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Mit dem EBM 2000 plus wurde ab 2005 für die niedergelassenen Chirurgen eine völlig neue Systematik zur Abrechnung operativer Leistungen eingeführt. Abgesehen von einigen Grauzonen und Schwachstellen hat sich diese Systematik bewährt und sollte auch in die nächste Stufe der EBM Reform übernommen werden. Die jeweils aktuelle Fassung des EBM findet sich auf der KBV-Homepage.

Exemplarisch wird hier der Aufbau des Kapitels 31 des EBM erläutert. Für die belegärztlichen Operationen gilt mit einigen Besonderheiten und Ausnahmen Entsprechendes im Kapitel 36.

Wesentliches Element der Abrechnung der Operationen ist eine hochgradige Pauschalirung. Trotzdem eröffnet die Einteilung in abgestufte, auf der Operationszeit basierende Kategorien und die Klassifizierung in verschiedene unterschiedlich aufwändige Eingriffsarten eine differenzierte und aufwandsadäquate Abrechnung. Dies wird an der Tabelle 1 deutlich, die für alle Eingriffsarten jeweils die niedrigste zeitliche Kategorie 1 darstellt. Die höchst unterschiedlichen Honorare ergeben sich aus der unterschiedlichen Kalkulation für den sachlichen und apparativen Aufwand. Zu Details der zugrunde liegenden Kalkulation wird auf den Beitrag von Popp und Schaller-Steiner in diesem Heft verwiesen.

Die operative Leistung ist vom zeitlichen Ablauf in vier sequenzielle Abschnitte gegliedert:

Kapitel 31.1: Präoperative Gebührenordnungspositionen

Diese Leistungen können nur von Ärzten aus dem hausärztlichen Versorgungsbereich abgerechnet werden. Die GO.-Nrn. 31010 bis 31013 umfassen nach Altersklassen gestaffelt die präoperative Abklärung und Untersuchung unter Einschluss ggf. notwendiger technischer (EKG) und Labor-Leistungen. Bei Honoraren zwischen 30 und 41 Euro ist dies eine für Hausärzte durchaus attraktive Leistung, da diese extrabudgetär vergütet wird und Hausärzte ansonsten wenig Möglichkeiten haben, Honorare außerhalb ihrer RLV zu generieren. Obligater Leistungsbestandteil ist stets eine Befundmitteilung an den Operateur und/oder Anästhesisten.

Kapitel 31.2: Ambulante Operationen

Dieser Abschnitt ist das Herzstück des Kapitels 31. Leider wird häufig übersehen, dass hierzu eine ausführliche Präambel mit wichtigen Regularien vorliegt. Das kann zu unangenehmen Plausibilitätsprüfungen führen, sodass hier kurz auf die am häufigsten übersehenen und missverstandenen Regelungen eingegangen werden soll:

31.2.1.1 :

„Als Ambulante Operation gelten ärztliche Leistungen mit chirurgisch-instrumenteller Eröffnung der Haut und/oder Schleimhaut oder der Wundverschluss von eröffneten Strukturen der Haut und/oder Schleimhaut mindestens in Oberflächenanästhesie sowie Leistungen entsprechend den OPS-301-Prozeduren des Anhangs 2 ggf. einschl. eingriffsbezogener Verbandleistungen. Punktionen mit Nadeln, Kanülen und Biopsienadeln, sowie Kürettagen der Haut und Shave-Biopsien der Haut fallen nicht unter die Definition eines operativen Eingriffs.“

Tabelle 1: Übersicht über die höchst unterschiedlichen Bewertungen der niedrigsten Kategorie 1-Eingriffe je nach Eingriffsart

Eingriffsart
Unter-kapitel
Kategorie
GO.-Nr.
Bewertung
In Punkten
Bewertung
in Euro (Stand 7/15)

