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Mit der zeitgerechten Vereinbarung des G-DRG-Systems 2013 hat sich das deutsche Fallpauschalensystem für die somatischen Fächer stabilisiert und weist keine substantiellen Umbauten mehr auf. Die geplante Einführung der pauschalisierten DRG-Abrechnung in der Psychiatrie fand dagegen nicht die Zustimmung der Deutschen Krankenhausgesellschaft und konnte daher nicht von den Selbstverwaltungspartnern vereinbart werden, sondern wird durch eine Ersatzvornahme des Gesundheitsministeriums ab 2013 eingeführt – allerdings zunächst auf freiwilliger Basis, wobei zu erwarten ist, dass nur wenige psychiatrische Kliniken von der budgetneutralen Option Gebrauch machen werden – zu weitreichend sind die noch ungelösten Probleme des ausufernden abrechnungsorientierten Dokumentationsaufwandes. Die wichtigsten für die Chirurgie relevanten Änderungen im G-DRG-System 2013 werden im Folgenden vorgestellt.

Allgemeines zu G-DRG 2013

Größere strukturelle Umbauten wurden auch in diesem Jahr nicht vorgenommen. Mit insgesamt 1.187 DRGs ist die Gesamtzahl aller DRGs erneut wieder leicht reduziert worden, vorwiegend durch Verzicht auf bestimmte Alters- und PCCL-Splits. Die Kalkulation der Bewertungsrelationen erfolgte auf der Basis der Daten von 241 Kalkulationskrankenhäusern, darunter zehn Unikliniken. Im Rahmen des Vorschlagsverfahrens wurden vom InEK mehr als 500 analysierbare Änderungsanträge geprüft, von denen mehr als die Hälfte von Fachgesellschaften eingebracht worden sind, jedoch auch in deutlich zunehmendem Maße von Kostenträgern und MDK. Wie in den Vorjahren wurden von diesen jedoch lediglich ein Drittel umgesetzt.

Deutsche Kodierrichtlinien

Nur wenige Änderungen der Kodierrichtlinien 2013 sind für die Chirurgie relevant. Die neue DKR D015l „Erkrankungen bzw. Störungen nach medizinischen Maßnahmen“ ist nicht wirklich neu, sondern enthält Regelungen, die bisher in der DKR D002f festgelegt worden waren. Anhand von Beispielen wird versucht zu klären, welche Diagnosen in verschiedenen Situationen als „spezifischer“ zu bewerten sind. So existieren in den organbezogenen Kapiteln der ICD-10 diverse Kodes für Erkrankungen nach medizinischen Maßnahmen, die meist als spezifischere Kodieralternative zu werten sind (Tab. 1).

Tab. 1: Erkrankungen nach medizinischen Maßnahmen

E89.0 Hypothyreose nach medizinischen Maßnahmen (z. B. nach Schilddrüsenresektion)
E89.1 Hypoinsulinämie nach medizinischen Maßnahmen (z. B. pankreopriv)
E89.2 Hypoparathyreoidismus nach medizinischen Maßnahmen (z. B. parathyreopriv)
I97.0 Postkardiotomie-Syndrom
I97.2 Lymphödem nach Mastektomie
J95.1 Akute pulmonale Insuffizienz nach Thoraxoperation
J95.2 Akute pulmonale Insuffizienz nach nicht am Thorax vorgenommener Operation
J95.80 Iatrogener Pneumothorax
K91.0 Erbrechen nach gastrointestinalem chirurgischem Eingriff
K91.3 Postoperativer Darmverschluss
K91.4 Funktionsstörung nach Kolostomie oder Enterostomie

Diese Diagnosen sind gegenüber Komplikationskodes aus dem Bereich T79 – T89 vorzuziehen. Andererseits werden z. B. folgende spezifischen Komplikationen mit T-Kodes abgebildet (Tab. 2).

