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Kurz vor Jahresende 2022 gab es mehrere Änderungen im EBM, die vor allem das ambulante Operieren betreffen. Die Absenkung der Bewertungen für die Operationen der Kategorien 1 und 2 hat für berechtigten Unmut bei den Kolleginnen und Kollegen geführt. Es sind aber andererseits für bestimmte höherwertige Eingriffe deutliche Honorarsteigerungen zu verzeichnen. Zurzeit führt die KBV sowohl zweiseitige Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband (GKV), als auch dreiseitige Verhandlungen mit zusätzlicher Einbeziehung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG). Der Hintergrund ist die Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben und von Beschlüssen zur EBM-Reform aus 2012.

Im folgenden Beitrag erläutern wir die recht komplexen und weitreichenden Änderungen und geben praktische Hinweise zu den daraus resultierenden Konsequenzen.

Neubewertung der ambulanten Operation

Der Bewertungsausschuss hat die Leistungen des ambulanten und belegärztlichen Operierens neu kalkuliert und zum 1. Januar 2023 angepasst. Aus der Wirtschaft kennen wir den euphemisierenden Begriff der „Anpassung“ als positive Verpackung schlechter Nachrichten, und das trifft leider teilweise auch hier zu. Es konnte nämlich nicht vermieden werden, dass die Bewertung von zahlreichen in den chirurgischen Praxen durchgeführten Eingriffen der Kategorien 1 und 2 leicht abgewertet wurden. Die Tabelle 1 zeigt die konkreten Auswirkungen auf häufig durchgeführte ambulante Operation. Die Abwertungen liegen im einstelligen Prozentbereich und werden zumindest für die häufig durchgeführten Exzisionen in der Oberflächenchirurgie (GOP 31101 und 31102) durch die Punktwertsteigerung im Jahr 2023 wieder ausgeglichen. Für die arthroskopische Meniskusteilresektion resultiert durch die zusätzliche Förderung sogar ein Plus von 16,4 %.

Tab. 1: Änderungen in der Bewertung häufig durchgeführter ambulanter Operationen.

ops

Operation

GO.-Nr.

Punkte bis 2022

Punkte ab 2023

Differenz

Bewertung bis 2022

Bewertung ab 2023

Differenz

5-895.ff

Exzision mit primärem Wundverschluss

31101

881

865

-1,82 %

99,26 €

99,40 €

0,14 %

dto. Histographisch

31102

1438

1413

-1,74 %

162,01 €

162,37 €

0,22 %

5-056.40

KTS

31242

1478

1424

-3,65 %

166,51 €

163,64 €

-1,72 %

5-385.70

Crossektomie

31204

3001

3057

1,87 %

338,10 €

351,30 €

3,90 %

5-849.0

Ganglion Entfernung Hand

31122

1542

1480

-4,02 %

173,72 €

170,07 €

-2,10 %

5-385.96

Exhairese Seitenastvarize

31201

1243

1135

-8,69 %

140,04 €

130,43 €

-6,86 %

5-812.5

ASK Meniskusteilresektion*

31142

2238

2193

-2,01 %

252,14 €

252,01 €

-0,05 %

5-640.3

Frenulum- und Präputialplastik

31102

1438

1413

-1,74 %

162,01 €

162,37 €

0,22 %

5-493.22

Hämorrhoiden, z. B. Mill Morgan 3 Segmente*

31173

2196

2191

-0,23 %

247,41 €

251,78 €

1,77 %

5-492.00

Exzision Analkanal Lokal

31171

1229

1118

-9,03 %

138,46 €

128,47 €

-7,22 %

5-780.6w

Inzision Knochen Phalangen Fuß

31132

1947

1774

-8,89 %

219,35 €

203,86 €

-7,06 %

5-840.81

Tenolyse Beugesehnen Finger

31122

1542

1480

-4,02 %

173,72 €

170,07 €

-2,10 %

5-849.5

Radikale Exzision Hand, z. B. TU

31122

1542

1480

-4,02 %

173,72 €

170,07 €

-2,10 %

* Die arthroskopische Meniskusteilresektion und die Hämorhoiden-OPs finden sich bei den zusätzlich geförderten Eingriffen mit dem Zuschlag nach der GON 31453 mit 360 Punkten = 41,37 €.