Oberflächenchirurgie

31.2.2

A1

31101

881

89,25

Mammachirurgie

31.2.2

B1

31111

992

100,49

Extremitätenchirurgie

31.2.3

C1

31121

953

96,54

Knochen- und Gelenkchirurgie

31.2.4

D1

31131

1202

121,76

Arthroskopie

31.2.5

E1

31141

1556

157,62

Viszeralchirurgie offen

31.2.6

F1

31151

928

94,01

Endoskopische Viszeralchirurgie

31.2.6

G1

31161

1216

123,18

Proktologie

31.2.6

F1

31171

1229

124,50

Herzchirurgie

31.2.7

I1

31181

2177

220,53

Thoraxchirurgie

31.2.7

J1

31191

2030

205,64

Gefäßchirurgie

31.2.7

K1

31201

1243

125,92

Kapitel L

31.2.7

L1

31211

1556

157,62

MKG Chirurgie

31.2.8

M1

31221

884

89,55

HNO Chirurgie

31.2.9

N1

31231

987

99,98

Periphere Neurochirurgie

31.2.10

O1

31241

912

92,39

Zentrale Neurochirurgie

31.2.10

P1

31251

1719

174,13

Stereotaktische Neurochirurgie

31.2.10

PP1

31261

3436

348,07

Urologie

31.2.11

Q1

31271

1043

105,66

Endoskopische Urologie

31.2.11

R1

31281

1314

133,11

Urologischer Eingriff mit Bildwandler

31.2.11

RR1

31291

1314

133,11

Gynäkologie

31.2.12

S1

31301

939

95,12

Endoskopische Gynäkologie

31.2.12

T1

31311

1285

130,17

Ophtalmochirurgie extraokulär

31.2.13

U1

31321

928

94,01

Ophtalmochirurgie intraokulär

31.2.13

V1

31331

1703

172,51

Ophtalmochirurgie Laserchirurgisch

31.2.13

W1

31341

766

77,60

Ophtalmochirurgie intraokulär entspr. X1

31.2.13

X1

31350

3436

348,07

Hier wird eindeutig festgelegt, dass Punktionen, Kürettagen und Shaving der Haut nicht unter den Begriff der Ambulanten Operationen fallen. Diese Klarstellung dürfte für den Chirurgen selbstverständlich sein. Schwieriger ist die Abgrenzung der Kleinchirurgie nach den GO.-Nrn. 02300 bis 02302 von den Leistungen des Kapitels 31.2.1 (Oberflächenchirurgie). Hier hilft regelmäßig ein Blick in den Anhang 2 des EBM. Solange ein passender OPS-Code für den operativen Eingriff dort aufgeführt wird, kann die Operation nach Kapitel 31 abgerechnet werden. Dabei ist aber auch sorgfältig zu beachten, dass bewusst bestimmte OPS-Codes nicht mit einer EBM GO.-Nr. hinterlegt wurden.

Dies kann zweierlei bedeuten: Einerseits sind komplexe Eingriffe (z. B. Herzoperationen nach OPS 5.35 und 5.36 und die gesamte Endoprothetik bis auf die Fingergelenksendoprothesen) ausgenommen, weil diese im alten EBM nicht gelistet waren und bei der damaligen Verhandlungssituation nur gegen neues zusätzliches Geld der Kassen als GKV-Leistung zu Lasten des seinerzeitigen gedeckelten Gesamtbudgets hätten eingebracht werden können. Am anderen Ende des Spektrums sind einfache Exzisionen, z. B. nach 5-894.1 ausgenommen, weil sie als kleinchirurgische Leistungen abzurechnen sind. Die Emmert-Plastik sui generis ist als Leistung explizit in der Legende der GO.-Nr. 02302 aufgeführt und kann daher nicht anders abgerechnet werden. Manches in der OPS-Systematik ist auch wegen offenkundiger Unsinnigkeit nicht aufgenommen worden (z. B. Marknagel der Patella).

31.2.1.2 :

„Voraussetzung für die Berechnung der Gebührenordnungspositionen des Abschnittes 31.2 ist, dass die notwendigen sachlichen und personellen Bedingungen erfüllt sind und sich der Vertragsarzt gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung zur Teilnahme am Vertrag gemäß § 115b SGB V erklärt hat.“

In diesem Abschnitt ist festgelegt, dass es sich um genehmigungspflichtige Leistungen handelt und die strukturellen und personellen Voraussetzungen entsprechend dem dreiseitigen Vertrag nach § 115b SGB V einzuhalten sind. Insbesondere die Frage, ob ein Eingriffsraum oder auch ein Operationsraum entsprechend den Definitionen der Bundesärztekammer [1] vorgehalten wird, hat schon in Einzelfällen zu Plausibilitätsprüfungen und Einschränkungen des abrechenbaren OP-Spektrums geführt. Die Zuordnung der einzelnen Eingriffe zu den Raumklassen ist stark von der Auffassung der regionalen Gesundheitsbehörden geprägt, sodass die Zuordnung in der Publikation im Bundesgesundheitsblatt [2] allenfalls als Orientierung und Diskussionsgrundlage aufzufassen ist.