Tab. 2: Komplikationen mit T-Kodes

T81.0 Blutung und Hämatom als Komplikation eines Eingriffs
T81.2 Versehentliche Stich- oder Risswunde während eines Eingriffes
T81.3 Aufreißen einer Operationswunde
T81.4 Infektion nach einem Eingriff, anderenorts nicht klassifiziert
T82.0 Mechanische Komplikation durch eine Herzklappenprothese
T82.1 Mechanische Komplikation durch ein kardiales elektronisches Gerät
T84.0 Mechanische Komplikation durch eine Gelenkendoprothese
T84.1 Mechanische Komplikation durch eine Osteosynthesevorrichtung an Extremitätenknochen
T84.5 Infektion und entzündliche Reaktion durch eine Gelenkendoprothese
T84.6 Infektion und entzündliche Reaktion durch eine interne Osteosynthesevorrichtung
T86.50 Durchblutungsstörung eines Hauttransplantates
T86.51 Nekrose eines Hauttransplantates
T86.52 Verlust eines Hauttransplantates
T87.0 Komplikationen durch replantierte (Teile der) obere(n) Extremität
T87.1 Komplikationen durch replantierte (Teile der) untere(n) Extremität
T87.4 Infektion des Amputationsstumpfes
T87.5 Nekrose des Amputationsstumpfes

Sofern eine Komplikation einem allgemeinen Krankheitsbild zugeordnet werden kann, wäre in der Regel dagegen deren Kode als spezifisch anzusehen, z. B. I80.28 bei einer tiefen Beinvenenthrombose nach Immobilisation oder L03.10 bei einer Unterarmphlegmone im Verlauf einer Wundheilungsstörung.

Die Bewertung als „spezifischer“ entscheidet somit über die Wahl der Hauptdiagnose und kann somit unmittelbaren Einfluss auf die ermittelte Hauptdiagnosengruppe und DRG haben.

Durch die DKR bleibt leider ungeklärt, ob im Falle eines spezifischen Kodes aus einem Organkapitel (z. B. L03.10) noch ein T-Kode als Nebendiagnose angegeben werden darf (z. B. T89.02), um den kausalen Zusammenhang mit einer offenen Wunde (z. B. S61.0 am Finger) darzustellen. Wegen der Entwertung vieler T-Kodes ist diese Frage aber häufig nicht mehr von Relevanz bei der Schweregrad-Berechnung (PCCL). Dieses Beispiel ist jetzt auch in die überarbeitete DKR 1905 aufgenommen worden, sodass die jahrelang strittige Frage, ob die offene Wunde oder eine Phlegmone als Komplikation der offenen Wunde als Hauptdiagnose zu wählen ist, endlich klargestellt wurde. Wegen der Entgeltrelevanz ist es natürlich erforderlich, die klinischen Befunde nachvollziehbar zu dokumentieren, die für die Diagnosestellung „Phlegmone“ ausschlaggebend sind. Sollte es sich nur um einen eng begrenzten Entzündungshof in der Wundumgebung handeln, ohne dass ein Abszess oder eine ausgebreitete Phlegmone bzw. Lymphangitis vorliegt, wäre nur der Kode für die offene Wunde in Verbindung mit T89.02 Komplikation einer offenen Wunde: Infektion anzugeben.

Hinzuweisen ist noch auf die nachträglich überarbeitete Kodierrichtlinie 1915 „Missbrauch/Misshandlung von Erwachsenen und Kindern. Im Zusammenhang mit dem neu eingeführten OPS-Kode 1-945.- Diagnostik bei Verdacht auf Gefährdung von Kindeswohl und Kindesgesundheit war es erforderlich, datenschutzrechtliche Bedenken bezüglich der verpflichtenden Kodierung rechtsverbindlich zu regeln. Daher wurde die DKR 1915, die bisher die Verwendung der Kodes T74.- Missbrauch von Personen grundsätzlich untersagt hat, dahingehend modifiziert, dass diese Kodes künftig bei Kindern und Jugendlichen bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres anzugeben sind. Da diese Kodes jedoch weiterhin unzulässige Hauptdiagnosen im DRG-System sind, ist die Verwendung nur als Nebendiagnose möglich – als Hauptdiagnose ist somit ohnehin nur die vorliegende Verletzung bzw. psychische Störung anzugeben. Aus ärztlicher Sicht ist allerdings auf die grundsätzliche Problematik der Verwendung derartiger Kodes hinzuweisen. Diese sind für Abrechnungszwecke weiterhin nicht erforderlich und deren Verwendung, Speicherung und Weitergabe an Kostenträger verletzt das Recht der Patienten auf informationelle Selbstbestimmung.

