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Die Landesärztekammern starten eine neue Evaluationsrunde und setzen dabei erneut auf die Kooperation mit der ETH Zürich. Der BDC unterstützt die Evaluation der Weiterbildungsstätten, stellt die Ergebnisse der letzten Erhebung aus chirurgischer Sicht vor und ruft alle Mitglieder auf, sich aktiv an der Evaluation 2011 zu beteiligen.

Einführung

Die Situation von Ärztinnen und Ärzten, die sich in Weiterbildung befinden (WBA), steht seit Jahren im Mittelpunkt zahlreicher Debatten auf Bundes- und Länderebene. Die Rahmenbedingungen ärztlicher Tätigkeit haben sich in den letzten Jahren – nicht zuletzt aufgrund der Einführung von DRGs und der Ökonomisierung der Medizin – deutlich verändert.

Um einerseits eine gute Weiterbildung zu garantieren, andererseits aber auch dem zunehmenden Ärztemangel in der Patientenversorgung entgegenzuwirken und den ärztlichen Nachwuchs zu motivieren, nicht in andere Berufsfelder zu wechseln oder ins Ausland abzuwandern, hat die Bundesärztekammer in einem gemeinsamen Projekt mit den Landesärztekammern eine Evaluation der Weiterbildung in Deutschland auf der Basis des bereits seit Jahren etablierten Erhebungsverfahrens in der Schweiz durchgeführt. Mit wissenschaftlicher Begleitung durch die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETHZ) wurden im Jahr 2007 Pilotprojekte in den Ärztekammern Bremen und Hamburg durchgeführt.

Zwischen Juni und September 2009 fand dann die erste bundesweite Befragung von Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung sowie deren Weiterbildungsbefugten statt. Daran haben sich bundesweit rund 30.000 Ärztinnen und Ärzte beteiligt [1]. Die Ergebnisanalyse der chirurgischen Disziplinen finden sich weiter unten in diesem Artikel.

Am 1. Juni 2011 starten BÄK und alle 17 Landesärztekammern nunmehr die zweite Befragungsrunde des Projektes „Evaluation der Weiterbildung in Deutschland“. Damit erhalten Weiterbildungsbefugte sowie weiterzubildende Ärztinnen und Ärzte erneut die Möglichkeit, über ein Online-Portal Auskunft zur Qualität der Weiterbildung in Deutschland zu geben.

Auch die zweite Befragungsrunde wird durch die Professur Consumer Behavior der ETHZ wissenschaftlich begleitet und ausgewertet. Die Schweiz verfügt inzwischen über eine 14-jährige Erfahrung mit der Evaluation der Weiterbildung, die dort einmal jährlich stattfindet. Anders als in der Schweiz, wo die Befragung der Assistenzärzte per Post und Papier über die Weiterbildungsbefugten erfolgt, werden die Beteiligten in Deutschland über ein Webportal (www.evaluation-weiterbildung.de) online befragt.

Evaluationsteilnahme und Ergebnispublikation 2011

In Auswertung der Erfahrungen der ersten Befragungsrunde erhalten die Weiterzubildenden in diesem Jahr ihre persönlichen Zugangsdaten zum Webportal der Evaluation nicht von ihren Weiterbildern, sondern direkt von der zuständigen Ärztekammer. Voraussetzung dafür ist, der Weiterbildungsbefugte hat seine Weiterzubildenden mit deren Einverständnis in einem nicht öffentlich zugänglichen Bereich des Webportals namentlich oder mittels der Einheitlichen Fortbildungsnummer eingetragen.

Abb. 2 – Zeitplan Weiterbildungsevaluation 2011

Weiterzubildende können aber auch unabhängig vom Weiterbildungsbefugten an der Evaluation teilnehmen, wenn sie sich direkt an die speziell eingerichteten Hotline-Stellen der Ärztekammern wenden. Insbesondere diejenigen Weiterzubildenden, denen ihre persönlichen Zugangsdaten bis Ende Juli 2011 nicht automatisch durch die Ärztekammer zugestellt wurden, sollten ihre Zugangsdaten über die Hotline ihrer Ärztekammer anfordern. Die Weiterbildungsbefugten erhalten die Zugangsdaten wie bei der ersten Befragung von ihrer zuständigen Ärztekammer.