31.2.1.5 :

„Die Gebührenordnungspositionen des Abschnittes 31.2 umfassen sämtliche durch den Operateur erbrachten ärztlichen Leistungen, Untersuchungen am Operationstag, Verbände, ärztliche Abschlussuntersuchung(en), einen post-operativen Arzt-Patienten-Kontakt ab dem ersten Tag nach der Operation, Dokumentation(en) und Beratungen einschließlich des Abschlussberichtes an den weiterbehandelnden Vertragsarzt und Hausarzt. Gibt der Versicherte keinen Hausarzt an, bzw. ist eine Genehmigung zur Information des Hausarztes gemäß § 73 Abs. 1b SGB V nicht erteilt, sind die Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.2 auch ohne schriftliche Mitteilung an den Hausarzt berechnungsfähig.“

Hier wird der hohe Grad der Pauschalierung deutlich. Die Gebühren des Kapitels 31.2 umfassen nämlich sämtliche durch den Operateur erbrachten ärztlichen Leistungen, einschließlich aller Untersuchungen am Operationstag und aller Verbände. Pauschal abgegolten ist außerdem ein postoperativer Arzt-Patienten-Kontakt ab dem ersten Tag nach der Operation. Dieser Kontakt kann auch indirekt, also telefonisch erfolgen. Dies bedeutet also, dass wenn die Weiterbehandlung durch den Operateur erfolgt, der Komplex für die postoperative Betreuung nach Kapitel 31.4 erst beim zweiten Arzt-Patienten-Kontakt angesetzt werden kann. Weiterhin können für die ersten drei Tage nach der Operation nur wenige, unter 31.2.8 enumerativ aufgeführte Leistungen, vom Operateur abgerechnet werden. Nicht abrechenbar sind z. B. die Unzeitgebühren. Es wird also davon ausgegangen, dass die postoperative Nachsorge, auch abends und nachts, durch die Pauschale abgedeckt wird. Dies deckt sich auch mit der Verpflichtung aus § 4 der dreiseitigen Verträge [3], die der „Einrichtung für Ambulantes Operieren“, also dem Operateur oder dem behandelnden Arzt eine ständige Erreichbarkeit auferlegt.

31.2.1.7 :

„Die Zuordnung der Eingriffe entsprechend des Operationenschlüssels nach § 295 SGB V (OPS) zu den Gebührenordnungspositionen ist im Anhang 2 aufgelistet. Es gelten zusätzlich die in der Präambel zu Anhang 2 sowie zu den einzelnen Unterabschnitten aufgelisteten Rahmenbedingungen. Die Zuordnung der definierten Gebührenordnungspositionen zu Unterabschnitten des Abschnitts 31.2 ist nicht gebietsspezifisch. Die Untergruppen sind nach Organsystem, OP-Ausstattung und Art des Eingriffs unterteilt. Sie können von allen Arztgruppen erbracht werden, die nach Weiterbildungsordnung und Zulassung dazu berechtigt sind. Nur die im Anhang 2 aufgeführten Ambulanten Operationen sind berechnungsfähig. Eingriffe der Kleinchirurgie (Gebührenordnungspositionen 02300 bis 02302 , 06350 bis 06352, 09351, 09360 bis 09362, 10340 bis 10342, 15321 bis 15324, 26350 bis 26352) in Narkose bei Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern und Kindern werden gebietsspezifisch in der Kategorie 1 berechnet.“

Hier ist nochmals der Bezug auf die OPS-Codes im Anhang 2 des EBM schriftlich fixiert. Auch der Anhang 2 hat eine umfangreiche und häufig übersehene Präambel, die weiter unten erläutert wird. Hier findet sich auch die Ausnahmeregelung, dass Eingriffe der Kleinchirurgie (GO.-Nrn. 02300 bis 02302 in Narkose bei Neugeborenen, Säuglingen, Kleinkindern und Kindern gebietsspezifisch in der Kategorie 1 berechnet werden können.