Fallpauschalenvereinbarung 2013

Die mit der Fallpauschalenvereinbarung 2013 ebenfalls verbindlich gemachten „Abrechnungsbestimmungen“ weisen keinerlei Änderungen gegenüber den Vorjahren auf. Insbesondere sind die Regelungen zur Berechnung von Verweildauerzu- und abschlägen sowie zur Fallzusammenführung völlig unverändert geblieben.

Die Kurzlieger-Abschläge stellen allerding bei der zunehmenden Anzahl von DRGs mit einer unteren Grenzverweildauer von zwei Tagen (ab 2013 insgesamt 329 „implizite“ Ein-Belegungstags-DRGs, neun mehr als im Vorjahr) ein erhebliches ökonomisches Problem dar, denn gerade bei modernen minimalinvasiven Behandlungsmethoden mit hohem Sachkostenanteil ist die Leistungserbringung bei Anwendung des Kurzliegerabschlags häufig nicht mehr kostendeckend. Leider haben sich die Partner der Selbstverwaltung dieser Problematik weiterhin nicht erkennbar genähert, obwohl die betroffenen Fachgesellschaften seit Jahren auf dieses Problem hinweisen.

Von erheblicher Relevanz war im vergangenen Jahr ein Urteil des Bundessozialgerichtes zur Frage der Fallzusammenführung bei Komplikationen im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung „im Verantwortungsbereich des Krankenhauses“. Bisher war es geübte Praxis, keine Fallzusammenführung bei Wiederaufnahme in dasselbe Krankenhaus innerhalb der oberen Grenzverweildauer vorzunehmen, wenn es sich um „schicksalshaft“ aufgetretene Komplikationen gehandelt hat, deren Entstehung nicht vom behandelnden Krankenhaus zu verantworten gewesen ist. Das BSG sieht mit seinem Urteil vom Juni 2012 jedoch das Krankenhaus in der Verantwortung, für alle stationären Leistungen aufzukommen, die innerhalb der oberen Grenzverweildauer aufgrund jeglicher, auch schicksalhafter Komplikationen erforderlich werden sollten. Das BSG sieht in dieser Leistungspflicht lediglich die Verwirklichung des Leistungsrisikos, welches sich aus einer vorzeitigen Entlassung (d. h. vor Erreichen der oberen Grenzverweildauer!!) ergibt. Ausnahmetatbestände liegen laut BSG allenfalls dann vor, wenn die Komplikation durch uneinsichtiges Verhalten des Patienten (Nichtbefolgen ärztlicher Anordnungen oder vorgesehener Weiterbehandlungsmaßnahmen, vorzeitige Entlassung gegen ärztlichen Rat) oder maßgeblich durch das Hinzutreten Dritter (weiterbehandelnder Fach- oder Hausarzt, Pflegedienst, Physiotherapeuten u. a.) entstanden ist. Mit dieser Einschränkung gewinnt die Auseinandersetzung zwischen Krankenhaus und Kostenträgern allerdings eine neue Dimension, indem auch diese Dritten in den Abrechnungsstreit einbezogen werden. Wird ein Patient uneinsichtiges Verhalten zugeben, welche Konsequenzen entstehen dann für ihn? Soll ein weiterbehandelnder Arzt an den Mehrkosten einer unterbliebenen Fallzusammenführung beteiligt werden? Eine Neufassung des § 2 Abs. 3 Satz 1 der FPV halten wir, ebenso wie die DKG, für dringend geboten – allerdings hatten wir bereits 2008, als dieser problematische Passus „wegen in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallenden Komplikation“ in die FPV eingearbeitet wurde, diese Formulierung bereits als völlig unnötig kritisiert. Der Nachsatz „…Komplikationen im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung“ hat nach unserer Auffassung immer schon die Pflicht zur Fallzusammenführung auf unmittelbare Behandlungsfolgen eingeschränkt, z. B. bei einer Implantatinfektion, Anastomoseninsuffizienz, Wundheilungsstörung oder Nachblutung (Scheidenstumpfhämatom wie im aktuellen BSG-Fall).

