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Wie gut eignet sich das Instrument der SWOT-Analyse zur Verbesserung der Patientensicherheit?

Betrachtet man neuere Qualitäts- und Risikomanagementvorgaben, so wird deutlich, dass sich die Einrichtungen nicht nur mit ihren Risiken und Schwächen, sondern auch mit ihren Chancen und Stärken auseinandersetzen sollen. Die DIN EN ISO 9001:2015 fordert zum Beispiel die gleichberechtigte Auseinandersetzung mit Risiken und Chancen und verweist auf die SWOT-Analyse als wichtiges Instrument zur Steuerung.

Abgeleitet aus der ISO 9001:2015 geht es darum, Risiken und Chancen im Vorfeld zu identifizieren, Maßnahmen zur Umsetzung in einen Plan aufzunehmen und die Wirksamkeit zu beurteilen. In Verbindung mit der neuen Anforderung des „risikobasierten Denkens“ müssen auch Ansprüche an das Patientensicherheitsmanagement berücksichtigt werden.

Im Kontext der Zertifizierung nach EN ISO 9001:2015 wird an verschiedenen Stellen explizit auf die Nutzung von Chancen und Risiken hingewiesen. So soll zum Beispiel unter Punkt 9 zur Bewertung der Leistung eine SWOT-Analyse durchgeführt werden. Außerdem soll die Methode innerhalb der Managementbewertung genutzt werden.

Tab. 1: Bei der SWOT-Analyse werden interne und externe Faktoren einbezogen.

Stärken =
Strengths

Bereiche, in denen wir gut sind, bzw. in denen wir besser sind als die Konkurrenz

Schwächen =
Weaknesses

Bereiche, die bei uns verbessert werden müssen, bzw. in denen wir schlechter sind als die Konkurrenz

Chancen =
Opportunities

Externe Faktoren, die sich auf alle Anbieter auswirken und unsere Stärken ausbauen können

Risiken =
Threats

Externe Probleme/Risiken, denen alle Anbieter ausgesetzt sind und die uns weiter schwächen können

Die SWOT-Analyse ist ferner fester Bestandteil im Rahmen des Peer-Review-Berichtes der Bundesärztekammer und wird im Zusammenhang mit den aktuellen Qualitätsindikatoren der DIVI (Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) genutzt. So sollen Themen wie Personal, Reporting, SOPs/Standards, Team/Kommunikation etc. mit der SWOT-Analyse beleuchtet werden (Leitfaden Ärztliches Peer Review 2014).

Die SWOT-Analyse ist als Teil der Managementbewertung geeignet, die Chancen herauszuarbeiten und generell eine positivere, auf die Stärken und Chancen ausgerichtete Arbeitsweise in den Qualitätsmanagement-Teams zu unterstützen. Sie ist ein strategisches Instrument, das primär die „Ist-Situation“ der Organisation sieht und das Ziel hat, Prozesse und Strukturen in der Organisation zu verbessern. Wobei positive und negative Tendenzen gleichermaßen berücksichtigt werden. Eine klare Zielvorgabe mit Entwicklungszielen ist Voraussetzung für die erfolgreiche Nutzung dieses Analyse-Werkzeugs.

Identifizierte klinische Risiken und Prozessmängel können mit der SWOT-Analyse aus unterschiedlichen Blickwinkeln bewertet werden. Die Qualitätsverantwortlichen sind bemüht, im Vorfeld eine möglichst einfache Anwendung der Instrumente zu ermöglichen, um eine hohe Akzeptanz auf Seite der Mitarbeitenden für das Verfahren zu erzielen.

Folgende Schwerpunkte der Analyse betreffen die Gesamtorganisation und sollen herausgestellt werden.

  • Marktsituation, Wettbewerbsvorteile und Strategieentwicklung
  • Wachstum und Zukunftsperspektive für die Organisation und ihre Mitarbeitenden
  • Perspektiven
  • Handlungsoptionen für die Geschäftsführung
  • Optimierung klinischer Prozesse

Stärken und Schwächen

Stärken der SWOT-Analyse sind die gute Visualisierung und einfache Nutzung, wenn zuvor die Zielsetzung, mit der die Analyse eingesetzt wird, erläutert worden ist. Das Instrument fördert Transparenz und übergreifende Kommunikation. Der Einsatzbereich ist besonders groß, sollte aber bei der Nutzung eingegrenzt werden. Im Rahmen der Bearbeitung sollen die Teilnehmenden auch einen Perspektivwechsel (Außensicht) nutzen und somit die Sichtweise Externer auf die eigenen Strukturen reflektieren.