31.3 Postoperative Überwachungskomplexe

31.3.1 :

Auch hier sind wichtige Regelungen in der Präambel aufgeführt.

„Haben an der Erbringung der Leistungen des Abschnitts 31.2, die nachfolgend eine Überwachung entsprechend Gebührenordnungspositionen des Abschnitts 31.3 erforderlich machen oder an der Überwachung selbst mehrere Ärzte mitgewirkt, hat der die Gebührenordnungspositionen dieses Abschnittes abrechnende Arzt in einer der Quartalsabrechnung beizufügenden und von ihm unterzeichneten Erklärung zu bestätigen, dass er mit den anderen Ärzten eine Vereinbarung darüber getroffen hat, wonach nur er allein in den jeweiligen Fällen diese Gebührenordnungspositionen berechnet.“

Durch diese Festlegung soll eine Doppelabrechnung verhindert werden. Entsprechende Plausibilitätsprüfungen sind bekannt geworden. Eine schriftliche Vereinbarung wird aus Gründen der Transparenz empfohlen. Diese Aufteilung des entsprechenden Honorars sollte den Leistungsanteilen gerecht werden. Die Vereinbarung muss der Honorarabrechnung nicht beigefügt werden, sollte aber für Prüfungszwecke zur Verfügung stehen.

Abschlussuntersuchung muss dokumentiert werden

Der postoperative Überwachungskomplex umfasst obligat die Kontrolle von Atmung, Kreislauf und Vigilanz sowie eine Abschlussuntersuchung. Diese Leistungen und insbesondere die abschließende Untersuchung sollten unbedingt in der Patientenakte schriftlich dokumentiert werden, da es sich um obligate Leistungsbestandteile handelt und dies darüber hinaus in der Präambel zum Kapitel 31 unter 31.2.1.6 ausdrücklich gefordert wird:

„Der Operateur und/oder der ggf. beteiligte Anästhesist haben durch eine zu dokumentierende Abschlussuntersuchung sicherzustellen, dass der Patient ohne erkennbare Gefahr in die ambulante Weiterbehandlung und Betreuung entlassen werden kann. Die Weiterbehandlung erfolgt in Absprache zwischen dem Operateur, dem ggf. beteiligten Anästhesisten und dem weiterbetreuenden Arzt.“

Es sind Plausibilitätsverfahren mit kompletten Streichungen der Leistungen aus diesem Grund bekannt geworden. Darüber hinaus ist die Dokumentation der Vigilanz und Transportfähigkeit zum Schutz vor rechtlichen Ansprüchen unbedingt empfehlenswert.

31.4 Postoperative Behandlungskomplexe

Auch hier darf nur entweder der postoperative Behandlungskomplex durch den Operateur angesetzt oder eine Überweisung zur Nachbehandlung durch einen anderen Arzt ausgestellt werden. Doppelabrechnungen sind nicht zulässig. Auch zu diesem Problem sind uns Plausibilitätsverfahren und Honorarkürzungen bekannt geworden.

Abrechnung histographisch kontrollierter dermato-chirurgischer Leistungen

Hier kommt es leider recht häufig zu einer fehlerhaften Interpretation der OPS-Systematik, die schon verschiedentlich zu Honorar-Rückforderungen geführt hat. Natürlich unterscheidet sich der Begriff „histographisch“ grundlegend vom Begriff „histologisch“. „Histographische Aufarbeitung“ steht für eine spezielle Einbettung und Aufarbeitung von Operationspräparaten, die sicherstellen sollen, dass bei malignen Befunden eine vollständige Entfernung und ein ausreichender Sicherheitsabstand gewährleistet sind [4]. Hieraus ergibt sich schon, dass diese Leistung ausschließlich bei malignen Tumoren abgerechnet werden kann. Dies ist auch in der Präambel zu Anhang 2 des EBM unter 2.1.10 eindeutig festgeschrieben.