Auch unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung sehen wir allerdings weiterhin keinen Anlass, eine Fallzusammenführung vorzunehmen, wenn eine Wiederaufnahme wegen einer Komplikation erfolgte, die nicht im Zusammenhang mit der durchgeführten Leistung zu sehen ist. Dies ist z. B. der Fall bei einer Wundinfektion nach Versorgung einer offenen Wunde bzw. offener Fraktur, bei Rezidiven der ursprünglichen Erkrankung trotz adäquater Therapie, bei Spätmanifestation weiterer Krankheitssymptome, bei einer Thrombose nach verletzungsbedingter Immobilisation sowie bei interkurrierenden Erkrankungen ohne Bezug zu den durchgeführten Leistungen.

CCL-Schweregrade

Die Kalkulation der ökonomischen Fallschwere und die Bewertung des Einflusses bestimmter Nebendiagnosen wird jährlich anhand aufwändiger Berechnungen und Simulationen durch das InEK überprüft. Ab 2013 sind Darminfektionen durch EHEC (A04.3) sowie die Mediastinitis (J98.50) erstmalig mit jeweils bis zu 4 CCL-Punkten bewertet worden. Die Hypokaliämie (E87.6) hat weiter ihre bis zu 2 CCL-Punkte behalten, ebenso die akute Zystitis (CCL=1), somit haben sich diese häufig umstrittenen Diagnosen durchaus als relevante Kostenmarker behaupten können.

Aus der CCL-Matrix herausgenommen wurden dagegen I12.00, I12.01, I13.10 und I13.11 „Hypertensive (Herz- und) Nierenkrankheit mit Niereninsuffizienz ohne/mit Krise“. Da bei diesen Diagnosen jedoch ohnehin die Niereninsuffizienz (N18.-) sowie ggf. die Herzinsuffizienz (I50.-) separat zu kodieren ist und diese Diagnosen ihre CCL-Bewertung behalten haben, ist eine angemessene Berücksichtigung der Begleiterkrankung auch weiterhin gewährleistet.

Auch ein „nicht näher bezeichnetes Vorhofflimmern oder Vorhofflattern“, das ab 2013 mit dem neuen unspezifischen Kode I48.9 (bisher I48.09 bzw. I48.19) abzubilden ist, ist nicht mehr CCL-relevant. Hier ist ggf. eine spezifische Diagnosestellung und Kodierung seitens der mitbehandelnden Kardiologen unbedingt erforderlich.

Einen ganz erheblichen Einfluss auf die Schweregradermittlung wird eine z. T. methodisch neu entwickelte Vorgehensweise des InEK bei der Bewertung bestimmter Nebendiagnosen im Zusammenhang mit anderen, klassifikatorisch verwandten Diagnosen sowie im Zusammenhang mit bestimmten Operationen haben. So wird beispielsweise die Kombination I26.9 „Lungenembolie“ (CCL=4) und J96.00 „Akute hypoxische respiratorische Insuffizienz“ (CCL=4) in der Regel zu einem PCCL von 3 (statt bisher 4) führen und somit in vielen DRGs zu einer Erlöseinbuße gegenüber den Vorjahren.

Ein weiteres von InEK publiziertes Muster ist z. B. die Kombination von I70.24 „pAVK Stadium IV“ (CCL=3) mit E11.50 „Diabetes mellitus Typ II“ (CCL=3), die jetzt in der Regel gleichfalls zu einem PCCL von 3 (statt bisher 4) führen.

Besonders relevant dürfte die Abwertung des Kodes D62 „Akute Blutungsanämie“ sein, die im Zusammenhang mit bestimmten Operationen wie Endoprothetik an Hüft- oder Kniegelenk, Wirbelsäuleneingriffen der Basis-DRGs I06, I09 und I10 sowie Appendektomien und laparoskopischen Adhäsioloysen (G07, G22) zum Tragen kommt. Hier ist offensichtlich die Konsequenz aus dem Umstand gezogen worden, dass wohl in sehr vielen Kalkulationskrankenhäusern auch bei einer routinemäßigen Blutsubstitution bei blutreichen Operationen D62 regelhaft kodiert worden ist und somit durch den inflationären Gebrauch dieses Kodes seine Bedeutung als Kostentrenner (z. B. bei relevanten komplikationsbedingten Hämorrhagien oder beim traumatisierten Patienten) nahezu verloren hat. Andererseits muss nun konsequenterweise empfohlen werden, D62 als Nebendiagnose geltend zu machen, sobald die erste Blutkonserve transfundiert worden ist.