Tab. 1 – Hotlines der Landesärztekammern
Landesärztekammer Telefon E-Mail
Landesärztekammer Baden-Württemberg 0711/76989-428 [email protected]
Bayerische Landesärztekammer 089/4147-192 [email protected]
Ärztekammer Berlin 030/40806-1140 [email protected]
Landesärztekammer Brandenburg 0355/7801095 [email protected]
Ärztekammer Bremen 0421/3404-220 [email protected]
Ärztekammer Hamburg 040/202299-333 [email protected]
Landesärztekammer Hessen 069/97672-109 [email protected]
Ärztekammer Mecklenburg- Vorpommern 0381/4928027 [email protected]
Ärztekammer Niedersachsen 0511/380-2828 [email protected]
Ärztekammer Nordrhein 0211/4302-2570 [email protected]
Landesärztekammer Rheinland-Pfalz 06131/28822-47 [email protected]
Ärztekammer des Saarlandes 0681/4003-278 [email protected]
Sächsische Landesärztekammer 0351/8267335 [email protected]
Ärztekammer Sachsen-Anhalt 0391/60547999 [email protected]
Ärztekammer Schleswig-Holstein 04551/803-303 [email protected]
Landesärztekammer Thüringen 03641/614124 [email protected]
Ärztekammer Westfalen-Lippe 0251/929-2929 [email protected]

Sobald die Ergebnisse der Befragung bezüglich der eigenen Weiterbildungsstätte – sogenannter „Individueller Befugtenbericht“ – über das Webportal abrufbar sind, erhalten die Weiterbildungsbefugten von ihrer Ärztekammer ein Informationsschreiben.

Um größtmögliche Transparenz über die Bewertung der einzelnen Weiterbildungsstätten herzustellen, werden nach der Befragung 2011 ausgewählte aggregierte Mittelwerte zu einzelnen Fragenkomplexen aus dem Individuellen Befugtenbericht in Form eines Spinnendiagramms der Weiterbildungsstätte – eine sogenannte Ergebnisspinne – veröffentlicht.

Der Befugte hat innerhalb einer vorgegebenen Frist die Möglichkeit, der Veröffentlichung seiner Ergebnisse zu widersprechen. Die Weiterbildungsbefugten werden gebeten, die Ergebnisse der Befragung, insbesondere den Befugtenbericht, mit den bei ihnen tätigen Weiterzubildenden zu besprechen.

Mit dieser Ergebnistransparenz soll den jungen Ärztinnen und Ärzten eine zusätzliche Orientierung für die Planung ihrer Weiterbildung und die Wahl der passenden Weiterbildungsstätte an die Hand gegeben werden.

Ergebnisse der ersten Evaluationsrunde 2009

Alle Fachgebiete

Die meisten jungen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland sind grundsätzlich mit den Möglichkeiten und Angeboten ihrer Facharzt-Weiterbildung zufrieden. Sie beklagen aber, dass hohe Arbeitsbelastung, Bürokratie und Überstunden ihren Berufsalltag prägen. So lassen sich die Ergebisse der ersten Befragungsrunde zusammenfassen, die im März 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden [1].

Die Ergebnisse der Umfrage wurden fachgruppenbezogen in Form von Mittelwerten auf Bundes- und Landesebene dargestellt. Von den Weiterbildungsassistenten waren 100 Fragen zu acht verschiedenen Fragenkomplexen sowie zu weiteren Themen wie Arbeitssituation und Arbeitszeit zu beantworten. Der Fragebogen für die Weiterbildungsbefugten beinhaltete 39 Fragen. Die Bewertung der einzelnen Fragen wurde überwiegend nach dem Schulnotenkonzept von 1 (trifft voll zu) bis 6 (trifft überhaupt nicht zu) vorgenommen.

Die acht verschiedenen Fragenkomplexe wurden 2009 folgendermaßen beurteilt:

  • Die Globalbeurteilung der Weiterbildungssituation fiel mit 2,54 im Mittel gut aus.
  • Mit Gut (2,13) bewerteten die Weiterzubildenden auch die Betriebskultur.
  • Grundsätzlich zufrieden sind sie offensichtlich auch mit der Vermittlung von Fachkompetenz (2,52), mit der Entscheidungskultur (2,21), mit der Führungskultur (2,45) und mit der Lernkultur (2,39) an den Weiterbildungsstätten. Dabei wichen die Einschätzungen beim Vergleich der unterschiedlichen Fachrichtungsgruppen im stationären Bereich kaum voneinander ab (Abb. 3).
  • Überdurchschnittlich schlecht wurde in allen Fachrichtungsgruppen die Kultur zur Fehlervermeidung (2,81) sowie die Anwendung von evidenzbasierter Medizin bewertet (3,82).