Schwächen der SWOT-Analyse sind der hohe Zeitaufwand durch Recherche und die Gefahr subjektiver Bewertungen, falls Mitarbeitende ohne erforderliche Expertise aus den klinischen Bereichen beauftragt werden. Die Methode muss den Mitarbeitenden gut erklärt werden. Entscheidend ist, dass vom Moderator die richtigen Fragen gestellt werden.

Ziel ist es, eine strategische Analyse durchzuführen und die internen Stärken zu fördern, Schwächen/Gefahren und Risiken zu reduzieren sowie Chancen herauszuarbeiten und zu nutzen. Im Risikomanagement-Prozess sollen auf den Ergebnissen der SWOT-Analyse aufbauend weitere Instrumente zur Risikobewertung genutzt werden. Besonderes Augenmerk liegt auf der Erkennung und Ausschaltung von Bedrohungen für die Organisation.

Tab. 2: Neues Behandlungsverfahren – Fragen für eine SWOT-Analyse

Wo liegen unsere Stärken?

Profitieren wir von der neuen Methode?

Ist unser Verfahren besser als das der Mitbewerber?

Sind unsere Alleinstellungsmerkmale bekannt?

Verfügen wir über ausreichend Ressourcen?

Was führt uns zum Erfolg?

Ist unsere Reputation sicher?

Wie sehen interessierte Parteien unsere Stärken?

Wo finden sich Schwächen?

Haben wir die Behandlungsprozesse ganzheitlich und umfassend geprüft?

Was müssen wir unbedingt beachten?

Wo sehen unsere eigenen Mitarbeitenden die Schwächen für die neue Methode?

Welche Situationen, Faktoren könnten zum Misserfolg führen?

Welche Chancen bestehen?

Können wir die Methode gut vermarkten?

Haben wir die Marktentwicklung im In- und Ausland bewertet?

Haben wir aktuelle und zukünftige gesetzliche Entwicklungen berücksichtigt?

Kennen wir die Kundenbedürfnisse?

Wie werden wir in der Region wahrgenommen?

Welche Risiken bestehen?

Haben wir die Prozessrisiken sicher bewertet?

Sind die erforderlichen Ressourcen gegeben?

Was steht uns im Weg?

Wie verhalten sich Mitbewerber?

Haben wir alle nationalen Anforderungen, internationalen Trends, Qualitätsvorgaben (G-BA, Leitlinien, Fachgesellschaften…), Normen, Gesetze beachtet?

Sind die Erlössituation und Erlöserwartung sicher kalkuliert?

Sind wir auf den Technologiewandel vorbereitet?

Eingrenzung des Themas auf den klinischen Bereich

Beispiel: „Einführung des neuen Behandlungsverfahrens: Minimalinvasive Behandlungsmethode“

Generelle Fragestellung: Haben wir die Stärke, Risiken zu vermeiden? Haben wir die Stärken, unsere Chancen zu nutzen? Welche Chancen verpassen wir aufgrund unserer Schwächen? Welchen Risiken sind wir aufgrund unserer Schwächen ausgesetzt?

Fazit

Die Nutzung der SWOT-Analyse führt zur differenzierten Darstellung und Gegenüberstellung der Risiken und Chancen. In Verbindung mit gezielten klinischen Risikoanalysen kann die SWOT-Analyse eine tiefgehende Risikobetrachtung vorbereiten. Die für das Patientensicherheitsmanagement zuständigen Mitarbeitenden profitieren bei Nutzung der SWOT-Analyse zusätzlich von der Betrachtung der Stärken und Chancen. Diese Herangehensweise hilft den Teams, da sie nicht nur die Risiken in den Blick nehmen. Regelmäßig über die Stärken und Chancen zu berichten, fällt erfahrungsgemäß nicht immer leicht, sollte aber genutzt werden.

Denn schließlich heißt es ja: „Tue Gutes und rede darüber!“.

Literatur

[1] Leitfaden Ärztliches Peer Review 2014. https://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/Leitfaden_Aerztliches-Peer-Review_2014.pdf

[2] Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). https://www.divi.de/empfehlungen/qualitaetssicherung-intensivmedizin/peer-review/qualitaetsindikatoren

Krause A: Safety Clip: SWOT-Analyse – ein Instrument des Qualitäts- und Risikomanagements. Passion Chirurgie. 2019 Mai, 9(05): Artikel 04_03.

Autor des Artikels

Profilbild von Axel Krause

Axel Krause

GRB Gesellschaft für Risiko-Beratung mbHKlingenbergstr. 432758Detmold

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