„Die Berechnung einer histographischen Leistung kann nur bei malignen Befunden erfolgen, der histologische Befund ist vorzuhalten. Der temporäre Wundverschluss und die ggf. erforderliche Nachresektion(en) sind nicht gesondert abrechenbar.“

Diese Bedingung wird allerdings leider häufig übersehen. Was also tun, wenn primär der Verdacht auf einen malignen Tumor besteht, was sich aber im Befund des Pathologen nicht bestätigt? Dann muss statt der OPS 5-895.3NN die OPS 5-895.2NN angesetzt und der Eingriff statt mit der GO.-Nr. 31102 mit der GO.-Nr. 31101 abgerechnet werden. Darüber hinaus ist zu beachten, dass in der GO.-Nr. 31102 unter der OPS 5-895.3NN sämtliche ggf. notwendigen Nachexzisionen bereits abgegolten sind und nicht zusätzlich angesetzt werden können. Dies bedeutet also auch, dass die Honorarabrechnung bei einer Operation kurz vor dem Quartalswechsel erst abgeschlossen werden kann, wenn der Befund des Pathologen vorliegt.

Simultaneingriffe

Die Abrechnung von Simultan-Operationen führt immer wieder zu Nachfragen und auch zu Kürzungen im Rahmen von Plausibiliätsverfahren. Im Grunde sind die Bedingungen im Abschnitt 2.1.2 und 2.1.3 des Anhangs 2 eindeutig dargestellt:

„Erfolgen mehrere operative Prozeduren unter einer Diagnose und/oder über einen gemeinsamen operativen Zugangsweg, so kann nur der am höchsten bewertete Eingriff berechnet werden.

Abweichend von 2. kann bei Simultaneingriffen (zusätzliche, vom Haupteingriff unterschiedliche Diagnose und gesonderter operativer Zugangsweg) die durch das OP- und/oder das Narkoseprotokoll nachgewiesene Überschreitung der Schnitt-Naht-Zeit des Haupteingriffes durch die zusätzliche Berechnung der entsprechenden Zuschlagspositionen berechnet werden. Die berechnungsfähige Höchstzeit bei Simultaneingriffen entspricht der Summe der Zeiten der Einzeleingriffe.“

Obligate Bedingungen sind also:

die vom Haupteingriff unterschiedliche Diagnose und

der gesonderte operative Zugangsweg

Grundsätzlich sollte man sich zur Selbstprüfung fragen, ob die als Simultaneingriff abzurechnende Operation für sich allein gestellt ebenfalls eine sinnvolle OP-Indikation darstellen würde.

Sehr häufig wird auch übersehen, dass der zweite simultan durchgeführte Eingriff nur angesetzt werden kann, wenn die (zusätzliche) Schnitt-Naht-Zeit mindestens 15 Minuten beträgt. Dies trifft häufig nicht zu und begrenzt dadurch die Abrechnungsmöglichkeit. So dürften z. B. die häufigen Kombinationen Karpaltunnelspaltung und Ringbandspaltung sowie arthroskopische Operation am Außen- und Innenmeniskus – abgesehen von den sonstigen Bedingungen – kaum je die Mindestzeit von 15 Minuten für den zusätzlichen Eingriff erreichen.

In manchen kassenärztlichen Vereinigungen wurden systematische Überprüfungen der Abrechnung von Simultaneingriffen durchgeführt. Hier kann nur eine sorgfältige Dokumentation der Schnitt-Naht-Zeiten (parallel und identisch im Narkoseprotokoll der Anästhesisten) und die Einhaltung der o. g. obligaten Bedingungen Streichungen vermeiden.

Begleitleistungen der Ambulanten Operationen

Eine Ambulante Operation erfordert nicht nur die Leistungen am OP-Tag und in der Folgezeit, sondern in der Regel auch zusätzliche perioperative Leistungen. Hier besteht leider eine Ungleichbehandlung zwischen Leistungen nach § 115b im Krankenhaus und in der Praxis. Das Krankenhaus rechnet nämlich den gesamten Fall gesondert und damit sozusagen extrabudgetär mit der Krankenkasse ab, während für die niedergelassenen Vertragsärzte wesentliche Honoraranteile unter das Budget (in das Regelleistungsvolumen oder QZV) fallen. Dies betrifft z. B. die Grundpauschale und evtl. notwendige Röntgenaufnahmen. Einige kassenärztliche Vereinigungen haben daher mit den Kassenverbänden vertraglich vereinbart, den gesamten Operationsfall nach entsprechender Kennzeichnung (88115) extrabudgetär zu vergüten. In anderen KVen gibt es einen pauschalen Aufschlag auf den Punktwert des Ambulanten Operierens zum Ausgleich. Dieses Problem ist regional unterschiedlich und insgesamt noch nicht befriedigend geregelt. Eine Verbesserung und bundesweit einheitliche Regelung steht auf der Agenda der KBV [5].