Abb. 3 – Das „Spinnendiagramm“ für Deutschland: Am besten bewerteten die Assistenzärzte die „Betriebskultur“ (Note 2,13), am schlechtesten die „Anwendung evidenzbasierter Medizin“ (3,82)

Die Ergebnisse der ersten Befragungsrunde zeigten, dass der ökonomische Druck den Arbeitsalltag der jungen Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung zunehmend bestimmt. So fallen häufig Mehrarbeiten und Überstunden an (91,5 %), welche in 45 % teilweise oder gar nicht dokumentiert und in 53,5 % nur teilweise oder gar nicht durch Freizeit oder Bezahlung ausgeglichen werden.

Darüber hinaus üben 80 % der Ärztinnen und Ärzte, die sich in Weiterbildung befinden, Bereitschaftsdienste aus, wobei fast 30 % nie oder sehr selten die Ruhezeiten gemäß Arbeitszeitgesetz einhalten können. Dies ist lediglich bei 7,7 % der Ärztinnen und Ärzte immer gewährleistet. Auch müssen 83,7 % nach Beendigung ihres Bereitschaftsdienstes weiterarbeiten und einer regulären Tätigkeit nachgehen.

Gebiet Chirurgie

Im Vergleich zu anderen Fachgebieten gab es in der Beurteilung durch die in chirurgischen Abteilungen tätigen Assistenzärzte keine gravierenden Abweichungen. Exemplarisch zeigt dies der Vergleich der Fachrichtung „Allgemeine Chirurgie“ mit der Fachrichtung „Innere Medizin“ (Abb. 4).

Abb. 4 – Beurteilung der Weiterbildungsqualität: Vergleich der Antworten der Fachrichtungen Allgemeine Chirurgie und Innere Medizin

Die Darstellung der Einzelbewertung kann aus Abbildung 5 abgelesen werden. Lediglich in der Thoraxchirurgie scheinen die Assistenzärzte ihren Weiterbildern und der Weiterbildungsstätte bessere Noten (Ø 1,8) als der Durchschnitt zu geben. Da dort jedoch insgesamt sehr wenige Antworten (77) in die Auswertung eingingen, sind die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren.

Abb. 5 – Beurteilung der Weiterbildungsqualität Chirurgie 2009

Da die Mittelwerte der Evaluation recht genau in der Mitte (Ø 2,6) der Bewertungsmöglichkeiten (Schulnoten 1-6) liegen, ist von einer erheblichen Streuung auszugehen. Auch wenn uns weitere statistische Informationen fehlen ist anzunehmen, dass das Spektrum der Bewertungen der eigenen Weiterbildungsstätte von „sehr gut“ bis „grottenschlecht“ reicht. Das ist nicht wirklich eine Überraschung.

Insofern ist es erforderlich, die Ergebnisse der einzelnen Kliniken im Vergleich zum Bundesdurchschnitt transparent zu machen. Deshalb ist der erweiterte Ansatz der Erhebung 2011 zu begrüßen, ausgewählte Individualergebnisse zu publizieren und nicht ausschließlich den Weiterbildungsbefugten zurückzuspielen.

Tab. 2: Rücklauf Evaluation Weiterbildung 2009 gesamt Chirurgie ACH GCH HCH KCH O/U PÄC TCH VCH
Anzahl der von LÄK gemeldeten WBB 38706 2950 863 276 73 67 1059 88 77 447
Anzahl aktive WBB (WBB mit mind. einem WBA) 16316 2335 622 239 60 53 839 71 60 391
Anzahl inaktive WBB 22390 615 241 37 13 14 220 17 17 56
Anzahl ausgefüllte und abgesandte Fragebögen von WBB 9914 1721 428 192 40 38 603 54 48 318
Rücklaufquote WBB: 60,80% 73,70% 68,80% 80,30% 66,70% 71,70% 71,90% 76,10% 80,00% 81,30%
Anzahl von WBB gemeldete WBA 57576 6143 2310 573 386 203 4,36 245 159 2263
Anzahl ausgefüllte und abgesandte Fragebögen von WBA 18856 1976 688 242 76 89 1,39 97 61 722
Rücklaufquote WBA: 32,70% 32,20% 29,80% 42,20% 19,70% 43,80% 31,80% 39,60% 38,40% 31,90%