Zusatzentgelte

Der Katalog der Zusatzentgelte enthält vier neu aufgenommene Medikamente (Tab. 3), während ZE13 (Alemtuzumab) und ZE73 (Rekombinantes aktiviertes Protein C) wegen Rücknahme der Medikamente vom Markt gestrichen wurden.

Tab. 3: Neu aufgenommene Medikamente

ZE135 Vinflunin, parenteral Zytostatikum bei Harnblasen-CA
ZE2013-93 Eculizumab, parenteral bei paroxysmaler nächtlicher Hämoglobinurie, EHEC
ZE2013-94 Plerixafor, parenteral bei autologer Stammzell-Tx
ZE2013-95 Romiplostin, parenteral bei Immunthrombozytopenie

Neurostimulatoren zur Rückenmarkstimulation oder zur Stimulation des peripheren Nervensystems, die bisher den Zusatzentgelten ZE87 (Einkanalsysteme) bzw. ZE127 (Mehrkanalsysteme) zugeordnet waren, werden jetzt noch nach dem Kriterium mit/ohne Sondenimplantation differenziert mit ZE138 bzw. ZE139 (Einkanalsysteme) oder ZE140 bzw. ZE141 (Mehrkanalsysteme) vergütet.

Für medikamentenbeschichtete Ballonkatheter zur PTA peripherer Gefäße wird das ZE137 je nach Anzahl der eingesetzten Ballons (1, 2, 3, ≥ 4) vergütet. Hierbei ist die Verwendung der ab 2013 neu eingeführten Kodes 8-83b.ba bis 8-83b.bd ausschlaggebend!

Für die Substitution von Gerinnungsfaktoren bei einem erworbenen Faktorenmangel kann künftig das krankenhausindividuell zu vereinbarende ZE2013-98 bzw. eine entsprechende Untergruppe abgerechnet werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass bei der Vereinbarung ein Schwellenwert von 15.000 € zu überschreiten ist. Somit geht das InEK offenbar davon aus, dass die Kosten für Gerinnungsfaktoren zu einem bestimmten Teil in die entsprechenden DRGs bereits einkalkuliert sind und daher erst Mehrkosten ab 15.000 € mit diesem Zusatzentgelt zu erstatten sind. Problematisch bei diesem neuen Zusatzentgelt ist allerdings, dass eine Gruppe von Diagnosen (Tab. 4) beiden neuen Zusatzentgelten zugeordnet ist, wobei diese Gerinnungsstörungen mit dem ZE2013-97 vergütet werden, wenn sie „dauerhaft“ erworben sind oder nur durch eine Lebertransplantation geheilt werden könnten. Allerdings finden sich hier gerade die für eine chirurgische Hämorrhagie typischen Diagnosen wie „Erworbene Afibrinogenämie“, „Disseminierte intravasale Gerinnung“ oder „Erworbene Fibrinolyseblutung“, von denen nicht bekannt ist, dass sie jemals „dauerhaft“ erworben worden sind oder überhaupt die Möglichkeit besteht. Zur eindeutigen Zuordnung zu den „erworbenen Gerinnungsstörungen“ wurde vom DIMDI für 2013 der optionale Zusatzkode U99.1! mit der Bedeutung „Temporäre Blutgerinnungsstörung“ freigegeben.

Tab. 4: Erworbene Gerinnungsstörungen für ZE2013-98, wenn sie dauerhaft erworben sind für ZE2013-97

D65.0 Erworbene Afibrinogenämie
D65.1 Disseminierte intravasale Gerinnung [DIG, DIC]
D65.2 Erworbene Fibrinolyseblutung
D68.38 Sonst. hämorrhagische Diathese durch sonst. und nnbez. AK
D68.4 Erworbener Mangel an Gerinnungsfaktoren
D68.8 Sonstige näher bezeichnete Koagulopathien
D69.1 Qualitative Thrombozytendefekte
D69.8 Sonstige näher bez. hämorrhagische Diathesen

