besonderen für die Arbeit in der gemeinsamen Weiterbildungskommission des Berufsverbandes und der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie, in der ich seit 1999 ununterbrochen mitgearbeitet habe. Seit 2004 im Ruhestand war es mir möglich, eine höhere zeitliche Präsenz in Berlin sicherzustellen und den Präsidenten bei seiner enormen Terminbelastung auch außerhalb Berlins häufig zu vertreten.

Gemeinsam mit der DGU wurden die seit langem bestehenden Seminare zur Vorbereitung auf die Facharztprüfung und auf die Prüfung für den Schwerpunkt Unfallchirurgie gestaltet, sie waren und sind ein unverzichtbarer Teil der unfallchirurgischen Weiterbildung. Inhaltlich sind diese immer durch die wissenschaftliche Gesellschaft und ihre Mitglieder strukturiert, der Berufsverband beschränkt sich verabredungsgemäß auf die Organisation dieser immer sehr gut angenommenen Seminare. Neue Seminare mit unfallchirurgischen Inhalt, wie die kurrikulären Seminare zur Handchirurgie und zur Fußchirurgie, aber auch das regelmäßig veranstaltete Seminar zur Gutachtenerstellung stießen bei den Unfallchirurgen auf großes Interesse und werden mit großem Engagement der beteiligten Unfallchirurgen fortgesetzt. Es ist eine meiner Hauptaufgaben, die Kooperation des Berufsverbandes mit den Unfallchirurgen zu stärken, – zum Nutzen beider und der durch sie vertretenen Kollegen.

Die Entwicklung der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zu einer Dachgesellschaft der chirurgischen Fachgesellschaften, die eine logische Folge der neuen Weiterbildungsordnung ist, macht es für die Zukunft notwendig, das Verhältnis des BDC zur wissenschaftlichen Dachgesellschaft DGCH neu zu überdenken und den veränderten Bedingungen anzupassen. Diese gewiss nicht immer einfache Herausforderung, die die Kernkompetenzen beider Partner berücksichtigen muss, wird für die kommende Zeit die Gremien des Berufsverbandes erheblich beschäftigen und seine gesamte Kompetenz und Geschlossenheit erfordern. Eine sachgerechte Verteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten zwischen DGCH und BDC ist für die Zukunft der gesamten deutschen Chirurgie von entscheidender Bedeutung.

Autor des Artikels

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Prof. Dr. med. Tilman Mischkowsky

BDC-Vertreter in der Projektgruppe „Ökonomie und Ethik“ehem. vizepräsident des BDCMitglied der AOTrauma DeutschlandDüwellstr. 1787435Kempten kontaktieren

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