Interessant sind einige „Nebenbefunde“ der Erhebung 2009. So zeigt sich, daß von den 73,7% antwortenden Weiterbildern 6.143 aktiv tätige Assistenten in Weiterbildung gemeldet wurden (Tab. 2). Rechnet man das vorsichtig hoch, sind derzeit in Deutschland mehr als 8.000 Assistenzärzte in der chirurgischen Weiterbildung. Geht man von einer Gleichverteilung der Assistenzärzte über die Weiterbildungsjahre 1 bis 7 aus und legt weiterhin die Ergebnisse der letzten BDC-Assistentenumfrage aus demselben Jahr [2] zugrunde, nach der über 80% der Assistenten nach 7 Jahren die Facharztqualifikation erlangt haben, kann davon ausgegangen werden, daß in jedem Jahrgang der chirurgischen Weiterbildung etwa 1.000 – 1.100 Assistenzärzte tätig sind.

Damit ist erstmals eine genauere Schätzung der Quote an Studienabgängern möglich, die sich für eine chirurgische Karriere entscheiden. Legt man die Absolventenzahl von ca. 10.000 Studenten im Fach Humanmedizin im Jahr 2009 zugrunde [3], kann die Quote an Studenten, die eine chirurgische Karriere einschlagen wollen, auf gut 10% (1.000 Neueinsteiger pro Jahr) geschätzt werden. Dies ist deutlich mehr, als bisher angenommen [4], und zumindest aus Chirurgensicht ein positives Signal.

Tab. 3: Persönliche Daten der teilnehmenden Assistenzärzte gesamt (%) Chirurgie (%) ACH (%) GCH (%) HCH (%) KCH (%) O/U (%) PÄC (%) TCH (%) VCH (%)
Geschlecht männlich 46,3 62,4 61,8 60,1 70,4 44,7 70,6 62,6 69 60,1
weiblich 53,7 37,6 38,2 39,9 29,6 55,3 29,4 37,4 31 39,9
In welchem Land haben Sie Ihr Staatsexamen abgeschlossen? Deutschland 91,6 88,6 88,7 85,4 77,4 95,3 92,1 93,4 84,5 91,9
EU-Ausland 5 6,7 7,3 10,3 11,3 4,7 5,1 3,3 5,2 6,4
nicht EU-Ausland 3,4 4,8 4 4,3 11,3 0 2,7 3,3 10,3 2,5

Die Geschlechtsverteilung der Umfrageteilnehmer läßt bereits im Jahr 2009 den Feminisierungstrend in der Medizin deutlich erkennen. Von den teilnehmenden Assistenzärzten sind bereits über die Hälfte (53,7 %) Frauen. Bei den chirurgischen Assistenten ist bereits ein gutes Drittel (37,6 %) weiblich. Die großen Umwälzungen zu einer höheren Frauenquote in der Chirurgie haben also gerade erst begonnen.

Die Geschlechterverteilung in den einzelnen chirurgischen Disziplinen ist interessant, aber nicht überraschend. Die wenigsten Frauen findet man in der Herzchirurgie sowie in der Orthopädie und Unfallchirurgie (knapp unter 30%), die meisten in der Kinderchirurgie (55%).

Tab. 4: Pflichten des Weiterbilders gesamt (%) Chirurgie (%) ACH GCH HCH KCH U/O PÄC TCH VCH
Welche Person betreut in erster Linie Ihre praktische Weiterbildung (Eingriffe und Untersuchungen am Patienten)? Oberarzt 61,3 62,4 67,2 66,1 66,1 65,9 63,4 56,2 50,9 63,3
Chefarzt 15,1 26 18,4 27,4 27,4 24,7 19 32,6 40,4 17,9
Andere 23,6 11,6 14,4 6,5 6,5 9,4 17,6 11,2 8,7 18,8
Mir wurde ein strukturierter Weiterbildungsplan zur Kenntnis gegeben. schriftlich und mündlich 18 17,8 16,8 22,1 22,1 7,1 13,9 7,8 32,6 19,7
schriftlich oder mündlich 34 37,9 32,5 48,9 48,9 37,6 34,4 32,2 31 37,4
gar nicht 48 44,4 50,7 29 29 55,3 51,7 60 36,2 42,9
Werden konkrete Weiterbildungsziele/ Lernziele schriftlich und/oder mündlich vereinbart? schriftlich und mündlich 21,1 19,7 20 22,8 22,8 9,4 17,8 15,6 27,6 21,6
schriftlich oder mündlich 39,4 45,5 43,5 53,9 53,9 48,2 40,6 32,2 46,5 45,5
gar nicht 39,5 34,7 36,5 23,3 23,3 42,4 41,6 52,2 25,9 32,7

Analysiert man die Fragen nach den Pflichten des Weiterbildens fällt auf, daß sich in der Chirurgie häufiger als in anderen Fachgebieten die Chef- und Oberärzte um die Weiterbildung ihrer Assistenzärzte bemühen. Nur in 11,6% der Fälle übernehmen „Andere Personen“ diese Aufgabe. In anderen Fachgebieten wird die Weiterbildung knapp einem Viertel der Fälle (23,6%) nicht vom Chef- oder Oberarzt betreut.