Es darf vor allem nicht übersehen werden, dass mit dieser Maßnahme endlich die restriktive Vorgabe der Punktsummenneutralität in der EBM-Reform vom Tisch ist. Ein entsprechender Beschluss des Bewertungsausschusses aus dem Jahr 2012 zur „EBM-Reform“ ist damit endlich auch im letzten Teil abgeschlossen. Die Beschränkung der vor mehr als zehn Jahren vereinbarten EBM-Weiterentwicklung auf Änderungen, die insgesamt nichts kosten dürfen, hatte in den letzten Jahren alle Bemühungen um sinnvolle Anhebungen der Bewertungen massiv behindert. Wenn man bedenkt, dass die Krankenkassen dazu mit Maximalforderungen für eine Verminderung der Kalkulationszeiten beim Operieren um 50 % in die Verhandlungen gegangen sind, erscheint das jetzt erreichte Ergebnis tolerabel, zumal im Beschluss des EBA grundsätzlich eine Weiterentwicklung mit Erhöhung der Bewertungen der AOP, z. B. durch die gestiegenen Hygienekosten, vereinbart wurde.

Sie werden sich zu Recht fragen, wo denn eigentlich die ausgelobten 60 Mio. € zur Förderung der Ambulantisierung geblieben sind. Dazu wurde im EBM ein weiteres Unterkapitel unter 31.02.20 eingefügt. Dort finden sich die GO.-Positionen (GOP) 31451 (223 Punkte) bis 31457 (1.923 Punkte). Damit werden Eingriffe finanziell gefördert, für die ein besonderes Potenzial zur Verlagerung von stationär nach ambulant gesehen wird. Auf die Auswahl der dort geförderten ops-Codes hatten die Berufsverbände keinen Einfluss.

Dies hat teilweise deutliche Honorarsteigerungen zur Folge, die in der Tabelle 2 dargestellt werden. Davon profitieren z. B. die Operation von Hernien, Pilonidalsinus, Portimplantationen und auch zahlreiche arthroskopische Eingriffe einschließlich der häufig durchgeführten Meniskusteilresektion.

Tab. 2: Aufwertung häufiger ambulanter Operationen durch das EBM-Kapitel 31.2.20 ab Januar 2023

OPS

Operation

GOP

Pt 2022

Pt 2023

Zuschlag

Pt Zuschlag

Erlös Zuschlag

Erlös Gesamt

Differenz

5-399.5

Port-Implantation

31212

2.028

1.845

31453

360

41,37 €

253,39 €

10,90%

5-812.5

ASK Meniskusteilresektion

31142

2.238

2.193

31453

360

41,37 €

293,38 €

16,36%

5-814.3

ASK subacromiale Dekompression

31145

5.407

5.434

31457

1.923

220,98 €

845,43 €

38,79%

5-897.0

Sinus pilonidalis Resektion

31174

2.818

2.859

31455

961

110,43 €

438,98 €

38,27%

5-788.56

Hallux valgus Akin-Osteotomie

31132

1.947

1.774

31454

810

93,08 €

296,94 €

35,37%

5-847.30

Epping o. ä. bei Rhizarthrose

31134

3.561

3.501

31456

1.323

152,03 €

554,35 €

38,18%

5-530.00

Shouldice Leistenhernie

31153

2.223

2.257

31454

810

93,08 €

352,44 €

40,73%

Eine tabellarische Übersicht über die geförderten Eingriffe (ohne Gewähr) findet sich als pdf-Datei (nach Text durchsuchbar) auf der Homepage des BDC. Es empfiehlt sich, dort oder im Anhang 2 des EBM nachzuschauen, ob die selbst durchgeführten Operationen den geförderten ops-Codes entsprechen und somit die GO.-Nr. der Förderung der Abrechnungskette hinzugefügt werden kann.

Den jeweils aktuellen EBM finden Sie auf der Homepage der KBV. Im Anhang 2 sind ebenfalls alle Eingriffe einschließlich Bewertungen und ggfs. Förderung aufgeführt.

Weitere OPS-Codes im Anhang 2 des EBM

Der Anhang 2 des EBM wurde darüber hinaus um Operationen erweitert, die jetzt ambulant erbracht und abgerechnet werden können und sollen. 196 OPS-Verfahren wurden zum 01. Januar neu aufgenommen – allesamt Eingriffe, die bislang ausschließlich stationär möglich waren. Dies umfasst einige weniger häufig erbrachte Eingriffe aus der Neuro- und Herzchirurgie, Augenchirurgie und Proktologie. Auch hier empfiehlt sich ein Blick auf die Details, insbesondere, weil einzelne bisher als IGeL abgerechnete Positionen jetzt im EBM abgebildet sein könnten, was nicht jeden erfreuen dürfte.