Abrechnung der Phimosen-Operationen

Aktuell unterliegen operative Eingriffe bei Phimosen in mehreren KVen gesonderten Plausibilitätsprüfungen. Dabei wird zum einen die Einordnung in die Kategorie 2 (OPS 5-640.3) beanstandet und stattdessen die Abrechnung in der Kategorie 1 nach OPS 5-640.2 für sachgerecht gehalten. Zum anderen sind aber auch komplette Streichungen und Honorar-Rückforderungen in existenzbedrohender Höhe bekannt geworden, weil die in der Präambel zu Kapitel 31.2.2 geforderten Bedingungen nicht eingehalten wurden. Dort ist eindeutig festgelegt, dass bei diesen Operationen entweder eine histologische Aufarbeitung des Exzidates oder eine Fotodokumentation vor und nach dem Eingriff zu erfolgen hat.

„Die Berechnung dermato-chirurgischer Eingriffe setzt die obligate histologische Untersuchung entnommenen Materials und/oder eine Bilddokumentation des prä- und postoperativen Befundes voraus.“

Unabhängig von der Diskussion über die Sinnhaftigkeit dieser Regelung ist rein formal der Leistungsinhalt nicht erfüllt, wenn bei der Zirkumzision nicht entweder eine (sinnlose und unwirtschaftliche) histologische Aufarbeitung oder aber eine (absurde und ethisch fragwürdige) Fotodokumentation des Präputiums erfolgt. Zurzeit kann nur empfohlen werden, die histologische Aufarbeitung unbedingt zu veranlassen. Im Rahmen der EBM Reform sollten diese operativen Leistungen aus dem Kapitel 31.2.2 (Oberflächenchirurgie) in das urologische Kapitel 31.2.11 verlagert und damit von der unlogischen und kompromittierenden Dokumentationsverpflichtung befreit werden.

Steigende strukturelle Kosten, insbesondere für Hygiene und Organisation

Ohne Zweifel sind die Kosten für die Gewährleistungen einwandfreier und qualitativ hochwertiger Operationsräume in den letzten Jahren erheblich angestiegen. Dies hängt unter anderem mit der Konkretisierung und Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes und den länderspezifischen Hygiene-Richtlinien zusammen. Insbesondere kostenintensives zusätzliches Fachpersonal und stetig steigende Anforderungen an die Kontrolle und Validierung der Instrumentenaufbereitung schlagen hier zu Buche. Einzelheiten dazu finden sich im Beitrag von Neumann in diesem Heft. Ein finanzieller Ausgleich dieser Kosten durch einen Honorar-Aufschlag ist sofort, spätestens aber mit der nächsten EBM Reform unabdingbar.

Auch die grundsätzliche Kalkulation der Kosten gehört auf den Prüfstand. Eine bundesweite Umfrage zur Produktivität hat ergeben, dass der Ansatz für Leistungen, die nicht direkt der Patientenversorgung dienen, mit 12,5 % viel zu niedrig und damit nicht mehr zeitgemäß ist. Darüber hinaus ist der zeitliche Aufwand zwischen den Operationen, d. h. für die Aufbereitung der Räume und Instrumente nicht gebührend in der Kalkulation berücksichtigt. Darüber hinaus wird insbesondere von den arthroskopisch und endoskopisch tätigen Kollegen eine Neuordnung der Sachkostenabrechnung gefordert.

Die KBV hat sich die weitere Förderung der Ambulanten Operationen und eine bundesweit einheitliche Regelung für die Begleitleistungen [5] als Ziele für die Honorarverhandlungen für 2016 gesteckt.