Bei der Frage nach Weiterbildungsplänen (Curricula) und Zielvereinbarungsgesprächen zeigen sich jedoch kaum Unterschiede zwischen Chirurgie und anderen Fachgebieten. Knapp die Hälfte der Assistenzärzte kennt kein Weiterbildungscurriculum (44,4%), ein gutes Drittel auch keine Zielvereinbarungsgespräche (34,7%). Diese Ergebnisse fallen allerdings positiver aus als in den regelmäßigen Assistentenumfragen des BDC [3]. Wir hoffen, daß sich dieser Trend in diesem Jahr auch in der BDC-Umfrage zeigt (siehe folgender Artikel).

Tab. 5: Arbeitszeiten deutscher Assistenzärzte 2009 gesamt (%) Chirurgie (%) ACH GCH HCH KCH U/O PÄC TCH VCH
Üben Sie Bereitschaftsdienste aus? ja 79,8 90 96,1 92,4 92,4 94,1 93,3 73,3 87,9 90,7
Wie oft können Sie Ihre Ruhezeiten (während des Bereitschaftsdienstes) gemäß dem Arbeitszeitgesetz einhalten? nie/sehr selten 29,8 31,5 41,5 33,3 23 28,8 39 24,2 28 34,3
gelegentlich 40,4 42,6 41,2 37,3 49,2 46,2 33,7 37,9 46 49,6
häufig/immer 29,8 25,9 17,3 29,4 27,8 25 27,3 37,9 26 16,1
Wenn Sie nach Beendigung Ihres Bereitschaftsdienstes weiterarbeiten, welche Tätigkeit üben Sie dann noch aus? reguläre Tätigkeit 83,8 81,4 91,2 82,6 63,3 88,7 86,8 70,5 79 89,4
WB-relevante Tätigkeit 9,7 8,7 6,9 9,8 12,2 4,3 6,7 9,8 14 5,8
Forschung 6,5 9,9 1,9 7,6 24,5 7 6,5 19,7 7 4,8
Fallen Mehrarbeit/Überstunden bei Ihnen an? ja 91,5 97,6 96,2 99,1 100 100 96,4 96,7 96,5 96,2
Werden diese Mehrarbeit/Überstunden vollständig dokumentiert? voll 55 58,7 58,8 64 66,2 56,5 60,8 49,4 51 62,5
teilweise 31,1 31,2 30,3 23,9 31 36,5 31,6 35,6 34,5 25,8
gar nicht 13,9 10,2 10,9 12,1 2,8 7 7,6 15 14,5 11,7
Wie werden Mehrarbeit/Überstunden ausgeglichen? Freizeit 36,8 33,7 33,9 36,2 23,9 35,3 41,1 36,8 25 37,1
Geld 9,7 12,6 14 10 29,6 7,1 8,8 4,6 17,9 8,8
teils/teils 37,2 42,3 39,2 40,2 43,7 48,2 39,6 43,7 44,6 39,3
gar nicht 16,3 11,4 12,9 13,6 2,8 9,4 10,5 14,9 12,5 14,8

Bei den Arbeitszeiten ergeben sich im Vergleich zwischen Assistenzärzten chirurgischer mit anderen Fachgebieten keine gravierenden Unterschiede. Nahezu alle chirurgischen Assistenzärzte (90%) üben Bereitschaftsdienste aus. In der Gesamtumfrage waren es nur knapp 80%. Überstunden fallen bei allen chirurgischen Assistenzärzten an, weshalb offenbar deren Dokumentation und Vergütung auch etwas besser geregelt ist als im Gesamtvergleich. Leider fehlt eine Auswertung der real geleisteten Wochenarbeitszeit, die nach Erkenntnissen aus der BDC-Umfrage 2009 bei 61,5 Stunden liegt. Hier würden sich möglicherweise erhebliche Unterschiede zu anderen medizinischen Fachgebieten zeigen.

