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Der Ansatz ist vielversprechend, das Ergebnis aber widersprüchlich. Zu dieser Einschätzung gelangt der Marburger Bund bei der Beurteilung des Regierungsentwurfs für das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz. „Mehr Personal in der Pflege ist das Gebot der Stunde. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Der Personalmangel in den Krankenhäusern hat aber eine viel größere Dimension und führt auch im ärztlichen Dienst zu Verwerfungen. Deshalb geht die strenge Differenzierung zwischen Pflegekräften und dem übrigen nichtärztlichen sowie ärztlichen Personalbereich schlichtweg an der Realität vorbei“, kritisierte Dr. Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes, den Regierungsentwurf für das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz, der heute in öffentlicher Anhörung im Bundestagsausschuss für Gesundheit beraten wird.

Auch im ärztlichen Dienst gebe es in vielen Krankenhäusern eine unzureichende Stellenbesetzung, die zu Lasten des vorhandenen Personals, der Patientenversorgung und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehe. Es reiche daher nicht aus, allein die Personalkosten der Pflege außerhalb der DRG-Vergütungssystematik zu finanzieren. Auch die Personalkosten anderer nichtärztlicher Berufsgruppen und des ärztlichen Dienstes müssten zukünftig ausgegliedert werden. Notwendig sei ein Gesamtkonzept, das auch einen vollständigen Ausgleich von Tarifsteigerungen im ärztlichen Dienst beinhalte.

„Die Personalsituation darf nicht isoliert betrachtet werden, sie ist vielmehr Teil eines größeren Problems. Die Fehlanreize und Risiken des DRG-Vergütungssystems, insbesondere betriebswirtschaftliche Anreize zur weiteren Leistungsverdichtung auf Kosten des Krankenhauspersonals, tragen maßgeblich zu den Personalengpässen bei. In einem Dienstleistungssektor, bei dem der Personalkostenanteil rund 70 Prozent der Betriebskosten ausmacht, reagieren viele Kliniken auf veränderte Entgelte für Krankenhausleistungen mit Personalabbau. Diese Abwärtsspirale muss durchbrochen werden. Ohne eine grundlegende Reform des Vergütungssystems der Krankenhäuser werden die Probleme nicht gelöst werden können“, bekräftigte Botzlar.

Jeder habe an seiner Stelle dafür zu sorgen, dass die Verhältnisse in den Kliniken besser werden. „Besonders gefordert ist auch die Politik in den Ländern, die seit Jahren den Kliniken Investitionsmittel in Milliardenhöhe vorenthält. Die Folgen sind bekannt: Notwendige Investitionen werden aus Betriebsmitteln gespeist, die auch für das Personal gedacht sind. Oder anders gesagt: Die Personalmisere in den Kliniken resultiert maßgeblich aus dem Politikversagen der Länder bei den Krankenhausinvestitionen. Man kann es den Ländern nicht oft genug in Erinnerung rufen: Wer über die stationären Kapazitäten und den Krankenhausplan entscheidet, muss auch seinen Verpflichtungen aus dieser Verantwortung Genüge tun. Daseinsvorsorge gibt es nicht zum Spartarif“, sagte Botzlar an die Adresse der Länder.

Quelle: Marburger Bund Verband der angestellten und beamteten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V., Reinhardtstr. 36, 10117 Berlin, www.marburger-bund.de, 10.10.2017

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