Änderungen des DRG-Kataloges

Allgemeinchirurgie

Für die konservative Behandlung von Hämorrhoiden ist die DRG G74Z „Hämorrhoiden“ neu eingeführt worden. Sie wird bei allen Formen der Hämorrhoiden sowie bei einer Perianalvenenthrombose und bei Marisken ermittelt, sofern diese als Hauptdiagnose angegeben werden und keine operative Behandlung erfolgt. Lediglich die Sklerosierungsbehandlung von Hämorrhoiden (5-493.1) sowie die unspezifischen Kodes für operative Behandlungen von Hämorrhoiden (5-493.x, .y) triggern ebenfalls in diese DRG der „medizinischen“ Partition. Diese DRG ist bei einer mittleren Verweildauer von 3,6 Tagen mit einer Bewertungsrelation von 0,470 (entsprechend 1.410 €) kalkuliert. Bei einem Kurzliegeranteil von ca. 27 Prozent reduziert sich der Erlös bei Tagesfällen auf ca. 768 €. Bisher triggerten vergleichbare Fälle in die etwas höher vergütete DRG G71Z „Andere mäßig schwere Erkrankungen der Verdauungsorgane“. Es ist allerdings auch bei der neuen DRG von einem hohen Fehlbelegungspotential auszugehen, sodass nur im Zusammenhang mit relevanten Begleiterkrankungen überhaupt eine stationäre Behandlung zu rechtfertigen sein wird. In der Kalkulationsstichprobe waren u. a. gastrointestinale Blutungen, Teerstuhl, Dickdarmpolypen oder Divertikel sowie Antikoagulantientherapie angegeben, die auch weitere Diagnostik wie Endoskopien und Biopsien sowie Bluttransfusionen erforderlich gemacht haben.

Bei Wundbehandlungen ohne größere Operationen wie z. B. Hauttransplantationen kommt der Kodierung eines chirurgischen Wunddebridements häufig eine erhebliche ökonomische Bedeutung zu. Die Kriterien für die Verwendung dieses Kodebereiches (5-896.-) sind im OPS ausführlich beschrieben (chirurgisches Vorgehen unter Anästhesie etc.). Bisher führte jedoch auch die Kodierung einer Wundreinigung ohne Anästhesie im Rahmen eines Verbandwechsels (8-192.-) zu denselben operativen DRGs wie bei einem chirurgischen Wunddebridement. Dieser Systemfehler wurde jetzt bereinigt, sodass nur noch 8-192.2- „Großflächige Entfernung von erkranktem Gewebe mit Einlegen eines Medikamententrägers“ sowie 8-192.3- „Großflächige Entfernung von erkranktem Gewebe mit biochirurgischem Verfahren“ (Fliegenmaden) als signifikante Prozeduren weiterhin in höherwertige DRGs triggern.

Abschließend ist auf eine Änderung bei den verschiedenen Varianten der sogenannten „komplizierenden Konstellation“ hinzuweisen. Diese Funktion ist bei zahlreichen DRGs äußerst erlösrelevant. Offenbar ist jedoch die Lagerungsbehandlung auf neurophysiologischer Grundlage (8-390.1 ) so häufig und vermutlich unzutreffend kodiert worden, dass sie künftig nicht mehr als Kostentrenner gelten kann. Desgleichen ist die Reanimation künftig nicht mehr ein Faktor der komplizierenden Konstellationen.

Gefäßchirurgie

Bei den gefäßchirurgischen DRGs wurde die bisherige F54Z „Komplexe oder mehrfache Gefäßeingriffe/mäßig komplexe Gefäßeingriffe …“ der nunmehr dreistufigen Basis-DRG F59 zugeordnet. Die Leistungsbeschreibungen wurden dabei allerdings nicht verändert, F59B entspricht der bisherigen F54Z und F59C entspricht der bisherigen F59B.