Tabelle 2: Häufigkeit der von niedergelassenen Chirurgen abgerechneten ambulanten und
belegärztlichen Operationen aus den Kapiteln 31.2 und 36.2 im 4. Quartal 2012 (Quelle: KBV)

Rang
OPS-Code
Kurztext
Anzahl

1

5-895.ff

Exzisionen mit primärem Wundverschluss

64.210

2

5-056.40

Karpaltunnelspaltung

21.263

3

5-385.70

Crossektomie und Stripping V. saph. magna

14.429

4

5-849.0

Ganglion Entfernung an der Hand

9.651

5

5-385.96

Exhairese Seitenastvarize

9.581

6

5-812.5

ASK und Meniskusteilresektion

8.853

7

5-640.3

Frenulum- und Präputialplastik

5.627

8

5-493.29

Hämorrhoiden Op., z. B. Milligan-Morgan

4.970

9

5-492.00

Exzision v. erkranktem Gewebe am Analkanal

4.630

10

5-780.6w

Inzision am Knochen: Phalangen Fuß

4.028

11

5-840.81

Tenolyse Beugesehnen Langfinger

3.824

12

5-849.5

Radikale Exzision Hand, erw. Präparation (TU)

3.320

Häufigkeit der von Chirurgen abgerechneten Operationen

Die Tabelle 2 zeigt die Frequenz der von niedergelassenen Chirurgen im Quartal 4/2012 abgerechneten ambulanten und belegärztlichen Operationen (Kapitel 31.2 und 36.2). Diese Statistik belegt, dass die dermato-chirurgischen Leistungen am häufigsten erbracht werden. Fasst man die Positionen 2, 4, 11 und 12 zusammen, kommt die Handchirurgie auf Rang 2, gefolgt von den venösen Gefäßoperationen an Position 3 und 5. Etwa gleich in der Häufigkeit folgen dann die proktologischen Operationen und die Kniegelenksarthroskopien.

Fazit

Ungeachtet einzelner Probleme und Unklarheiten und trotz einer weitgehenden Pauschalierung hat sich die Abrechnung der Ambulanten Operationen nach OPS-Codes bewährt. Die Kritik und die Änderungswünsche für die anstehende EBM Reform richten sich daher auf Details und nicht gegen die zu Grunde liegende Systematik. Der BDC wird die in diesem Artikel beschriebenen Änderungswünsche gegenüber der KBV formulieren und in die EBM Reform einbringen. Im Vordergrund stehen die grundsätzliche Anhebung der Honorare, die Berücksichtigung der Hygienekosten und der Naht-Schnitt-Zeiten sowie die einheitliche extrabudgetäre Vergütung der Begleitleistungen und eine sachgerechte Erstattung von Sachkosten. Wesentliche und wichtige Abrechnungsregeln finden sich in den Präambeln der Kapitel 31 und 36 sowie des Anhangs 2 des EBM.

Literatur

[1] Mitteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut: Anforderungen der Hygiene bei Operationen und anderen invasiven Eingriffen. Bundesgesundheitsbl Gesundheitsforsch Gesundheitsschutz 43 (2000) 644-648.

[2] Anhang zur Anlage zu Ziffern 5.1 und 4.3.3 Anforderungen der Hygiene beim ambulanten Operieren in Krankenhaus und Praxis. Bundesgesundheitsbl 40 (1997): 361-365.

[3] Vertrag nach § 115b Abs. 1 SGB V – Ambulantes Operieren und sonstige stationsersetzende Eingriffe im Krankenhaus – (AOP-Vertrag). Dtsch Arztebl 2012; 109(29-30): A-1513 / B-1301 / C-1281.

[4] Breuninger, H, Konz, B, Burg, G: Mikroskopisch kontrollierte Chirurgie bei malignen Hauttumoren. Dtsch Arztebl 2007; 104(7):A 427–32.

[5] KBV Praxis-Nachrichten: „Ambulantes Operieren nicht finanziell beschränken“ http://www.kbv.de/html/newsletter/1150_15294.php (abgefragt 27.7.2015).

Kalbe P. Abrechnung ambulanter und belegärztlicher Operationen. Passion Chirurgie. 2015 Oktober, 5(10): Artikel 02_01.

Autor des Artikels

Profilbild von Kalbe

Dr. med. Peter Kalbe

Vizepräsident des BDCGelenkzentrum SchaumburgStükenstraße 331737Rinteln kontaktieren

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