Längere postoperative Nachbeobachtung

Neu im EBM ist die GOP 31530. Diese kann zeitlich getaktet je vollendete 30 Minuten mit 77 Punkten angesetzt werden, wenn aus medizinischen Gründen eine verlängerte Nachbeobachtung nach einer ambulanten Operation erforderlich ist. Dies allerdings erst, wenn die ohnehin schon im Kapitel 31.3. bei den postoperativen Überwachungskomplexen angesetzte Zeit überschritten wird. Darüber hinaus bestehen erhebliche Einschränkungen für die Patientengruppen, für die dies angesetzt werden kann: Somit gilt dies zunächst nur bei Kindern bis 12 Jahren und Menschen ab 70 mit geriatrischen Versorgungsbedarf und Frailty-Syndrom oder Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen wie Demenz oder Parkinson. Bei den Eingriffen ab einer eineinhalbstündigen Operationszeit (Zeitkategorie 5) kann die verlängerte Nachbeobachtung unabhängig von den o.g. Kriterien mit medizinischer Begründung erfolgen. Eine Ausweitung auf einen weiteren Personenkreis ist geplant. Ebenso soll eine noch umfassendere postoperative Nachbetreuung ermöglicht werden. Details dazu finden sich auf der Homepage der KBV.

Somit ist jetzt in Einzelfällen eine postoperative Beobachtung bis zu 16 Stunden möglich, so dass auch die bisherige Beschränkung auf die Leistungserbringung innerhalb eines Tages überwunden wird. Dies ist ein bedeutsamer struktureller Fortschritt und soll im Rahmen der weiteren Verhandlungen erweitert werden.

Differenzierung des Schweregrads: Zuschläge für Rezidiv-Operationen

Mit der verbesserten Bewertung von Rezidiv-Eingriffen gelingt ein erster Einstieg in den gesetzlichen Auftrag, eine Differenzierung nach Schweregraden zu entwickeln. Vertrags- und Klinikärzte können ab Januar 2023 Re-Operationen kennzeichnen und einen Zuschlag für einen erhöhten Zeitaufwand abrechnen. Möglich ist dies bei allen OPS-Kodes aus dem Abschnitt 1 des AOP-Katalogs nach § 115b SGBV, sofern ein OPS-Kode nicht spezifisch eine Reoperation beziehungsweise einen Rezidiv-Eingriff bereits beinhaltet. Analog zur Systematik der Simultaneingriffe ist die Abrechnung dieses Zuschlags allerdings nur dann möglich, wenn die in der entsprechenden Kategorie kalkulierte Operationszeit um mindestens 15 Minuten überschritten wird. Zur Berechnung finden sich Beispiele auf der Homepage der KBV.

Erweiterung des AOP-Katalogs nach § 115b SGB V zum 01. Januar 2023

208 OPS-Kodes wurden neu in den AOP-Katalog aufgenommen. Der Großteil dieser Leistungen wird von Vertragsärzten schon ambulant durchgeführt. 119 der 208 OPS-Kodes sind bereits im Anhang 2 des EBM enthalten, weitere 35, überwiegend Eingriffe der Rhythmuschirurgie, ab 01.01.2023. Diese Änderung dürfte somit Auswirkungen vor allem für die Krankenhäuser haben.

Fazit

Insgesamt zeigen diese Entwicklungen eine erhebliche Dynamik bei der Bewertung ambulanter Prozeduren, die auch durch die politischen Vorgaben der vermehrten Ambulantisierung getrieben sind. Auch wenn die aktuelle Abwertung der kürzeren Operationen ärgerlich ist, so sind doch wichtige strukturelle Fortschritte erreicht worden. KBV und GKV-Spitzenverband haben sich darüber hinaus in Protokollnotizen auf weitere Maßnahmen zur Förderung des ambulanten Operierens geeinigt, die teilweise schon 2023 umgesetzt werden sollen, nämlich:

  • Kostenausgleich für hohen Hygieneaufwand
  • Neukalkulation von Leistungen ambulanter Operationszentren
  • Weiterer Ausbau der postoperativen Nachbeobachtung

Der BDC arbeitet u.a. im Workshop „Ambulantes Operieren“ der KBV aktiv mit. Zurzeit ist allerdings noch völlig unklar, wie sich die hier aufgeführten EBM-Änderungen mit den Planungen zur Einführung so genannter „Hybrid-DRGs“ gemäß dem neuen § 115 f des SGB V koordinieren lassen. Der BDC wird die weitere Entwicklung konstruktiv und kritisch begleiten.

BDC|Akademie

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Berlin

Dr. med. Sybille Larsen; Dr. med. Peter Kalbe

13.05.2023

Mehr Informationen und Anmeldung über www.bdc.de (Rubrik BDC|Akademie, Fachgebiet Orthopädie/Unfallchirurgie)

Kalbe P, Schmitz R: Neues im EBM ab 2023. Passion Chirurgie. 2023 Januar/Februar; 13(04): Artikel 04_03.

Autoren des Artikels

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Dr. med. Peter Kalbe

Vizepräsident des BDCGelenkzentrum SchaumburgStükenstraße 331737Rinteln kontaktieren
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Dr. med. Ralf Wilhelm Schmitz

Referatsleiter Niedergelassene ChirurgenMVZ Chirurgie KielSchönberger Str. 1124148Kiel kontaktieren

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