Inhaltlich ist jedoch eine relevante Veränderung in der Liste der „komplizierenden“ Diagnosen zu verzeichnen, die von F59C nach F59B bzw. bei Varizeneingriffen von F39B nach F39A bzw. F20Z triggern. Die pAVK vom Becken-Bein-Typ mit Ulzeration (I70.23) ist nicht mehr als „komplizierende“ Diagnose gelistet, weiterhin dagegen I70.24 „pAVK vom Becken-Bein-Typ mit Gangrän“. Diese Neuerung wird hoffentlich kein neues Kapitel der Auseinandersetzung mit den Kostenträgern/dem MDK eröffnen. Im Falle der pAVK sollte in Anlehnung an die Stadieneinteilung von Fontaine (Stadium IV) bzw. Rutherford (Grad III), eine Nekrose, Gangrän oder sonstiger Gewebsuntergang, stets mit I70.24 kodiert werden.

Dagegen werden die Kodes I70.23 und I70.24 ab 2013 neu den „komplizierenden Diagnosen“ der Basis-DRG J11 zugeordnet und triggern in die Stufen A bzw. B.

Der erst 2001 in die ICD-10-SGB-V Version 2.0 aufgenommene Kode I70.23 „pAVK vom Becken-Bein-Typ mit Ulzeration“ wurde von uns bereits damals als klassifikatorisch verwirrend und unnötig abgelehnt, jedoch vom DIMDI aus der australischen ICD-10-Version übernommen, weil man dies hinsichtlich der Einführung des DRG-Systems für notwendig hielt. Fachlich ist dieser Kode jedoch gar nicht in den Gremien des DIMDI beraten worden.

Bei der chirurgischen Behandlung von Varizen ist darauf zu achten, ein Ulcus cruris als „venöses Ulkus mit Entzündung“ mit I83.2 zu kodieren und die Entzündungsreaktion der Ulkusumgebung auch sachgerecht zu dokumentieren. Die Kodes I83.0 „Varizen der unteren Extremität mit Ulzeration“ sowie I83.1 „Varizen der unteren Extremität mit Entzündung“ triggern ab 2013 nicht mehr in die höher vergüteten DRGs F39A bzw. F20Z.

Thoraxchirurgie

Bei der thoraxchirurgischen Basis-DRG E01 wurden die Diagnosen J86.9 „Pyothorax ohne Fistel“ sowie J85.3 „Abszess des Mediastinums“ in die Tabelle der komplizierenden Diagnosen aufgenommen und triggern künftig in die Stufe A, analog zu J86.0 „Pyothorax mit Fistel“. Damit wurde unser Änderungsvorschlag vollständig umgesetzt.

Viszeralchirurgie

Bei den darmchirurgischen Basis-DRGs G02, G16, G17 und G18 wurden ebenfalls diverse Änderungen, unseren Vorschlägen entsprechend, eingearbeitet und aufwändigere laparoskopische Darmresektionen wieder aufgewertet (G18B). Lediglich die laparoskopische Sigmaresektion bleibt gegenüber der offen-chirurgischen Resektion um ca. 340 € abgewertet (G18C). Als Ursache der niedriger kalkulierten Kosten muss die kürzere mittlere Verweildauer angesehen werden.

Zu beachten ist vor allem die Höherbewertung von Darmresektionen, die mit der Entfernung von Nachbarorganen kombiniert sind. Da seit 2013 keine speziellen Kodes mehr für „erweiterte“ Kolon- bzw. Rektumresektionen im OPS vorgesehen sind, muss unbedingt auf die separate Kodierung der entsprechenden Nachbarorgane geachtet werden, um die entsprechende Höhergruppierung auszulösen. Die maßgeblichen Kodes sind in Tabelle 5 wiedergegeben. Man beachte, dass weder die Cholezystektomie, die Appendektomie noch die Ovarektomie bzw. Adnexektomie in dieser Tabelle enthalten sind.

Tab. 5: Resektionen von Nachbarorganen, die in Verbindung mit Kolon- und Rektumeingriffen zu einer Höhergruppierung führen

5-413. – Splenektomie
5-434.- bis 5-443.- Resektion des Magens
5-454.- Resektion des Dünndarms
5-501.- bis 5-502.- Resektion der Leber
5-524.- bis 5-525.- Pankreasresektion
5-553.- bis 5-554.- Nephrektomie
5-575.- bis 5-576.- Teilresektion der Harnblase
5-604.- Resektion der Prostata
5-685.- Uterusexstirpation
5-687.- Exenteration des weiblichen kleinen Beckens

Höher triggern auch „Resektionen benachbarter Dickdarmabschnitte“ (5-455.9- bis 5-455.d-). Hier ist insbesondere zu beachten, dass die Kombination einer Sigmaresektion mit einer Deszendensresektion bzw. einer Hemikolektomie links (ohne bzw. mit linker Flexur) mit dem neuen Kode 5-455.b- abzubilden ist und zu einer Erlössteigerung führt.