Wichtige Erkenntnisse der Weiterbildungsevaluation 2009 im Gebiet Chirurgie

  • Die Weiterbildungsqualität unterscheidet in der Gesamtsicht nicht von der anderer medizinischer Fachgebiete
  • In Deutschland befinden sich mehr als 8.000 Assistenzärzt in der chirurgischen Weiterbildung
  • Ca. 1.000 Absolventen des Medizinstudiums beginnen jährlich eine chirurgische Karriere. Das entspricht einer Quote von ca. 10%.
  • Ein Drittel (37,5%) der chirurgischen Assistenzärzte sind Frauen. In anderen Fachgebieten sind es bereits mehr als die Hälfte (53,7%).
  • Der Einsatz von Weiterbildungsplänen (Curricula) und Zierlvereinbarungsgesprächen ist erheblich verbesserungswürdig. Die Einschätzung ist jedoch hier besser als in den BDC-Assistentenumfragen.

Fazit

Die Evaluation der Weiterbildung ist ein wichtiges Instrument der Ärztekammern, um Weiterbildungsqualität transparent zu machen. Diese Transparenz wird im Jahr 2011 durch die Veröffentlichung individueller Klinikdaten gesteigert werden und gibt Hoffnung zur Besserung der Situation vor Ort.

Selbstverständlich muß hierbei auf die Vergleichbarkeit der Ergebnisse geachtet werden. Die Beschränkung auf die Publikation von Globalbewertungen ist jedoch nicht zielführend, wie die Gesamtergebnisse von 2009 zeigen. Zu breit ist offenbar die Streuung zwischen guten und verbesserungsfähigen Weiterbildungsangeboten. Der bereits zu spürende Nachwuchsmangel wird den Wettbewerb um gute Mitarbeiter in den kommenden Jahren erheblich verschärfen. Dies gibt Hoffnung auf eine damit einhergehende Verbesserung der Weiterbildungsangebote, was im gemeinsamen Interesse der Kammern und Berufsverbände liegt.

Alle Weiterbildungsstätten sind aufgefordert, die weiteren Informationen zum Start der Umfrage zu beachten und sich für eine hohe Beteiligung zu engagieren. Auch der Berufsverband der Deutschen Chirurgen unterstützt die neue Evaluationsrunde 2011 und ruft seine Mitglieder, insbesondere die Assistenzärzte auf, aktiv an der Umfrage teilzunehmen. Nur wenn wir wissen, wo die Probleme liegen, können wir gemeinsam nach Lösungen suchen.

Nach Überzeugung der Bundesärztekammer ist das Evaluationsprojekt geeignet, die ärztliche Weiterbildung in Deutschland kontinuierlich zu verbessern: „Wir müssen Transparenz über die Weiterbildungssituation schaffen. Wir wollen genau wissen, wo es Probleme gibt. Dort, wo es uns möglich ist, werden wir die Probleme beheben. Die Ergebnisse der ersten Befragungsrunde sind aber auch ein klares Signal an die Politik, endlich die Rahmenbedingungen für die Arbeit der Ärztinnen und Ärzte in Deutschland zu verbessern. Unser gemeinsames Ziel muss es sein, wieder mehr junge Menschen für die Arbeit am Patienten zu begeistern, indem wir den Arztberuf wieder attraktiver gestalten.“

Gemeinsam können wir diese Herausforderung im Interesse unseres chirurgischen Nachwuchses meistern. Packen wir es an!

Literatur:

[1] Hibbeler B, Korzilius H: Evaluation der Weiterbildung – Ein erster Schritt. Deutsches Ärzteblatt (2010), Jg. 107, Heft 10, 417-420

[2] Ansorg J, Krüger M, Schröder W, Krones C.J., Hennes N, Langer P, Lindhorst E (2009): Qualität der chirurgischen Weiterbildung in Deutschland. Entwicklungsanalyse von 2004 bis 2009. Der Chirurg BDC 2009, Bd. 12, 628-635

[3] Medizinischer Fakultätentag (2010): Höchststand beim ärztlichen Nachwuchs. Pressemitteilung, Berlin, 26. November 2010. http://www.mft-online.de/dokument/2010_11_26_mft_pm_absolventenhoechststand.pdf

[4] Polonius M.-J (2007): Personalentwicklung gewinnt an Bedeutung. Der Chirurg BDC 2007, Bd. 5: M 146

Hoeft K, Guentert A, Ansorg J. Evaluation der Weiterbildung 2011. Passion Chirurgie. 2011 Juli; 1(7): Artikel 02_01.

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