Als weiterer Erfolg unserer Vorschläge ist die Liste der „komplizierenden Diagnosen“ für G02A (Kolonresektionen) und G16A (Rektumresektionen) um die Diagnosen D70.- Agranulozytose, D80 bis D84 Immundefekte, D90 Immundefekt durch Bestrahlung, K51 Colitis ulcerosa, K52.3- Kolitis indeterminata sowie Z94.- Z.n. Organtransplantation ergänzt worden, allerdings wurde der Morbus Crohn nicht wie vorgeschlagen berücksichtigt, da diese Diagnosegruppe sich als „nicht belastbares Splitkriterium“ erwiesen habe.

Unfallchirurgie und Orthopädie

Im Bereich des Bewegungsapparates wurde die arthroskopische Stabilisierung des Akromioklavikulargelenkes durch Fixationsverfahren (5-814.b) sowie Sehnentransplantationen an Schulter und Axilla aufgewertet und I29Z zugeordnet (bisher I16Z, Erlössteigerung ca. 730 €).

Die arthroskopische Refixation eines Kreuzbandes sowie der arthroskopische Wechsel einer Kreuzbandplastik wurden antragsgemäß nach I30Z aufgewertet, sodass deren Vergütung jetzt vergleichbaren Eingriffen entspricht. Ebenso wurden Osteosynthesen mittels Fixateur externe bei gelenknahen Tibiafrakturen nach I13A aufgewertet, sodass die Vergütung dem Fixateur externe mit geschlossener Reposition einer Tibiaschaftfraktur entspricht.

Für die Wirbelsäulen-DRGs I06, I09 und I10 sind auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Umstellungen der Gruppierungsalgorithmen vorgenommen worden. Dabei wurden ventrale Spondylodesen bzw. ein intervertebraler Cage über ein Segment abgewertet, während dorsale und dorsal-ventral kombinierte Spondylodesen über sechs und mehr Segmente aufgewertet wurden. Eine Kyphoplastie über ein oder zwei „Segmente“ (gemeint sind Wirbelkörper!) wurde abgewertet, während eine Kyphoplastie über drei oder mehr Wirbelkörper aufgewertet wurde. Eine knöcherne Dekompression des Spinalkanals über ein Segment wurde abgewertet, während bei Dekompression von vier oder mehr Segmenten eine Aufwertung resultiert. Abgewertet wurde zudem die Exzision einer Bandscheibe sowie die Implantation eines Wirbelkörperersatzes (ein Implantat), wobei zu berücksichtigen ist, dass das Zusatzentgelt ZE11 ergänzend abrechenbar ist.

Die Erlöswirksamkeit bestimmter Prozeduren wie „spinale Duraplastik“, „Adhäsiolyse der Rückenmarkshäute“, „Dekompression des Spinalkanals“ und „Präparation an spinalen Blutgefäßen“ wurde überprüft und neu bewertet. Dies ist zweifellos eine berechtigte Reaktion auf den zunehmend ungerechtfertigten Gebrauch dieser Prozedurenkodes, was somit allerdings auch zu einer Entwertung der Fälle führt, bei denen eine dieser Leistungen mit tatsächlich hohem Zusatzaufwand durchgeführt worden ist.

Literaturhinweis

Bartkowski, Bruch, Meyer: Praxishandbuch G-DRG 2013, Verlag ecomed Medizin, Erscheinungsdatum voraussichtlich April 2013

Bartkowski R. G-DRG 2013: Update für die Chirurgie. Passion Chirurgie. 2013 März; 3(03): Artikel 04_01.

Autor des Artikels

Profilbild von Rolf Bartkowski

Dr. med. Rolf Bartkowski

ehem. DRG-Beauftragter von BDC und DGCHMitglied des Kuratoriums für Klassifikationsfragen am DIMDIForstweg 7413465Berlin kontaktieren

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